EU: Notfall-Richtlinie für den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien

Die EU-Kommission will ein Papier für den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien vorlegen. Verfahren könnten drastisch verkürzt werden.

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(Bild: Shutterstock; wavebreakmedia)

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Wenn das mit der beschleunigten Energiewende klappen soll, dürfen Planungen und Genehmigungen nicht im Schneckentempo passieren. Die EU-Kommission versucht hier nun den Turbo einzuschalten. Laut einem Papier, das nach eigenen Angaben dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt, soll die Genehmigung von Solaranlagen auf Gebäuden maximal einen Monat dauern; auch für die Windkraft sind wesentlich schnellere Verfahren geplant.

Das EU-Papier soll am heutigen Mittwoch vorgestellt werden und würde zunächst als Notfall-Richtlinie auftreten. Konkret schlägt die Kommission vor, dass die EU‑Mitgliedsstaaten Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien als von übergeordnetem öffentlichem Interesse definieren. Für diese Projekte solle es dann sofort einfachere Genehmigungsverfahren geben.

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In dem mittlerweile vorliegenden Vorschlag (PDF) heißt es, das Genehmigungsverfahren für die Installation von Solarenergieanlagen und den dazugehörigen Speicheranlagen und Netzanschlüssen in bestehenden oder künftigen künstlichen Strukturen dürfe maximal einen Monat dauern. Für solche Anlagen sollen auch keine Umweltverträglichkeitsprüfungen laut Richtlinie 2011/92/EU nötig sein, "da sie wahrscheinlich keine Bedenken in Bezug auf konkurrierende Raumnutzungen oder Umweltauswirkungen aufwerfen".

Investitionen in kleine dezentrale Solarenergieanlagen sind mit die effizientesten Mittel für Energieverbraucher, um ihre Energierechnungen und ihre Anfälligkeit für Preisschwankungen zu reduzieren, heißt es in dem Papier. Eigenverbrauchsanlagen trügen dazu bei, die Gesamtnachfrage nach Erdgas zu verringern, die Widerstandsfähigkeit des Systems zu erhöhen und die Ziele der EU für erneuerbare Energien zu erreichen. Anlagen unter 50 kW würden wohl keine größeren nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt oder das Stromnetz haben und keinen Anlass zu Sicherheitsbedenken geben. Zudem benötigen kleine Anlagen erneuerbarer Eigenverbraucher in der Regel keinen Kapazitätsausbau am Netzverknüpfungspunkt.

Aus Sicht des grünen Europaabgeordneten Michael Bloss erfolgt hier endlich "der Booster für die Erneuerbaren", den man in Deutschland bereits in Sachen LNG-Terminals beobachten durfte. Bloss unterstrich gegenüber dem RND, dass Europa, anstatt Bittsteller bei Gas- und Öldiktaturen zu werden, die erneuerbaren Energien priorisieren solle. Um das Bild deutlicher zu machen, nutzte er auch den von Finanzminister Christian Lindner angewandten Begriff der "Freiheitsenergien": "Die Freiheitsenergien liegen in den Fesseln bürokratischer Genehmigungsverfahren. Hier muss ausgemistet werden."

Den Vorstoß der EU-Kommission sieht Bloss als guten Anfang, die "Notfallgesetzgebung" müsse dann aber auch rasch in ein ordentliches Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien überführt werden. Die Entbürokratisierung sollten die Mitgliedsstaaten schnell beschließen. "Wir brauchen freie Fahrt für Sonne und Windkraft."

Genehmigungsverfahren dauern in Deutschland bisher oft viele Jahre. Der Windpark Dahle, der in diesem Jahr am Rande der Region Hannover errichtet wurde, nahm eine Gesamtprojektdauer von sieben Jahren in Anspruch. Der Offshore-Windpark von WindMW in der Nähe von Helgoland blickt auf eine noch längere Gesamtprojektdauer zurück. Erste Umweltuntersuchungen begannen im Jahr 2001, fertigstellt wurde der Park 2014.

Will man die unlängst angehobenen Ausbauziele für die On- und Offshore-Windkraft bis 2030 schaffen, können Genehmigungsverfahren nicht mehr so lange dauern. Wie der RND berichtet, liegen momentan laut Branchenkennern Windräder mit einer Leistung von etwa zehn Gigawatt bei den Behörden zur Bewilligung.

Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE), betont: "Die EU‑Kommission will LNG-Geschwindigkeit für Fotovoltaik, Windenergie und Wärmepumpen. Das ist genau richtig, um die Energiepreise zu senken und die Abhängigkeit von Gas zu reduzieren", sagte er dem RND. Als besonders positiv bewertet er unter anderem auch die geplante Beschleunigung beim Repowering von Solar- und Windkraft: "Vorhandene Solarparks können so ihre Leistung in kurzer Zeit erhöhen und damit einen noch stärkeren Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Weil moderne Module deutlich mehr Erträge bringen als ältere, kann dadurch schnell viel zusätzlicher erneuerbarer Strom erzeugt werden – und das auf bestehenden Flächen."

Nach den Plänen der EU‑Kommission soll das Repowering von Solarparks auch nicht weiter verkompliziert werden, sofern die neue Anlage nicht mehr Fläche in Anspruch nimmt. Naturschutz- und Ausgleichsanforderungen würden dann nicht erhöht, Umweltverträglichkeitsprüfungen gestrichen. Wird eine Leistungserhöhung von weniger als 15 Prozent umgesetzt, so soll der Netzanschluss innerhalb eines Monats erfolgen. Die Genehmigungsprozesse inklusive der Erweiterung des Netzanschlusses und der Bewertung von Umweltauswirkungen sollen auf weniger als ein Jahr eingedampft werden.

Möglich machen will man das auch mit einer Zustimmung, wenn nicht innerhalb eines Monats protestiert wurde. Denn eine Genehmigung solle dann für Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von weniger als 50 Kilowatt Peak als erteilt gelten, wenn sich Behörden nicht innerhalb eines Monats zurückmelden.

Die Windenergie an Land könne überdies davon profitieren, dass eine Vogelkollision dann nicht als vorsätzlich gelte, wenn angemessene Artenschutzmaßnahmen ergriffen werden. Damit könnten Genehmigungsprozesse deutlich verschlankt werden. Für die Windräder in Dahle gilt etwa, dass sie zu Erntezeiten stillstehen, da dann mehr Vögel auf die umliegenden Felder fliegen, um Körner zu finden.

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BNE-Chef Busch sieht auch noch Verbesserungen für die Installation von Wärmepumpen. Diese sollen in drei Monaten in Betrieb gehen, der Netzanschluss deutlich vereinfacht werden. Für kleinere Anlagen mit weniger als zwölf Kilowatt Leistung wird vorgeschlagen, von einer Genehmigung für den Netzanschluss von vornherein auszugehen. "Die Vorschläge der EU‑Kommission sind begrüßenswert und werden hoffentlich schnell zu geltendem Recht", so der BNE-Chef.

Die Bestimmungen der Notfall-Richtlinie sollen zunächst für ein Jahr gelten, bei Bedarf aber verlängert werden. Auf die Entbürokratisierung der Genehmigungsverfahren hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU‑Staaten bereits bei ihrem Gipfeltreffen am 20. Oktober in Brüssel geeinigt, so der RND.

(kbe)