Bald führerlose Regionalzüge in Niedersachsen

Ab 2024 sollen zwei vollautomatische Regionalzüge in Niedersachsen unterwegs sein und demonstrieren, dass autonome Züge Energie sparen und pünktlicher fahren.

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Zwei Regionalzüge der Lint41-Baureihe sollen ab 2024 in Niedersachsen autonom fahren.

(Bild: Alstom)

Lesezeit: 2 Min.

Erstmals weltweit sollen ab 2024 zwei autonom fahrende Züge im niedersächsischen Regionalverkehr unterwegs sein. Am Pilotprojekt ARTE (Automatisiert fahrende Regionalzüge in Niedersachsen) beteiligen sich Alstom als Schienenfahrzeughersteller, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum und die TU Berlin als Entwicklungspartner sowie die LNVG (Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen), die zwei Züge für Tests zur Verfügung stellt. Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr unterstützt das Projekt mit 5,5 Millionen Euro aus dem Sondervermögen „Digitalisierung“.

„Wir erwarten, dass wir durch automatisiertes Fahren die Effizienz des Bahnverkehrs steigern können“, sagte Müslüm Yakisan, bei Alstom Präsident der DACH-Region, anlässlich einer feierlichen Unterzeichnungszeremonie der beteiligten Projektpartner am heutigen Freitag in Hannover. So könne ein autonom gesteuerter Zug um bis zu 30 Prozent energieeffizienter fahren. Zudem könnten die Züge ihre Fahrpläne pünktlicher einhalten. Dadurch könnten Planer Züge enger takten und damit die Strecken besser auslasten.

Technisch sollen die neuen autonomen Züge an das europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS (European Train Control System) angepasst werden. Die am Projekt beteiligten Strecken sollen, wenn sie noch nicht komplett auf ETCS-Standard umgestellt sind, zumindest mit sogenannten Balisen ausgestattet werden. Das sind spezielle Ortsbaken im Eisenbahngleis, die eine hochgenaue Lokalisierung des Zuges unterstützen. Mit diesen Daten soll die eingesetzte Kameratechnik dann gezielt nach Eisenbahnsignalen Ausschau halten, diese sogar ohne künstliche Intelligenz identifizieren und deren Signale interpretieren.

Die Leiterin des Fachgebiets Bahnbetrieb und Infrastruktur an der TU Berlin wies darauf hin, dass die Projektpartner sowohl die Passagiere als auch die Bahnmitarbeiter von dem neuen System überzeugen müssen. Die Passagiere müssen Vertrauen in die neue Technik gewinnen und sollen von hoher Zuverlässigkeit profitieren. Die Mitarbeiter müssten dagegen in neue Arbeitsrollen hineinwachsen, denn es sei nicht das Ziel, Züge ohne jedes Personal fahren zu lassen.

Die Projektpartner gaben symbolisch mit ihren Unterschriften das Startsignal (von links): Carmen Schwabl (LNVG), Müslüm Yakisan (Alstom), Birgit Milius (TU Berlin), Bernd Althusmann (niedersächsischer Wirtschaftsminister) und Bärbel Jäger (DLR).

Autonom fahrende Bahnen sind schon heute in geschlossenen Metrosystemen unterwegs, beispielsweise im Nürnberger U-Bahn-Netz seit 2008. Bei ARTE handelt es sich dagegen um ein offenes System im regionalen Zugverkehr, der zum Beispiel auch Straßenübergänge einschließt, und damit neue Anforderungen an die Technik und deren Zertifizierung stellt. (agr)