US-Regulierer darf mehr Frequenzen für WLAN freigeben, Autofraktion enttäuscht

Um 5,9-GHz bekommt WLAN in den USA weitere 45 MHz. Klagen der Kfz-Fraktion konnten das verzögern, ihre Funkkommunikation DSRC/ITS-G5 aber nicht retten.

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WLAN-Router

(Bild: Javier Brosch/Shutterstock.com)

Update
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Mehr Funkspektrum für WLAN gibt es bald in den USA, nachdem ein Bundesberufungsgericht zwei Klagen abgewiesen hat. Bereits 2020 wollte die US-Regulierungsbehörde FCC mehr Frequenzen für WLAN freigeben, indem sie die praktisch ungenutzten – aber derzeit für DSRC (Dedicated Short Range Communication) reservierten – Frequenzen von 5850 bis 5925 MHz aufspaltet: Die unteren 45 MHz für WLAN in Innenräumen, die oberen für einen DSRC-Nachfolgedienst namens C-V2X im Freien. Doch dagegen gab es Widerstand, der die Sache verzögert hat.

[Update 17.8. 20:30 Uhr] Der Bereich 5850-5895 MHz darf in den USA bereits seit 21. Oktober 2021 in Innenräumen genutzt werden. DSRC-Anwender mussten diese Frequenzen zum 5. Juli räumen. Ein FCC-Sprecher hat heise online informiert, dass die Behörde jetzt an der Freigabe der Frequenzen für WLAN im Freien arbeitet, wobei aber jede Funkanlage genehmigungspflichtig sein wird. Die Details stehen noch nicht fest. [/Update]

Im Zentrum steht der Interessenkonflikt zwischen V2X und WLAN. V2X steht für Kommunikation zwischen Fahrzeugen (Vehicles) und was-auch-immer, also beispielsweise von Fahrzeugen unter einander, zwischen Fahrzeugen und Straßeninfrastruktur, zwischen Fahrzeugen und Fußgängern oder Radfahrern, etc. Verkäufer von V2X-Technik versprechen davon flüssigeren Verkehr und weniger Unfälle.

Also reservierte die FCC (Federal Communications Commission) im Jahr 1999 75 MHz für die V2X-Variante DSRC. Das basiert auf IEEE 802.11p und wird auch ITS-G5 oder pWLAN genannt. 20 Jahre später gab es aber immer noch keine kommerziell verfügbaren Kraftfahrzeuge mit DSRC. Damit ist auch der versprochene Sicherheitsgewinn ausgeblieben. Inzwischen hatten Mobilfunker ein alternatives Kommunikationsprotokoll namens C-V2X ausgearbeitet. Die beiden Kommunikationsverfahren sind nicht miteinander kompatibel. In verschiedenen Ländern Europas wird DSRC für Mautsysteme genutzt. Die EU hat die 30 MHz von 5875 bis 5905 MHz Verkehrssicherheitsanwendungen mittels DSRC zugeteilt.

Die FCC entschied sich 2019/2020 dazu, DSRC auslaufen zu lassen. 45 MHz sollten jedermann für WLAN zur Verfügung gestellt werden, die restlichen 30 MHz für vernetzten Straßenverkehr erhalten bleiben – und zwar nicht für das in Europa und Japan favorisierte DSRC, sondern für C-V2X, bei dem Mobilfunker mitverdienen möchten. Gegen diese Entscheidung führten der Branchenverband ITSA (Intelligent Transportation Society of America), der Verein der Verkehrsministerien der 50 US-Staaten (American Association of State Highway and Transportation Officials) sowie ein Softwareanbieter Klage. Sie behaupteten, die Spektrumsreduktion sei rechtswidrig und die verbleibenden 30 MHz nicht ausreichend.

Ohne Erfolg. Das zuständige Bundesberufungsgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia hat die Klagen am 12. August abgewiesen (ITSA et al vs FCC, Az. 21-1130). Es pflichtet der FCC bei, dass die Entscheidung rechtskonform ist, und dass die 30 MHz für C-V2X ausreichen werden. Damit darf die FCC die unteren 45 MHz wirklich für WLAN-Nutzung in Innenräumen freigeben. Die wenigen Prototypen für DSRC, so sie überhaupt noch genutzt werden, müssen den Betrieb binnen Jahresfrist einstellen. Dann darf C-V2X die oberen 30 MHz nutzen. (Frequenzen im umfehdeten Bereich stehen außerdem dem Militär sowie bestimmten Satellitendiensten offen, woran nicht gerüttelt wurde.)

Trübsal blasen jetzt der Branchenverband ITSA und der Verein der Verkehrsminister. Sie reagieren enttäuscht auf die Gerichtsentscheidung und werfen der FCC vor, "wirtschaftliche Interessen über die öffentliche Sicherheit gestellt" zu haben. Frohgemut sind die FCC-Commissioner, und zwar sowohl Demokraten als auch Republikaner. Mit den zusätzlichen 45 MHz sind nun WLAN-Signale mit einer Breite von 160 MHz möglich, noch ganz ohne Wi-Fi 6.

Dass die 30 MHz für C-V2X ausreichen, meinen offenbar auch die Autohersteller Audi, Ford, Jaguar Land Rover sowie die Verkehrsministerien der US-Staaten Utah und Virginia. Gemeinsam haben sie bereits im Dezember darum ersucht, C-V2X schon jetzt in den obersten 20 MHz einsetzen zu dürfen – und zwar sowohl in Fahrzeugen als auch in stationären Anlagen, etwa Ampeln. Die Antragsteller wollen nicht auf das theoretische Auslaufen DSRCs warten.

Im April reichten sie weitere Informationen nach, woraufhin die FCC eine öffentliche Konsultation (ET Docket No. 19-138, DA 22-611) eingeleitet hat, die bis Ende August läuft. Wahrscheinlich wird die Behörde die Genehmigung erteilen, weil sie sowieso auf C-V2X setzt.

(ds)