Verbraucherschützer: "Google zieht Nutzer in sein Überwachungssystem"

Europäische Verbraucherschutzorganisationen gehen gegen Google vor. Der Konzern führe User bei der Anmeldung eines Kontos in die Irre, um mehr Daten zu sammeln.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 44 Kommentare lesen

(Bild: mentatdgt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es sind schwere Vorwürfe, die zehn europäische Verbraucherschutzgruppen gegen Google erheben: Der US-Konzern lenke Konsumenten ihnen zufolge "in unlauterer Weise in Richtung seines Überwachungssystems, wenn sie sich für ein Google-Konto anmelden". Entgegen eigener Behauptungen behindere der Internetriese Verbraucher, die ihre Privatsphäre besser schützen wollen. So gewähre er ihnen nicht von vornherein und standardmäßig entsprechende Einstellungen, wie es die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eigentlich erfordere.

Mit Design-Tricks, unklaren Formulierungen und irreführenden Auswahlmöglichkeiten verleite Google Nutzer bei der Anmeldung eines Kontos "zu einer umfangreicheren und invasiveren Datenverarbeitung", beklagen die Verbraucherschützer. Unter der Koordination des europäischen Dachverbands BEUC haben sie daher konkrete Schritte gegen Google eingeleitet.

Wie BEUC am Donnerstag mitteilte, haben die Organisationen dTest (Tschechien), Forbrukerrådet (Norwegen), EKPIZO und KEPKA (Griechenland), UFC-Que Choisir (Frankreich) sowie ZPS (Slowenien) DSGVO-Beschwerden bei ihren nationalen Datenschutzbehörden eingereicht. Der hiesige Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) habe Google eine Abmahnung geschickt als ersten Schritt vor einer möglichen Zivilklage.

Consumentenbond (Niederlande), Forbrugerrådet Tænk (Dänemark) und Sveriges Konsumenter (Schweden) wandten sich schriftlich an ihre nationalen Behörden, um sie auf die umstrittenen Praktiken aufmerksam zu machen. Laut BEUC wollen zudem US-Verbrauchergruppen aus dem Netzwerk Transatlantic Consumer Dialogue (TACD) heute ein vergleichbares Schreiben an die Handelsaufsicht, die Federal Trade Commission (FTC), schicken.

Ein Verbraucher könne freiwillig ein Google-Konto erstellen oder dazu verpflichtet werden, wenn er bestimmte Produkte und Dienste des Unternehmens nutzen wolle, führen die Beteiligten ihre Bedenken aus. Nötig sei dieser Schritt etwa in der Regel beim Kauf eines Smartphones, das das Android-System von Google verwendet. Dies betreffe 7 von 10 Mobiltelefonen weltweit (69 Prozent). Sonst ließen sich keine Apps aus dem Google Play Store herunterladen.

Die Anmeldung ist laut den Eingaben der kritische Punkt, an dem Google die Nutzer zu "Entscheidungen" bringt, wie ihr Account funktionieren soll. Mit nur einem Schritt ("Express-Personalisierung") ließen sich dabei alle Kontoeinstellungen aktivieren, die die Überwachungsaktivitäten des Konzerns unterstützten. Andererseits gebe es keine Möglichkeit, diese Funktionen mit einem Klick zu deaktivieren.

Wenn der Nutzer datenschutzfreundlichere Optionen haben wolle, sei eine "manuelle Personalisierung" nötig, monieren die Verbraucherschützer. Diese umfasse "fünf Schritte mit zehn Klicks und eine Auseinandersetzung mit Informationen, die unklar, unvollständig und irreführend sind". Unabhängig davon sei die Datenverarbeitung durch Google generell "intransparent und unfair", da das Unternehmen personenbezogene Informationen der Verbraucher für "vage und weitreichende Zwecke" verwende. Wichtige Angaben vor allem zur Werbepersonalisierung, YouTube sowie Web- und App-Aktivitäten würden nicht im Voraus präsentiert.

Als roter Faden verbindet das Google-Konto den Beschwerden zufolge alles miteinander, was Nutzer im Universum des Unternehmens tun. Der Anmeldeprozess habe daher massive Auswirkungen auf die Privatsphäre der Verbraucher. Darüber werde die Erfahrung der Nutzer für alle Dienste vereinheitlicht und personalisiert. Das Konto trage auch dazu bei, die Überwachung von Google als Grundlage für den digitalen Markt zu etablieren, da viele Unternehmen für ihren täglichen Betrieb auf solche Vorleistungen angewiesen seien.

Google habe "Dutzende Millionen Europäer auf die Überholspur zur Überwachung gesetzt", moniert die Vize-Direktorin von BEUC, Ursula Pachl. "Wenn Sie ein Google-Konto einrichten, werden Sie von vornherein und standardmäßig ausspioniert." Das Unternehmen sei auch "ein Wiederholungstäter". Verbraucherschützer legten schon vor über drei Jahren Beschwerden gegen das Standort-Tracking von Google ein. Die zuständige irische Datenschutzbehörde hat aber noch immer keine Entscheidung in dieser Sache getroffen.

In der Zwischenzeit habe sich das Vorgehen des Konzerns "im Wesentlichen nicht geändert", kritisiert Pachl. "Der Tech-Gigant führt nach wie vor eine kontinuierliche Verfolgung und ein Profiling von Verbrauchern durch. Seine Praktiken geben den Ton für den Rest des Marktes an." Die Behörden müssten daher rasch handeln. Es sei nicht hinnehmbar, dass einer der großen digitalen Akteure die DSGVO ignoriere. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte gegenüber dem Portal "Politico" indes, dass die Optionen bei der Erstellung eines Google-Kontos klar gekennzeichnet seien und auf den Richtlinien der Datenschutzbehörden basierten.

(bme)