Drei Fragen und Antworten: Wieso ist immer neue Hardware desaströs fürs Klima?

Hardware vom Refurbisher schont den Geldbeutel und natürliche Ressourcen. Denn auch Recycling vernichtet im IT-Bereich oft mehr Werte als es zurückgewinnt.

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Egal ob Laptop oder Server – neue Hardware geht ins Geld und ist oft nicht sofort lieferbar. Eine günstige Alternative ist meist ein aufbereitetes Gerät vom Refurbisher. Im Interview erklären Karsten Schischke und Tim Schürmann, worauf Unternehmen beim Gebrauchtkauf achten müssen.

Dipl.-Ing. Karsten Schischke

Karsten Schischke leitet am Fraunhofer IZM die Gruppe Product Ecodesign and Circular Materials, unterstützt die EU-Kommission beim Ökodesign mobiler Endgeräte, begutachtet die Ökobilanzen großer IT-Firmen und koordiniert einen Arbeitskreis zur Umweltgesetzgebung.

IT-Journalist Tim Schürmann

Tim Schürmann ist Diplom-Informatiker und arbeitet als freier Autor und IT-Journalist.

Alle vier Jahre ein neuer Laptop, alle zwei Jahre ein neues Smartphone – die neueste Technik bringt die Digitalisierung voran und macht die Angestellten glücklich. Aber wieso ist eine immer aktuelle IT-Ausstattung vielen Unternehmen sogar zu wichtig?

Karsten: Technologisch sind die Geräte so ausgereift, dass ein derart häufiger Austausch kaum größere Effizienzgewinne im Arbeitsalltag bietet. Nur weil bisher so verfahren wurde, und diese Praxis in der Vergangenheit auch durchaus begründet gewesen sein mag, muss es nicht so bleiben. Aus Sicht der Klimabilanz jedenfalls ist ein derartiges Flottenmanagement desaströs. Und auch der Gesetzgeber arbeitet auf europäischer Ebene gerade daran, die Rahmenbedingungen für eine längere Nutzungsdauer ohne Leistungseinbußen zu verbessern.

Als Umweltsünder will hierzulande kaum eine Firma dastehen. Aber was spricht denn dagegen, die Geräte einfach regelmäßig zu recyceln und durch leistungsstärkere zu ersetzen?

Karsten: Recycling ist gut und wichtig für eine Kreislaufführung von Rohstoffen, vernichtet jedoch gerade im Bereich der IT erhebliche Werte, auch aus ökologischer Sicht: Insbesondere die in die Herstellung investierte Energie lässt sich durch kein noch so gutes Recycling zurückgewinnen. Hier sollte die Wiederverwendung im Vordergrund stehen: Kurze Nutzungszyklen sind durchaus vertretbar, wenn die Geräte nach erfolgter Datenlöschung einer Zweitnutzung im Consumer-Markt zugeführt werden, oder auch den eigenen Mitarbeitern zur Privatnutzung angeboten werden – und erst dann einige Jahre später ordnungsgemäß recycelt werden.

Refurbisher gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Worauf müssen Firmen achten, wenn sie Geräte speziell für den professionellen Einsatz gebraucht erstehen wollen?

Tim: Zunächst auf die Herkunft der Geräte: Einige Refurbisher kaufen auch Hardware an, die nicht für den Unternehmenseinsatz zertifiziert beziehungsweise geeignet ist. Des Weiteren sollte man vorab genau festlegen, welche Anforderungen die Geräte erfüllen müssen. Abschließend ist ein Blick auf den Support-Zeitraum und die Support-Leistungen notwendig.

Die Aufbereitung läuft bei allen Refurbishern fast identisch ab. So löschen etwa sämtliche Firmen die Datenträger mit etablierten Verfahren und reinigen penibel die Gehäuse. Unterschiede ergeben sich vor allem durch unterschiedliche Service-Leistungen. So kann man bei einigen Refurbishern keine Ersatzteile erwerben, während andere sogar auf Kundenwunsch die Kameras in Notebooks ausbauen.

Vielen Dank für Eure Antworten, Karsten und Tim. Mehr Informationen zu Notebooks, Büro-PCs, Servern, Storage oder Netzwerk vom Refurbisher, finden sich in der Titelstrecke der aktuellen iX 8/2022 und bei heise+.

In der Serie „Drei Fragen und Antworten“ will die iX die heutigen Herausforderungen der IT auf den Punkt bringen – egal ob es sich um den Blick des Anwenders vorm PC, die Sicht des Managers oder den Alltag eines Administrators handelt. Haben Sie Anregungen aus Ihrer tagtäglichen Praxis oder der Ihrer Nutzer? Wessen Tipps zu welchem Thema würden Sie gerne kurz und knackig lesen? Dann schreiben Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar im Forum.

(pst)