Halbleiter: Saarland bekommt "weltweit modernste" Siliziumkarbid-Fab

Wolfspeed und ZF bauen ein Halbleiterwerk und ein Forschungszentrum. In Ensdorf sollen Teile für E-Autos und Solar- sowie Windstromanlagen produziert werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 55 Kommentare lesen
Render-Bild des SiC-Werks im Saarland

Das SiC-Werk entsteht auf dem Gelände eines früheren Kohlekraftwerks im saarländischen Ensdorf.

(Bild: ZF / Wolfspeed)

Lesezeit: 3 Min.

Jetzt ist es offiziell: Der US-Chiphersteller Wolfspeed und Autozulieferer ZF machen im Saarland gemeinsame Sache mit milliardenschweren Investitionen. Im saarländischen Ensdorf entsteht ein Werk zur Produktion von Siliziumkarbid-(SiC-)Halbleitern auf 200 mm großen Wafern – laut eigenen Angaben das modernste und größte der Welt.

Wolfspeed wird das Halbleiterwerk betreiben; ZF will im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung einen dreistelligen Millionenbetrag investieren. Im Gegenzug gibt es Wolfspeed-Stammaktien. Wie teuer der Bau wird, verraten die beteiligten Parteien noch nicht. Ein gut 20 Prozent kleineres SiC-Werk in New York hat etwa zwei Milliarden US-Dollar gekostet. Im Vorfeld war von zwei Milliarden Euro die Rede.

Der Bau in Ensdorf soll noch im ersten Halbjahr 2023 beginnen. Das wäre ein erfreulich schneller Startschuss, da die EU-Kommission der Förderung noch zustimmen muss. Das gilt als formeller Schritt – bei der Ankündigung warben bereits Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für das Vorhaben. Nach der Fertigstellung soll es 600 Jobs direkt im Werk geben, zusätzlich entstehen Stellen in der Zuliefererkette.

Neben dem Halbleiterwerk bauen ZF und Wolfspeed im Saarland ein gemeinsames Forschungszentrum zur Entwicklung neuer SiC-Elektronik und -Produkte, das in einer Hauptbeteiligung ZF gehören wird. Beide Projekte sind Teil des "Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien", sollen also Fördergelder aus EU-Töpfen erhalten.

Im Interview mit dem Handelsblatt machten Wolfspeed-Chef Gregg Lowe und ZF-Vorstand Stephan von Schuckmann klar, dass sie Fördermittel im Bereich einer halben Milliarde Euro erwarten.

Verglichen mit Silizium-Halbleiterwerken für 10 Milliarden Euro und mehr klingt das zunächst nach kleinen Summen. Die Industrie rund um Siliziumkarbid ist allerdings noch vergleichsweise jung und wird insbesondere beim Ausbau erneuerbarer Energien und dem Wechsel von Verbrenner- auf Elektromotoren in Autos eine große Rolle spielen.

Siliziumkarbid eignet sich für die Produktion von effizienten Leistungshalbleitern wie Schalttransistoren (SiC-MOSFETs) und Dioden. In E-Autos etwa erhöhen sie die Reichweite, verkleinern die Leistungsmodule dank verringertem Kühlungsaufwand und ermöglichen die Ansteuerung stärkerer Motoren. Frequenzumrichter mit SiC-Schaltern werden auch für andere Elektromotoren entwickelt, etwa für industrielle Antriebe, Schienen- und Luftfahrzeuge. SiC-Halbleiter können aber etwa auch in E-Auto-Ladesäulen, in Server-Netzteilen und unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USVs) zum Einsatz kommen.

Bei erneuerbaren Energien helfen SiC-Bauelemente bei der Einspeisung ins Stromnetz – sei es in den Wechselrichtern von Balkonkraftwerken, in Akkuspeichern oder in Windparkanlagen. SiC-Schaltungen versprechen auch Vorteile für die Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ/HVDC) in Stromverteilnetzen. Daher wird ein stark wachsender Bedarf an SiC-Halbleitern prognostiziert.

(mma)