Sideloading & mehr: Welche Änderungen Apple durch den Digital Markets Act drohen

Als mächtigen Betreiber mehrerer Plattformdienste betreffen die neuen EU-Regeln besonders Apple. Alternative App-Läden auf iPhones sind dabei nur der Anfang.

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(Bild: WDnet Creation/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Leo Becker

Für iOS, App Store & Co zeichnen sich gravierende Änderungen ab: Das Europäische Parlament hat am Dienstag das Gesetz über digitale Märkte (Digital Market Act – DMA) verabschiedet. Die darin festgeschriebenen Regeln für Gatekeeper sollen dafür sorgen, dass zentrale Plattformdienste auch für Drittanbieter fair und möglichst offen zugänglich sein. Als Betreiber mehrerer wichtiger und teils strikt abgeschotteter Plattformdienste stehen besonders bei Apple radikale Änderungen ins Haus.

Das Gesetz über digitale Märkte rüttelt am Milliardengeschäft App Store: Die kommenden Regeln sollen Apple zwingen, die Betriebssysteme iOS und iPadOS für App-Läden von Drittanbietern und einen freien App-Vertrieb zu öffnen. Zwar kann der Hersteller weiter bestimmte Vorgaben machen, um die Sicherheit der Plattform zu gewährleisten, die bislang existierende Begrenzung auf einen einzelnen, von Apple kontrollierten App Store ist demnach aber nicht länger zulässig.

Im App Store vertriebenen Apps darf Apple dem DMA zufolge zudem nicht mehr vorschreiben, die In-App-Kaufschnittstelle des Konzerns zu verwenden – Direktzahlungen müssen also möglich werden. Auf diese Änderung bereitet sich das Unternehmen bereits vor, das In-App-Bezahlmonopol ist in Südkorea schon gefallen. Apple pocht aber weiter darauf, eine Provision auf alle Verkäufe digitaler Inhalte in Apps zu erheben.

An vielen anderen Stellen auf Apples Plattformen greift das Gesetz über digitale Märkte ebenfalls ein: Dritt-Browser für iPhone und iPad müssen bislang Apples Browser-Engine WebKit nutzen, das soll künftig nicht zulässig sein. Dinge wie die Beschränkung von kontaktlosen iPhone-Zahlungen auf Apple Pay ist dem DMA nach nicht länger zulässig, auch Drittanbietern muss Zugang zur NFC-Schnittstelle eingeräumt werden.

Insgesamt sieht das Gesetz vor, dass Plattformbetreiber ihre eigenen Apps und Dienste nicht bevorzugen dürfen. Mit einer Löschfunktion für viele vorinstallierte Apps wappnet sich Apple bereits, iOS 16 ergänzt weitere Hersteller-Apps, die sich erstmals löschen lassen. Selbst für Smartwatches oder In-Ears anderer Hersteller müsste Apple seine Plattformen den Vorgaben zufolge weiter öffnen, um anderen Herstellern ähnliche Funktionen zu ermöglichen wie der hauseigenen Hardware.

Auch bei der Wahl von Standard-Diensten und Sprachassistenten muss Apple künftig wohl mehr Flexibilität zeigen, bislang können Nutzer im Betriebssystem nur die Standardeinstellung für Browser und E-Mail-Client wählen.

Für "nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste" – sprich Messaging-Dienste – fordert der DMA zudem eine Interoperabilität ein. Apple müsste eine Kommunikation mit iMessage auf Anfrage anderer Anbieter also zeitnah ermöglichen – Ende-zu-Ende-Verschlüsselung soll dabei gewahrt bleiben. Diese Interoperabilitätsvorgabe gilt natürlich auch für andere Messaging-Riesen, allen voran WhatsApp. iMessage würde damit allerdings erstmals plattformübergreifend nutzbar, statt auf Apple-Hardware beschränkt zu bleiben.

Auf Nachfrage von Mac & i verwies Apple auf eine Stellungnahme aus dem Frühjahr, in der der Konzern sich besorgt zeigte, dass die Vorgaben "unnötige Datenschutz- und Sicherheitslücken" schaffen. Apple wolle aber "mit den Verantwortlichen in ganz Europa weiter zusammenarbeiten, in der Hoffnung, diese Schwachstellen zu minimieren".

Das Gesetz über digitale Märkte muss nun noch vom Rat der Europäischen Union gebilligt werden und könnte schon im Herbst in Kraft treten. Mit der Designierung der Gatekeeper dürften weitere Monate vergehen, erst 2023 ist entsprechend mit ersten konkreten Schritten der EU zu rechnen. Die Kommission hat ein schnelles und striktes Vorgehen in Aussicht gestellt und will bei Missachtung der Regeln hohe Strafzahlungen verhängen.

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