Wasserstoff: Ein Weg, die Schifffahrt zu dekarbonisieren?

Ein belgisch-japanisches Team hat gemeinsam eine Fähre entwickelt, die mit Diesel und Wasserstoff betrieben wird. Größere Schiffe sind in Planung.

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Die Personenfähre Hydrobingo soll einen wichtigen Schritt zur umweltfreundlicheren Schifffahrt darstellen.

(Bild: CMB)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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An Tokios Hinode-Pier tanzt ein Unikat auf den Wellen: die Hydrobingo. Bei dem Katamaran handelt es sich um eine weiße Personenfähre, die einen wichtigen Schritt zur schwierigen Dekarbonisierung der Schifffahrt darstellt. Der Motor des 19,4 Meter langen Schiffs kann sowohl mit Diesel als auch mit einem Diesel-Wasserstoff-Gemisch betrieben werden.

Mit dem Konzept wollen die Projektpartner, die belgische Reederei CMB und der japanische Schiffbauer Tsuneishi, auch auf dem Wasser die Kohlendioxidemissionen senken. Der Bordcomputer regelt das Mischverhältnis, erklärt Yu Aonuma, Japan-Chef von CMB und Chef von JPNH₂YDRO, der Betreibergesellschaft der Fähre. "Wenn 20 Prozent Wasserstoff beigemischt wird, sinken die Emissionen um 20 Prozent."

20 Prozent ist ein niedriges Verhältnis. Während einer Ausfahrt unter blauen Himmel in der Bucht von Tokio schießt der Rechner kurzfristig bis zu 80 Prozent Wasserstoff in die zwei 441-kW-Aggregate, während die Hydrobingo auf 23 Knoten beschleunigt. Ein Ingenieur erklärt zum Stampfen der Maschinen, wie das System funktioniert.

Noch handelt es sich nur um eine Probefahrt und keinen Linienverkehr. In den kommenden Wochen werden zuerst Schulkinder herumgefahren, um sie für die Dekarbonisierung zu begeistern. Aber Aonuma betont: "Die Fähre ist voll einsatzbereit." Es läge nun an der Stadt Tokio und anderen Kunden, das Produkt zu bestellen.

Das Firmenduo rechnet sich dabei durchaus Marktchancen aus. Schiffe auf klimafreundliche Fortbewegungsmittel umzustellen ist schwieriger als bei Autos. Zum einen leistet Wasser einen höheren Widerstand als Luft. Zum anderen haben Schiffe mehr Masse.

Als möglicher Ersatz für bisherigen Schiffsdiesel und Schweröl werden bisher Elektroantriebe, Flüssiggas und später synthetisches Flüssiggas, Wasserstoff und das giftige wasserstoffhaltige Ammoniak gehandelt. Alle Methoden haben Vor- und Nachteile, erklären die Mitglieder des Projektteams.

Es gebe bereits Elektroschiffe, sagt Aonuma. Aber die könnten meist nur fünf bis acht Knoten schnell fahren. Damit seien sie nicht für Seegebiete mit starken Strömungen oder den regulären Fährverkehr geeignet, meint er. "Wenn Ihr Taxi nur 20 km/h fahren würde, wären sie ja auch frustriert."

Flüssiggas und Ammoniak konkurrieren derweil bei der Dekarbonisierung von Ozeanriesen, da Wasserstoff entweder sehr tief gekühlt werden muss, um flüssig getankt zu werden, oder als Gas zu viel Platz in Anspruch nimmt. Im Nahverkehr sieht es allerdings anders aus, meint Jun Kambara, der Chef der Werfttochter Tsuneishi Facilities & Craft: "Wasserstoff eignet sich für den Nahverkehr". Denn Ammoniak sei giftig und werde daher nicht im Personentransport verwendet werden, sondern nur in der Seefracht.

Post aus Japan

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Die kleine Fähre Hydrobingo ist dabei eine Übergangstechnik, da noch die Wasserstoffinfrastruktur fehlt. Die Großwerft Tsuneishi entwickelt allerdings auch Schiffe, die nur mit Wasserstoff oder Ammoniak betrieben werden.

So wollen die Japaner versuchen, Marktanteile von den chinesischen und koreanischen Schiffbauern zurückzuerobern, stellt Kambara klar. "Von nun an müssen wir High-Technology nutzen, um mit anderen zu konkurrieren", so der Tsuneishi-Mann. "Wir wollen in der Dekarbonisierung von Schiffen eine große Rolle spielen."

Daher hat das Duo auch schon Nachfolger der Hydrobingo in Planung. "Für uns als JapanHydro ist unser nächstes Ziel, bis 2024 mit Tsuneishi einen größeren Schlepper und bis 2026 ein acht mal größeres Modell zu entwickeln," verspricht Aonuma. Um was für ein Schiff es sich beim großen Hybrid handeln wird, verrät er allerdings noch nicht.

(jle)