Glasfaser-Ausbau: Bundesnetzagentur setzt auf "Regulierung light"​

Die EU-Kommission hat keine grundsätzlichen Einwände gegen den neuen Regulierungsrahmen der Bundesnetzagentur – aber einige Kritik. Die teilen die Wettbewerber.

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Werkzeugkoffer eines Telekommunikationstechnikers auf einem offenen Kabelverzweigergehäuse der Deutschen Telekom.

Verteilerkasten mit Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom.

(Bild: heise online/vbr)

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Einen neuen Regulierungsrahmen für den Zugang zum Festnetz der Deutschen Telekom hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am Donnerstag beschlossen. Die Behörde will den Zugang zu den neuen Glasfasernetzen flexibler regulieren als bisher das Kupfernetz. Am Montag hatte die EU-Kommission ihre Stellungnahme zu dem Mitte Juni vorgestellten Regulierungsrahmen abgegeben, die in der nun vorgelegten Schlussfassung "weitestgehend berücksichtigt" wurde, wie die Bundesnetzagentur mitteilt. Die Netzbetreiber bleiben durch die Bank kritisch.

"Mit der heutigen Entscheidung schaffen wir Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb und weiteren Glasfaserausbau", erklärte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, "Es freut mich, dass unser Einsatz für den Glasfaserausbau mit stabilen und transparenten Rahmenbedingungen die Probe vor der Europäischen Kommission bestanden hat." Die neuen Rahmenbedingungen unter dem Motto "Regulierung light" will die Bundesnetzagentur in den kommenden Tagen veröffentlichen, er soll für drei Jahre gelten. Im Oktober 2021 hatte die Behörde ihren Entwurf vorgestellt.

Unter anderem schafft die Bundesnetzagentur für den Zugang zu Leerrohren der Telekom neue Regeln, die ab Januar 2024 gelten sollen. Das hält die EU-Kommission für eine "beträchtliche Verzögerung, die weder gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheint" [sic]. Die deutsche Regulierungsbehörde solle "so bald wie möglich" dafür Sorge tragen, dass die Telekom den Wettbewerbern Zugang zu passiven Infrastrukturen wie den Leerrohren gewährt, heißt es in der Stellungnahme der EU-Kommission . Auch müssten die vorgeschlagenen Entgelte die aktuellen Marktbedingungen widerspiegeln.

Die regionalen Netzbetreiber kritisieren die "Ausweitung der bereits bestehenden Leerrohrzugangsverpflichtung". Der Zugang zu Leerrohren könne für parallelen Ausbau über bestehende Glasfasernetze genutzt werden, warnt der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko). Das könne die "Investitionssicherheit für ausbauende Unternehmen gefährden und dadurch den Glasfaserausbau eher bremsen als beschleunigen".

Auch die betroffene Deutsche Telekom kritisiert die Zugangsverpflichtung zu den Leerrohren. Der regulierte Leerrohrzugang schaffe mehr Bürokratie, mahnt der Bonner Konzern, und fordert gleiches Recht für alle. Die Verpflichtung gelte nur für die Telekom, "obwohl im FTTH/B-Teilmarkt knapp 69 Prozent der Anschlüsse auf die Wettbewerber" entfielen. Auch die Europäische Kommission kritisiere "die mittlerweile über fünf Jahre alte Marktdatenabfrage", auf der die Entscheidung beruht. Die Bundesnetzagentur habe versäumt, vor Abschluss des Verfahrens die aktuelle Marktentwicklung "zu erfassen und angemessen zu berücksichtigen".

Die von der Bundesnetzagentur geplante Lockerung bei der Missbrauchsüberwachung sieht sich ebenfalls breiter Kritik ausgesetzt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Telekom ihren Wettbewerbern angemessene Konditionen für den Zugang zur letzten Meile bietet, um konkurrenzfähige Produkte anbieten zu können. Die Behörde plant, hier nur einige "Flaggschiffprodukte" wie den 100-MBit/s-Anschluss heranzuziehen und dies alle drei Jahre neu zu prüfen.

Die EU-Kommission schlägt vor, dabei mehrere Flaggschiffprodukte in den Blick zu nehmen und diese häufiger zu überprüfen. Auch den konkurrierenden Netzbetreibern reicht die Herangehensweise der BNetzA nicht. "Wir hätten einer weniger strengen Regulierung zugestimmt, wenn die dafür notwendigen Sicherungsmechanismen passen würden. Das tun sie aber nicht", erklärte Frederic Ufer vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). "Dazu hätte eine weitaus effektivere Preiskontrolle gehört."

Auch der Breko (Bundesverband Breitbandkommunikation) teilt die Kritik der EU-Kommission und verweist darauf, dass die Preissetzungsspielräume der Telekom "bereits vom Bundeskartellamt beanstandet" worden seien. "Die EU-Kommission fordert zu Recht, dass nicht nur das wichtigste Produkt der Deutschen Telekom, sondern auch andere aktive Produkte mit anderen Bandbreiten zu überprüfen sind", erklärte eine Breko-Sprecherin.

VATM und Breko sind sich darüber hinaus darin einig, dass das im neuen Telekommunikationsgesetz (TKG) verankerte Prinzip der "Gleichwertigkeit des Zugangs" von der Bundesnetzagentur unzureichend berücksichtigt worden sei. Gleichwertigkeit bedeutet hier, dass ein Unternehmen, das Zugang zum Netz eines anderen einkauft, auf dieselben Systeme und Ressourcen zurückgreifen können muss, wie der Netzbetreiber selbst. "Ohne eine konsequente und umfassende Umsetzung dieses Prinzips steht zu befürchten, dass Vorleistungsnachfrager durch die Telekom strukturell benachteiligt werden", mahnt der Breko. "Tatsächlich übt auch die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme umfangreich Kritik", heißt es dazu vom VATM.

(vbr)