Bürgerrechtler: Big Brother formiert sich

Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU warnt davor, dass ohne Gegenmaßnahmen angesichts der technischen Entwicklung die Überwachungsgesellschaft à la Big Brother bald Wirklichkeit sein könnte.

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Von
  • Angela Meyer

Die Gefahr kommt von allen Seiten: Sei es die US-Regierung, die nicht nur unter dem Stichwort Terrorismusbekämpfung die Überwachungsstrukturen ausbaut, sei es die Wirtschaft, die am liebsten von jedem potenziellen Kunden ein komplettes Persönlichkeitsprofil hätte, sei es von den Geheimdiensten anderer Länder. Die technischen Möglichkeiten, um die Überwachungsgesellschaft à la Big Brother zu realisieren, seien längst vorhanden, warnt die American Civil Liberties Union (ACLU), die größte Bürgerrechtsorganisation der USA, in ihrem Bericht Bigger Monster, Weaker Chains: The Growth of an American Surveillance Society.

Die ACLU trägt in ihrem Bericht das Potenzial dieser Techniken zusammen und stellt ihm die rechtlichen Einschränkungen gegenüber. Eine "Explosion der Anzahl von Computern, Sensoren, Kameras, drahtloser Kommunikation, GPS, biometrischer Verfahren und anderer Techniken" habe ein "Überwachungsmonster" herangezüchtet, das nun "still mitten unter uns heranwächst". Dabei ist das in dem Bericht entworfene Szenario, in dem Firmen potenzielle Kunden bereits beim Blick ins Schaufenster anhand eines Chips auf ihrem Führerschein identifizieren, noch das kleinere Problem.

Größer sei die Bedrohung durch den Staat, denn statt die Privatsphäre angesichts dieser technischen Entwicklungen so gut wie möglich zu schützen, geschehe derzeit in den USA genau das Gegenteil: Gesetzesinitiativen wie der sechs Wochen nach dem Attentat auf das World Trade Center verabschiedete Patriot Act oder der Homeland Security Act hätten den Schutz der Privatrechte immer weiter aufgeweicht. Es sei aber noch Zeit gegenzusteuern. So fordert ACLU beispielsweise, dass in den USA erstmals ein umfassendes landesweites Datenschutzgesetz eingeführt werden müsse. Bisher ist der Schutz der Privatsphäre auf vielen Ebenen unterschiedlich geregelt. Angesichts der zunehmenden Überwachung in der Öffentlichkeit müsse der Schutz der Privatsphäre auch unabhängig von der eigenen Wohnung gesichert werden.

Wenn die amerikanische Gesellschaft der derzeitigen Entwicklung nicht Einhalt gebiete, so werde sich in Zukunft jeder bei jedem kleinen Schritt fragen müssen: "Lässt mich das verdächtig erscheinen? Mindert es meine beruflichen Chancen? Erschwert es einen Versicherungsabschluss?", fürchtet ACLU. Die Grundlage, dies zu verhindern, sei mit dem vierten Verfassungszusatz zum Schutz der Bürger vor unberechtigten Zugriffen auf Person und Besitz eigentlich seit Jahrhunderten vorhanden.

Siehe dazu auch in Telepolis: (anm)