Drei Fragen und Antworten: Daten- und KI-Experten fehlen – und es wird schlimmer

Jede Firma muss sich der KI-Revolution stellen – doch bis dahin sind einige Hürden zu nehmen. Und wer sich jetzt richtig aufstellt, hat beste Berufschancen.

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Von
  • Harald Weiss

Künstliche Intelligenz gilt oft als nächste große Revolution in der IT. Doch wie so oft hören sich die Versprechen grandios an, während die bestehende Praxis kaum Beachtung findet. Wir sprachen mit Bryan Harris von SAS über die Chancen und weiterhin bestehenden Hürden beim KI-Einsatz in Unternehmen.

Drei Fragen und Antworten: Bryan Harris über die KI-Chancen und -Hürden

(Bild: 

SAS

)

Bryan Harris ist seit über zehn Jahren beim US-amerikanischen Analytics- und KI-Spezialanbieter SAS beschäftigt. Seit Januar 2021 bekleidet er die Position eines Vice President und Chief Technology Officer. In dieser Funktion ist er verantwortlich für die produktgerechte Umsetzung der strategischen Unternehmensziele.

Herr Harris, über KI wird weiterhin viel geredet, doch wie steht es mit konkreten Business-Anwendungen, wer nutzt es bereits in erprobten Anwendungen, und wofür?

KI ist immer noch ein Hype, aber es gibt zwei konkrete Trends: Erstens, Business-Entscheidungen werden immer komplexer, während gleichzeitig die verfügbare Zeit abnimmt. Denken wir nur mal an die neuen Unternehmensherausforderungen auf den Gebieten Klima und Nachhaltigkeit, oder in der Supply-Chain – überall werden die Abläufe komplizierter. Hier kommen KI-Lösungen als Erweiterungen von RPA zum Tragen. Diese neue Form der Hyperautomation verzeichnet ein zweistelliges Wachstum, denn damit lassen sich fundierte Entscheidungen schneller treffen. Und das ist eindeutig ein gravierender Business-Vorteil. Zweitens, auch die Automatisierung in der Fertigung schreitet rasant voran. Das bedeutet unter anderem: KI-basierte Robotersteuerungen und Bildverarbeitungen müssen schneller in höherer Qualität verfügbar sein. Hier entstehen neue Streaming-Lösungen, die in nahezu Echtzeit Qualitätsprobleme in der Serienfertigung aufspüren.

Also, alles im Lot und kaum Probleme?

Nein, auf keinen Fall. Wir sind mit KI immer noch am Anfang einer neuen IT-Ära. So fehlt es in der Businesswelt vor allem an erfahrenen Daten- und KI-Experten. Stichwort: Datenkompetenz. Zwar sind die meisten Unternehmen äußerst aktiv und bieten entsprechende Aus- und Fortbildungsmaßnahmen an, doch der Bedarf stiegt schneller als das Angebot. Bei der industriellen KI haben wir hier vor allem ein Daten- und Erkennungsproblem bei der Bildverarbeitung. Bei einfachen Bilderkennungsalgorithmen lässt sich das Trainingsproblem noch mit manuellem Data-Labeling erledigen, obwohl das auch schon eine Mammutaufgabe ist. Doch bei komplexen Erkennungen, beispielsweise wenn Drohnen, die Objekte in einem überflogenen Gelände identifizieren müssen, reicht diese Methode bei weitem nicht aus. Beispielsweise haben wir in so einem Fall die virtuelle Welt eines Computerspiels hinzugezogen und die Erkennungssoftware mit den virtuellen Objekten trainiert. Und letztlich benötigen wir auch Optimierungen an den zugrundeliegenden Technologien. Beispielsweise bei der Bandbreite zwischen Memory und CPU, von der wir uns Werte von über 200 GB/s pro Core wünschen.

Noch eine Frage zu SAS: Ihr Unternehmen war der Pionier auf dem Gebiet komplexer Business-Analytics und gehörte zu einer kleinen Gruppe Spezialanbieter. Doch in den letzten Jahren hat sich die Zahl der Anbieter und Plattformen mehr als verzehnfacht, wo steht SAS heute und wie sollen sich CIOs in diesem Angebotsdschungel zurechtfinden?

Da ist zunächst unsere Expertise: Über 90 Prozent der KI-Modelle gehen niemals live, was weniger ein Technologie- als vor allem ein Knowhow- und Erfahrungsproblem ist. Wir wissen aus tausenden Projekten, was machbar und möglich ist, deshalb können wir unsere Kunden vor vielen Enttäuschungen bewahren. Ein weiterer Punkt ist unsere Technologie: Wir wollen, dass unsere Kunden mehr aus ihren bisherigen Investitionen herausholen können. Das bedeutet konkret, dass wir Open Source und Python umfassend unterstützen. Es gibt rund zehn Millionen Python-Entwickler, die alle direkt auf unserer Plattform arbeiten können.

Vielen Dank für Ihre Antworten, Herr Harris.

Wie Unternehmen mit Data Thinking mehr Wert aus Daten ziehen können, wie die KI beim Spiel NetHack (noch) an ihre Grenzen gerät und wie man mit SBOMs Software-Supply-Chains absichert erfahren Leser in drei aktuellen iX-Artikeln.

In der Serie „Drei Fragen und Antworten“ will die iX die heutigen Herausforderungen der IT auf den Punkt bringen – egal ob es sich um den Blick des Anwenders vorm PC, die Sicht des Managers oder den Alltag eines Administrators handelt. Haben Sie Anregungen aus Ihrer tagtäglichen Praxis oder der Ihrer Nutzer? Wessen Tipps zu welchem Thema würden Sie gerne kurz und knackig lesen? Dann schreiben Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar im Forum.

(fo)