Bahn an Kartellamt: Wert von Mobilitätsdaten für Dritte wird überschätzt

Die DB argumentiert im Streit mit dem Bundeskartellamt über ihren restriktiven Umgang mit Prognosedaten, dass deren Weitergabe an Portale teils illegal wäre.

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(Bild: Markus Mainka/Shutterstock.com)

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Die Deutsche Bahn (DB) weist den Rüffel des Bundeskartellamts zurück, wonach der Berliner Konzern ein Datenmonopol aufgebaut hat und mit "bestimmten Verhaltensweisen und Vertragsklauseln" gegenüber Mobilitätsplattformen seine Marktmacht missbraucht. Der Haltung der Bonner Behörde "in vollem Umfang zu entsprechen" und beispielsweise Prognosedaten mit konkurrierenden Portalen zu teilen oder Rabatte weiterzugeben, "wäre rechtswidrig", zitiert das Online-Magazin "Politico" aus der Klageerwiderung des Transportunternehmens.

Die Kartellwächter mahnten die DB im April ab. Sie werfen dem Konzern vor, anderen Betreibern digitaler Mobilitätsdienste keine Voraussagedaten des Schienenpersonenverkehrs zur Verfügung zu stellen. Dabei handle es sich etwa um Informationen über Verspätungen, Fahrtverlauf, Zugausfälle oder Gleiswechsel, die essenziell für die Entwicklung solcher innovativer Services seien.

Betroffene Plattformen wie die Metasuchmaschinen Omio, Skyscanner oder Swoodoo, Vergleichsdienste für Busse und Bahnen wie Trainline, Anbieter regionaler und netzübergreifender Reiseplan-Apps wie Trafi und Reach Now oder Konkurrenten wie Flix böten hauptsächlich Online-Lösungen für eine integrierte Routenplanung an, erläuterte das Kartellamt. Für diese spiele "die Schiene eine wichtige Rolle". Sie vermittelten etwa Kombinationen von Bahntickets mit Flügen, Carsharing, Fernbus oder Mietfahrrädern.

Die Deutsche Bahn hält dem Bericht zufolge dagegen, die Bedeutung der genannten Daten werde überschätzt und es gebe keine Beweise dafür, dass konkurrierende Plattformen sie wirklich benötigten. Sie behauptet, dass ihre Weigerung, den konkurrierenden Diensten zu erlauben, Rabatte und Sonderangebote an die eigenen Kunden weiterzugeben, diesen nicht schade. Preise seien "kein relevanter Parameter für den Wettbewerb auf dem angeblichen Markt für integrierte Mobilitätsdienste".

"Im Gegensatz zu anderen Bahnunternehmen in Europa gibt die Deutsche Bahn keine Echtzeitdaten an Wettbewerber und Partner weiter", beschwerte sich ein Trainline-Sprecher indes gegenüber "Politico". Indem die DB den Zugang zu diesen Informationen blockiere, verhindere sie, dass die Verbraucher die bestmögliche Reiseerfahrung erleben könnten, "unabhängig davon, wo sie ihr Ticket buchen". Angaben dazu, ob Züge pünktlich sind oder Verspätung haben, seien für deutsche Bahnreisende "unverzichtbar".

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Trainline und Omio rügten die Bahn laut der Financial Times schon 2020 für ihr unkooperatives Verhalten. Sie registrierten damals, dass der Konzern just während des Höhepunkts der Corona-Pandemie wichtige Fahrgastdaten zurückhielt.

Die DB erläuterte gegenüber dem Kartellamt ferner, schreibt "Politico", dass es für sie schlicht effizienter sei, Mobilitätsdaten nur für ihre eigene Online-Buchungsplattform zu speichern. Aus diesem Grund setze man auch hauptsächlich auf den eigenen Vertrieb. Der Konzern verteidige zudem seinen Ansatz, es Vertragspartnern auf Suchmaschinen sowie in App-Stores und sozialen Netzwerken zu untersagen, mit seiner vollen Sortimentsbreite inklusive "DB-spezifischer Begriffe" zu werben: Die Plattformen könnten auch so "zwischen einer Vielzahl von Schlüsselwörtern und Bezeichnungen wählen".

Die Bahn verweist dem Bericht nach auf "die hervorragend funktionierende DB Navigator-App und ihr Online-Buchungsportal bahn.de", um den Erfolg ihres Modells zu belegen. Trainline moniert, dass die Marketingbeschränkungen die Sichtbarkeit von konkurrierenden Apps in Suchmaschinen wie Google stark reduzierten. Die DB wollte sich zu den internen Rechtsdokumenten und den Vorwürfen der Gegenparteien nicht äußern.

Die finale Entscheidung des Kartellamts über Sanktionen aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens wird in den nächsten Wochen erwartet. Der Bahnkonzern und die an dem Verfahren beteiligten Plattformbetreiber hatten zunächst Gelegenheit, zu den vorläufigen Ergebnissen der Untersuchung der Wettbewerbshüter Stellung zu nehmen. Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, hatte schon im Frühjahr unterstrichen: "Wir wollen nicht, dass ein einzelnes Unternehmen perspektivisch den Markt dominiert und innovative Mobilitätsanbieter ausgebremst werden."

(tiw)