Glücksspielbehörde verpflichtet Provider: Whitelist und Sperranforderungen

Internetprovider sollen gegen illegales Glücksspiel vorgehen. Eine neue Behörde droht ihnen vorsorglich mit massiven Bußgeldern, falls sie nicht mitziehen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 56 Kommentare lesen

(Bild: Netfalls Remy Musser/ Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Internet-Zugangsanbieter sollen illegale Glücksspielangebote sperren. Das fordert die Anfang des Monats eingesetzte Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder in einem aktuellen Schreiben. Nicht "kooperationswilligen" ISP und Registraren droht man vorsorglich mit massiven Buß- und Verwaltungsverfahrenskosten.

Seit einem Jahr gilt der Glücksspielstaatsvertrag. Seit wenigen Tagen hat die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) die Aufsicht über die Anbieter übernommen, die unter einigen Zulassungsvoraussetzungen auch Online-Glücksspiele anbieten können. In einem Schreiben, das heise online vorliegt, stellte sich die neue Behörde bei den Internet Service Providern (ISP) im Land vor und kündigte an, dass sie schon bald mit Sperraufforderungen gegen illegale oder nicht zulassungsfähige Glücksspielanbieter zu rechnen haben. Der Ton des Schreibens dürfte die Provider aufhorchen lassen.

Zugangsvermittler und Registrare, so heißt es im Einstandsschreiben der GGL, würden im Sinne der Paragrafen 8 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) zur Sperrung herangezogen, wenn sich direkte Maßnahmen gegen einen Veranstalter als "nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen" würden.

Der Kampf gegen die illegalen Anbieter von Glücksspiel sei eine "gemeinsame Aufgabe der Aufsichtsbehörden und der verantwortlichen Diensteanbieter, also der Internet-Service-Provider", erklärt die GGL den angeschriebenen ISP. Man biete daher an, "dass anstelle des formellen Verwaltungsverfahrens eine direkte Kommunikation zwischen der GGL und Ihnen als Internet-Service-Provider hergestellt wird, die zum Ergebnis hat, dass eine Sperre von Ihnen eingerichtet wird, Verwaltungskosten aber nicht anfallen." Wenn die Sperre umgehend umgesetzt werde und ein Nachweis dafür übermittelt würde – "per Screenshot oder, falls technisch umsetzbar, per Protokoll" – trägt der Provider demnach nur seine Aufwandskosten.

Wer nicht auf Zuruf sperren will, für den wird es teuer, warnt die Behörde zugleich. Dann werde man im Rahmen von Anhörungen in "immenser Häufigkeit" unerlaubte Glücksspielangebote bekannt geben und die Sperrungen kostenpflichtig verfügen. 500 bis 500.000 Euro soll es kosten, wenn die Behörde – zusammen mit anderen Stellen – tätig wird.

Für unbotmäßige Provider droht die Behörde zugleich mit Zwangsgeldern bis zu einer halben Million. Eigentlich zielt der Katalog der Ordnungswidrigkeiten (Paragraf 28) im Staatsvertrag auf illegale oder gegen Auflagen verstoßende Glücksspielanbieter und nicht auf die Provider. Das Telemediengesetz, auf das sich die Behörde bei der Inanspruchnahme der Provider explizit beruft, sieht sehr viel bescheidenere Bußgelder vor.

Beim deutschen Verband der Internetwirtschaft eco beurteilt man den Bußgeldrahmen als Drohkulisse, vor allem gegenüber kleinen Providern. Der Verband hatte sich bis zuletzt für das Prinzip "Löschen statt Sperren" eingesetzt.

Die Eignung der von der GGL favorisierten DNS-Sperren ist ohnehin fraglich. Denn durch VPNs, durch die Nutzung von großen öffentlichen Resolvern oder durch DNS-Verschlüsselung dürften Sperrungen regelmäßig ins Leere laufen. Die neue Behörde strebe nun wohl zunächst einen kooperativen Ansatz an, um den förmlicheren Weg eines Verwaltungsverfahrens zu umgehen, kommentierte eine eco-Sprecherin in einer ersten Reaktion.

Weniger zurückhaltend ist der Ehrenpräsident und langjährige Vorstandsvorsitzende des eco, Michael Rotert. Sperrverfügungen ohne Richtervorbehalt öffnen behördlicher Willkür Tür und Tor, kritisiert Rotert. Angesichts eines Geflechts von Auflagen und Ausnahme würden letztlich illegale Anbieter nur mehr Zulauf erhalten und Bürger würden in die Illegalität getrieben. Ganz abgesehen von erheblichen Datenschutzproblemen des neuen Regimes, sieht der Netzpionier Staus auf der deutschen Datenautobahn bevor und meint sarkastisch: "Wenn das bestehende Netz nur noch mit dem Verkehr für Sperren beschäftigt ist, wird der Staat nicht um eine Terabit-Strategie bei der Vernetzung umhinkommen."

Eine Stellungnahme der GGL lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

(tiw)