Bundesverkehrsminister: Neun-Euro-Ticket verlagert den Verkehr "enorm"

Volker Wissing widerspricht Kritik, das 9-Euro-Ticket verlagere kaum Verkehr von der Straße weg. Zu einem möglichen Nachfolge-Ticket hält er sich bedeckt.

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Volker Wissing am Mittwochmorgen im ZDF

(Bild: ZDF)

Lesezeit: 3 Min.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat Aussagen widersprochen, das Neun-Euro-Ticket habe nur wenige Menschen dazu bewogen, das eigene Auto stehenzulassen. In einem Interview im Morgenmagazin des ZDF bezeichnete er die mutmaßliche Verlagerung des Verkehrs um 3 bis 4 Prozent als "enorm".

Auf eine Nachfrage dazu sagte Wissing, sein Ministerium habe zu dem Ticket eine begleitende Analyse in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse müssten abgewartet werden. "Klar ist, dass wir mit diesem Ticket viel Bewegung in den ÖPNV gebracht haben. Der ÖPNV ist in aller Munde und das war mein Ziel."

Wissing widerspricht damit dem Eindruck, den Agora Energiewende aus bisherigen Studienergebnissen gewonnen hat. Zwar werde der ÖPNV mehr als vor Einführung des Neun-Euro-Tickets genutzt, dies habe aber keinen Effekt für den Klimaschutz. Das Billigticket werde hauptsächlich am Wochenende genutzt. Dabei bezog sich Agora unter anderem auf Zahlen des Verbands der deutschen Verkehrsunternehmen und der TU München.

Zu der Frage, ob es für das Neun-Euro-Ticket ein Nachfolgeangebot geben werde, sagte Wissing, der Bundesfinanzminister müsse das Geld zusammenhalten, er selbst müsse die Gesellschaft mobil halten. Dabei bezog er sich auf Aussagen des Finanzminister Christian Lindner (FDP), für ein Nachffolge-Angebot sei kein Geld vorgesehen. Gegenüber heise online teilte das Finanzministerium mit, "in dem vom Bundeskabinett beschlossenen Bundeshaushalt 2023 seien keine Mittel für eine Verlängerung des Neun-Euro-Tickets vorgesehen".

Das Bundesverkehrministerium wiederum hatte heise online mitgeteilt, das Neun-Euro-Ticket habe zusammen mit dem Tankrabatt gezielt dazu dienen sollen, die Bürger wegen der stark gestiegenen Energie- und Spritpreise zu entlasten. "Inwieweit derartige Entlastungsmaßnahmen jetzt fortgesetzt werden, muss die Koalition entscheiden." Dabei werde die Frage der Finanzierbarkeit wird dabei ganz entscheidend sein. Wissing sprach nun davon, eine Fortsetzung des Neun-Euro-Tickets würde den Bund 14 Milliarden Euro kosen,

"Aus verkehrspolitischer Sicht jedenfalls ist das Neun-Euro-Ticket bei den Bürgern sehr gut angekommen und war sehr erfolgreich", hatte das Ministerium mitgeteilt. Diese Ansicht bestärkte Wissing im ZDF. Allerdings habe er schon seit seinem Amtsantritt im Herbst 2021 erste Schritte unternommen, den ÖPNV zu reformieren. Seit dem Frühjahr tage dazu eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Bundes und der Länder.

Wissing wisse aus seiner Zeit als Verkehrsminister in Rheinland-Pfalz, dass der ÖPNV reformiert werden müsse. Damit mehr Indiviualverkehr auf den ÖPNV verlagert wird, müssten die Kapazitäten ausgebaut, das Angebot verbessert und digitalisiert werden. Dazu gehört, eine Fahrkarte einfach benutzen zu können, wie es beim Neun-Euro-Ticket der Fall sein. "Auf manchen Bahnsteigen haben wir drei verschiedene Fahrkartenautomaten stehen", die für verschiedene Tarifstrukturen stünden, die müssten verschwinden.

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Die finanzielle Förderung des ÖPNV dürfe nicht mit dem so genannten Dienstwagenprivileg gegengerechnet werden. Wissing bezeichnete die steuerliche Behandlung von Firmenwagen als eine "vereinfachte Form der Besteuerung". "Das miteinander zu vermengen ergibt keinen Sinn, würden wir die bisherige Dienstwagenbesteuerung verändern, würde das nicht zu einem höheren Steueraufkommen führen."

Wissing stellt sich damit wie sein Parteikollege Lindner gegen einen Vorschlag der Grünen, die pauschale Versteuerung von Dienstwagen abzuschaffen und damit einen Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket zu finanzieren. Lindner hatte im Zusammenhang mit dem Billigticket zudem auf Twitter das Wort "Gratismentalität" ins Spiel gebracht.

(anw)