Russland: Debatte über Verbot von Homeoffice in bestimmten Branchen
Rund 100.000 Angestellte aus Russlands IT-Branche haben das Land verlassen, viele sind aber weiter beschäftigt. Per Gesetz sollen sie zurückbeordert werden.
(Bild: lupmotion/Shutterstock.com)
In Russland wird darüber debattiert, für bestimmte Berufe die Arbeit im Homeoffice zu verbieten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und weist darauf hin, dass das weitreichende Folgen haben könnte, immerhin würden aktuell rund 100.000 IT-Experten und -Expertinnen aus dem Ausland für russische Firmen arbeiten. Wenn das untersagt wird, müssten die Betroffenen nach Russland zurückkehren, wenn sie ihren Job nicht verlieren wollen. Vor allem, weil dort aber vielen die Einziehung ins Militär droht, könnte solch ein Vorhaben letztlich dafür sorgen, dass russische Unternehmen weitere Fachkräfte verlieren.
Sorge vor Fachkräftemangel
Wie die Nachrichtenagentur erläutert, werden die Gesetzespläne vor allem mit der Sorge um sensible Daten begründet, mit denen die Angestellten im Homeoffice zu tun haben. Wenn die in einem NATO-Mitgliedsstaat leben und arbeiten, könnten diese Daten ungewollt etwa in den Händen von fremden Geheimdiensten landen, fasst Reuters das Argument zusammen. Deshalb sei vorgeschlagen worden, bestimmten IT-Spezialisten und -Spezialistinnen die Ausreise beziehungsweise die Arbeit aus dem Ausland zu untersagen. Aus der Regierung habe es aber bereits Widerspruch gegeben, denn Russland könnte dadurch im Wettbewerb um Fachkräfte zurückfallen: "Wer immer das talentierteste Personal anlockt, auch aus dem Ausland, der wird gewinnen", heißt es demnach aus dem Digitalministerium.
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Laut Reuters geht man bei der russischen Regierung davon aus, dass seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine alleine 100.000 IT-Spezialisten und -Spezialistinnen das Land verlassen hätten. Viele leben in Nachbarländern, etwa im Baltikum oder am Kaukasus, wo die russische Sprache verbreitet ist. Als Grund wird demnach vor allem die Mobilisierung genannt, auch die Unternehmen seien seitdem viel williger, Menschen in anderen Staaten arbeiten zu lassen. Die Gesetzespläne werden demnach vor allem kritisch gesehen, eine 26-jährige Produktdesignerin vergleicht das mit Erpressung: "Kommt zurück, oder wir machen euren Job unmöglich." Aus ihrem Team würde etwa ein Viertel eher kündigen, als nach Russland zurückzukommen.
Russland ist seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine weitgehend isoliert, was bislang etwa bei der Produktion von Technik gezeigt hat. So werde fast keine neuen PCs, Laptops und Server mehr hergestellt, weil es aufgrund der Halbleitersanktionen an Prozessoren fehlt. Dass viele Unternehmen es ihrem Personal bislang ermöglicht haben, auch aus dem Ausland zu arbeiten, dürfte noch heftigere Folgen für die Wirtschaft verhindert haben. Sollte das geplante Gesetz kommen, dürfte sich die Situation aber noch einmal verschlechtern.
(mho)