Mastodon-Client: Wie sich Apple schließlich doch für Ice Cubes erwärmen konnte

Während Twitter langjährige Dritt-Apps zur Hintertür herauswarf, scheiterte der Entwickler eines Mastodon-Clients an Apple. Bis sich ein Fürsprecher meldete.

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(Bild: Antlii / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die Neuausrichtung Twitters durch den Auto- und Raketenbauer Elon Musk ist bekanntlich nicht zum Schaden der Alternative Mastodon: Abertausende Nutzer der sogenannten "Birdsite" wechselten in den vergangenen Monaten zum alternativen Netzwerk. Damit wird Mastodon auch immer interessanter für App-Entwickler, denen einige nachsagen, dass sie Twitter mit der Vielfalt an Zugangsmöglichkeiten seinerzeit erst zum Erfolg verhalfen. Der Entwickler eines iOS-Clients für Mastodon scheiterte in seinem Bemühen um mehr Vielfalt jedoch an anderer Stelle: Apple wollte die App nicht in den App Store lassen. Die Geschichte fand erst ein Happy End, als ein in Apple-Kreisen bekannter Fürsprecher Partei ergriff.

Der Entwickler Thomas Ricouard aus Paris hat mit Ice Cubes eine App in Swift und SwiftUI entwickelt, die er als Alternative zur offiziellen Mastodon-App und diversen Dritt-Apps wie Mammoth, Metatext und Mastoot sieht. Mit Ivory, einer weiteren vielversprechenden App, die an den Twitter-Client Tweetbot angelehnt ist, bekommt diese Liste bald prominenten Zuwachs. Das Entwicklerteam von Tapbots hatte sich bereits vor dem unsanften Rauswurf bei Twitter um einen Mastodon-Client bemüht, der sich mittlerweile im fortgeschrittenen Beta-Stadium befindet. Ob auch die Entwickler des infolge des Twitter-Rauswurfs eingestellten Clients Twitterific die Seiten wechseln, ist noch unklar.

Der iOS-Mastodon-Client Ice Cubes ist jetzt im App Store verfügbar

(Bild: Thomas Ricouard)

Ice Cubes wurde als Open-Source-Projekt angelegt, sodass alle Interessierten an der Entwicklung mitwirken oder den Code für sich selbst anpassen können. Auch sieht der Entwickler seine App als einen Showcase für die Designsprache SwiftUI, wodurch ambitionierte Jungentwickler jenseits der Tutorials in den Quelltexten einmal sehen können, wie diese in der Praxis verwendet werden kann. Der Name Ice Cubes spielt laut Ricouard auf die Eiszeit an, die mit mit dem ausgestorbenen Rüsseltier, das als Maskottchen für Mastodon steht, in Verbindung gebracht wird. Auch erklärt er den Namen mit dem Fediverse, in dem voneinander getrennte kleine Communities zusammengebracht werden – also so wie Eiswürfel in einem Glas.

Dass Ricouard allerdings Eiseskälte aus dem Apple-Hauptquartier im kalifornisch-warmen Cupertino entgegenwehen könnte, damit rechnete der Berufsentwickler, der früher bei Google und heute für Medium tätig ist, nicht. Siebenmal hintereinander wurde die App in sechs aufeinanderfolgenden Tagen von Apples App Review, der Einlasskontrolle zum App Store, abgewiesen. Die Kontrollstelle soll verhindern, dass zum Beispiel schlechte oder schadhafte Apps zu Apple-Nutzern vordringen können. Im Falle von Ice Cubes hieß es laut Ricouard zur Begründung, dass die App nur Links, Bilder und aus dem Internet zusammen getragene Inhalte anzeige, ohne eine native iOS-Funktionalität zu enthalten. Damit biete die App keinen Mehrwert gegenüber einem mobilen Webbrowser.

In dem bekannten Apple-Blogger John Gruber fand Ricouard dann plötzlich einen prominenten Fürsprecher. Gruber, der in seiner Talk Show des Öfteren schon hochrangige Gäste von Apple wie Software-Chef Craig Federighi oder Marketing-Chef Greg Joswiak zu Gast hatte, nannte die Entscheidung des App Reviews in einem Blogpost am Donnerstag "völlig unsinnig". In ungewohnter Schärfe nannte er die für die Entscheidung verantwortlichen Rezensenten ahnungslos und bürokratisch – mit Erfolg: Zwei Stunden später schaltete Apple die App dann plötzlich doch für den App Store frei. Dort kann sie jetzt kostenlos geladen werden.

(mki)