Unfallerkennung in iPhone und Watch: So ließ Apple es in der Entwicklung krachen

In die Unfallerkennung fließen Daten diverser Sensoren ein. In einem Interview gibt Apple Einblicke, wie die Funktion für iPhone und Apple Watch funktioniert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Auto-Unfall

(Bild: ho-Archiv)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es gibt offenbar nicht den einen, ultimativen Auslöser, der Apples neue Unfallerkennung in Gang setzt. Stattdessen fragt der von Apple für die neuen iPhones und Apple Watch-Modelle geschaffene Algorithmus Daten verschiedener Sensoren ab und entscheidet anhand von Machine-Learning-Daten im Einzelfall, ob der Ernstfall eingetreten ist oder nicht. In einem Interview haben zwei Apple-Verantwortliche jetzt einen genaueren Einblick in das Feature gegeben, das den meisten Nutzern im besten Falle nicht begegnen wird. Die Unfallerkennung ist in allen iPhone-14-Modellen sowie in der Apple Watch Series 8, der neuen Apple Watch SE und der Apple Watch Ultra enthalten.

Abgesehen von versehentlichem Auslösen beim Fahren in einer Achterbahn hat es bislang wenige Negativschlagzeilen zur Apple-Unfallerkennung gegeben. Vielmehr häufen sich allmählich die Erfahrungsberichte, wo die Funktion bei Zusammenstößen den Nutzer fragte, ob mit ihm alles in Ordnung ist. Wird diese Frage nicht binnen 20 Sekunden beantwortet, wird automatisch ein Notruf ausgelöst.

Damit es so weit kommt, muss die Technik zunächst einmal erkennen, dass der Nutzer in eine solche Situation geraten ist. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten das neue Gyroskop, das Änderungen in der Geschwindigkeit schneller erkennt, und der Beschleunigungsmesser, erläuterten jetzt Ron Huang, zuständig für Sensorik und Konnektivität bei Apple, und Kaiann Drance vom iPhone-Produktmarketing im Gespräch mit dem US-amerikanischen Techblog Techcrunch.

Der verbesserte Beschleunigungssensor kann Aufprallkräfte von bis zu 256 G messen. Bei typischen Unfällen maßen die Apple-Ingenieure um die 100 G. Zu den größten Herausforderungen in der Entwicklung zählte es, die Erkennung so auszutarieren, dass sie möglichst viele Unfälle korrekt erkennt und gleichzeitig nicht durch zu hohe Empfindlichkeit falsch auslöst. Bei allem mussten die Entwickler zudem auf den Energieverbrauch achten, der durch den Hintergrundprozess entsteht.

Im Zusammenspiel mit weiteren Sensoren und Daten entstehe ein präzises Lagebild. Per GPS-Satellitenortung kann etwa erkannt werden, ob der Benutzer mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs ist. Das Barometer lässt durch Messen einer größeren Druckveränderung erkennen, wenn ein Airbag ausgelöst wurde. Und die Mikrofone liefern Anhaltspunkte durch typische Unfallgeräusche. Dabei mussten sich die Entwickler darauf einstellen, dass sich Unfälle nicht immer unter den gleichen Bedingungen ereignen. Die Barometer-Daten sind zum Beispiel nutzlos, wenn die Fenster des Autos geöffnet sind, da sich der Luftdruck dann nur minimal verändert.

Nützlich sind in diesem Zusammenhang auch Daten wie eine Verbindung mit CarPlay, die der Software verrät, dass sich der Nutzer tatsächlich in einem Auto befindet. Straßenlärm, Motorgeräusche und schnell vorbeiziehende verschiedene WLANs geben den Geräten ebenfalls Aufschluss darüber, dass eine Autofahrt vorliegt. Gleichwohl handele sich um optionale Faktoren, auf deren Vorhandensein sich die Software nicht verlassen kann.

Die korrekte Funktionsweise der Unfallerkennung habe Apple in Zusammenarbeit mit spezialisierten Firmen in Crash-Tests überprüfen lassen. Die iPhones seien dabei an verschiedenen Stellen deponiert worden, um auch diese Variable – wie Nutzer ihr Telefon während der Fahrt ablegen – zu berücksichtigen. So mussten auch Szenarien berücksichtigt werden, wie etwa, dass das iPhone während der Fahrt aus einer Halterung auf den Boden fällt. In solchen Fällen soll kein Notruf ausgelöst werden. Auch kleinere Unfälle wie der Rempler an der Stoßstange sollen als solche erkannt und bewertet werden. In das Machine-Learning-Modell flossen zudem Daten der US-Verkehrsbehörden über die verschiedenen Arten von Unfällen ein. Einen Unterschied macht es auch, ob ein Unfall mit der Uhr oder dem iPhone erkannt werden soll. Beide Geräte befinden sich übrigens im Austausch, sodass jeweils nur auf einem die Unfallerkennung den Nutzer anspricht und nicht beide gleichzeitig einen Countdown auflösen.

Neben der korrekten Erkennung eines Unfalls stellte sich den Entwicklern bei Apple auch die Frage, wie in entlegenen Gegenden ein Notruf ausgelöst werden kann. Sollte das Mobilfunknetz der SIM-Karte des Nutzers nicht erreichbar sein, versuchten es die Geräte über andere verfügbare Mobilfunkanbieter. Wenn auch das fehlschlägt, soll auf die neue Notruf-SOS-Funktion via Satellit zurückgegriffen werden. Diese startet im November zunächst in den USA und Kanada. Unklar bleibt, wie dieser Notruf ausgelöst wird, wenn der betroffene Nutzer nicht in der Lage ist, das Gerät auszurichten. Um Satelliten vom Boden aus zu erreichen, muss das iPhone nämlich anhand von Bildschirminstruktionen korrekt in Richtung Himmel ausgerichtet werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

(mki)