Smarte Türklingel: Amazon gibt Ring-Aufnahmen ohne Einwilligung an US-Polizei

In den USA sind die Türklingeln der Amazon-Tochter Ring mit Kameras äußerst beliebt. Damit gemachte Aufnahmen gibt Amazon schon mal an die Polizei.

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(Bild: Amazon)

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Amazon hat allein in diesem Jahr in den USA in elf Fällen Aufzeichnungen von Überwachungskameras der hauseigenen Ring-Türklingeln an Strafverfolgungsbehörden gegeben, ohne Nutzer oder Nutzerinnen zu fragen beziehungsweise dazu verpflichtet worden zu sein. In den Fällen habe man jeweils "nach bestem Wissen und Gewissen festgestellt", dass für eine Person eine unmittelbare Lebensgefahr bestanden hat oder zumindest schwere Verletzungen drohten. Das hat der US-Konzern dem US-Abgeordneten Ed Markey geschrieben, der die Technik schon länger kritisiert. Aus dem Brief geht auch hervor, dass inzwischen fast 2200 Strafverfolgungsbehörden in den USA ein Angebot von Amazon nutzen, in dem sie direkt bei Besitzern und Besitzerinnen von Ring-Kameras Aufnahmen erbitten können. Das sei mehr als fünfmal so viel, wie noch Ende 2019.

Markey meint, dass die Antwort von Amazon unterstreiche, dass es zunehmend schwieriger werde, sich in den USA in der Öffentlichkeit zu bewegen, zu versammeln oder zu diskutieren, ohne dass man dabei überwacht und aufgezeichnet wird: "Wir können dies in unserem Land nicht als unvermeidlich akzeptieren." Außerdem sei es ein großes Problem, dass Strafverfolgungsbehörden zunehmend von privater Überwachungstechnik abhängig würden. Das werde zu einer Krise für die Rechenschaftspflicht. Der Demokrat hat ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der es US-Strafverfolgungsbehörden untersagen soll, Biometrie und Gesichtserkennung zu benutzen.

Amazons Ring-Kameras sind in den USA äußerst populär, stehen aber auch bereits seit Jahren in der Kritik. Bei den Geräten handelt es sich um eine vernetzte Türklingel mit Überwachungskamera, Bewegungsmelder, Mikrofon und Lautsprecher. Ist man etwa nicht zu Hause, kann man darüber mit Personen sprechen, die geklingelt haben. Über die damit vertriebene Neighbors-App können mit den Kameras aufgezeichnete Überwachungsvideos derart veröffentlicht werden, dass kooperierende Polizeibehörden oder in der Nähe wohnende Bürger die Aufnahmen sehen können. An diesem Neighbors Public Safety Service nehmen laut Amazon aktuell genau 2161 Strafverfolgungsbehörden und 455 Feuerwehren teil. Zwischenzeitlich bediente sich Amazon beim Vertrieb sogar Polizeibehörden und wollte das geheim halten.

Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die die Aufnahmen für Ring und Amazon unerreichbar macht, ist zwar verfügbar, das Unternehmen will sie aber aus Gründen der Bedienbarkeit nicht standardmäßig aktivieren, heißt es in dem Brief noch. Auf eine Frage, ob Ring versprechen könne, nie Technik zur Stimmenerkennung in die Geräte einzubauen, antwortete das Unternehmen nur, dass man über solch eine Technik nicht verfüge.

(mho)