LNG: Hafenchef bezweifelt Zukunft von Flüssigerdgas-Terminals

Der Bau von LNG-Terminals in Deutschland soll jetzt ganz schnell gehen. Der Zeebrügger Hafenchef sieht keine Zukunft für die Technik.

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(Bild: Wojciech Wrzesien/Shutterstock.com)

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Die fusionierten Häfen Zeebrügge und Antwerpen (Brügge-Antwerpen) spielen eine zentrale Rolle bei der Einfuhr von Flüssigerdgas in die EU – und nach Deutschland. Um die Abhängigkeit von russischem Erdgas, das durch Pipelines gepumpt wird, zu verringern, sollen die Flüssigerdgas-Terminals jetzt auch in Deutschland rasch entstehen. Der Vorstandsvorsitzende der belgischen Häfen, Jacques Vandemeiren, ist skeptisch, ob sich Investitionen in LNG-Anlagen lohnen – auch in Deutschland.

In Deutschland soll es jetzt ganz schnell gehen, nach dem ersten Rammschlag für das Flüssigerdgas-Terminal in Wilhelmshaven unter der Aufsicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), soll in Brunsbüttel ebenfalls in Rekordzeit ein weiteres LNG-Terminal entstehen. Dass es sich dabei allerdings um sinnvolle Investitionen handelt, bezweifelt Vandermeiren, der Hafenchef des größten belgischen Hafens Brügge-Antwerpen, gegenüber der FAZ: "Warum soll ich neue LNG-Terminals bauen, die in einer Dekade oder zweien obsolet sind?"

Die Anlage in Vandermeirens Hafen laufe seit Wochen an der Kapazitätsgrenze und mit 15 Prozent Flüssigerdgas-Anteil ist er ein wichtiger Lieferant für Deutschland. Auch wenn die Abhängigkeit Russlands vermindert werden müsse und Platz für eine weitere Anlage vorhanden sei, rechne sich die Investition bisher nicht. Entgegen der EU-Kommission teilt Vandermeiren deren Meinung nicht, dass eine spätere Nutzung für die Einfuhr von grünem Wasserstoff einfach so möglich sei. Technisch sei das ohne zusätzliche Investitionen demnach nicht zu machen.

Vandermeiren konzentriere sich auf den Ausbau für Einfuhr von grünem Wasserstoff. Allein könne die EU den Bedarf an grünem Wasserstoff in der erforderlichen Menge nicht herstellen. "Am Ende wird es auf 50 Prozent Eigenproduktion und 50 Prozent Einfuhr hinauslaufen", sagt Vandermeiren gegenüber der FAZ. Sollte die benötigte Menge an grünem Wasserstoff für Europa in Zukunft nicht verfügbar sein, bestehe die Gefahr, dass die Chemieindustrie die Produktion in den Nahen Osten, nach China oder die USA verlege.

Um den grünen Wasserstoff, der ein wichtiger Baustein für die Energiewende ist, aus etwa Nordafrika, Chile oder Namibia zu importieren, benötige man auch die entsprechenden Schiffe und dort drohe der nächste Engpass, ebenso bei dem Ausbau der erforderlichen Hafeninfrastruktur in Europa, so Vandermeiren.

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In Deutschland konzentriert man sich derweil weiter auf den Bau von LNG-Anlagen in Rekordzeiten – in Brunsbüttel sollen sogar "Musksche Methoden" angewendet werden. Bernd Buchholz (FDP), Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins, wollte einem weiteren Bericht der FAZ zufolge das Terminal von Anfang an, so steht es auch im Koalitionsvertrag und Kollege Daniel Günther (CDU) habe sich bereits 2017 die LNG-Terminals in Rotterdam angeschaut.

Der Bau wäre bereits ohne den Ukraine-Krieg richtig gewesen, schließlich hätten die Amerikaner schon lange Druck auf Berlin ausgeübt, LNG-Terminals zu bauen, so Günther. Tesla hat es in Grünheide vorgemacht – bauen gehe auch ohne Genehmigungen –, so Buchholz laut der FAZ. "Wir üben jetzt einmal die Planungsbeschleunigung in Brunsbüttel", erläutert Buchholz weiter. Man könne bereits nach der Hälfte der Zeit fertig und 2024 bereit sein, hält man es wie Elon Musk in Grünheide. Mache man alles wie immer – vermutlich soll das bedeuten, dass man sich an Gesetze und Vorgaben hält (Anm. d. Red.) – wäre man erst 2027 in Brunsbüttel fertig.

Auch in Brunsbüttel gibt es Bedenken seitens der Anwohner – nicht unbedingt wegen der Art, wie sich Buchholz den Bau der LNG-Anlage vorstellt. Das "Klimabündnis gegen LNG" sieht dem Bericht zufolge ein drohendes Unheil an dem ausgewählten Standort. Das Gefährdungspotenzial bei einem sogenannten Störfallbetrieb sei neben dem alten Atomkraftwerk, einer Sondermüllverbrennungsanlage und einer Düngemittelfabrik ja schon hoch, das Risiko müsse demnach nicht noch weiter erhöht werden.

LNG-Terminals und -Tanker (11 Bilder)

LNG-Terminal Ras Laffan in Katar. Bild: Matthew Smith / CC-BY-2.0

Bedenken gibt es auch bezüglich des Klimaschutzes. Kritisch werde deshalb die Investition in einer Technik für fossile Brennstoffe gesehen. "Gas ist Gas" und "dass jetzt plötzlich durch den Ukraine-Krieg alle klimapolitischen Grundsätze über Bord geworfen" werden, könne doch nicht sein, so ein Mitglied vom "Klimabündnis gegen LNG".

(bme)