Windows 7 und Windows Server 2008 R2 sind fertig

Microsoft hat bekannt gegeben, dass nun mit der Produktion begonnen wird. Die Veröffentlichung wird in Etappen erfolgen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 888 Kommentare lesen
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Axel Vahldiek
Inhaltsverzeichnis

Schneller als ursprünglich erwartet hat Microsoft die Nachfolger von Windows Vista und Windows Server 2008 fertiggestellt: Rich Reynolds, General Manager Windows Commercial, verkündete, dass die neuen Betriebssysteme in Produktion gegangen sind ("release to manufacturing", RTM).

Die Fertigstellung des Programm-Codes bedeutet jedoch keineswegs, dass er jetzt auch umgehend veröffentlicht wird. Das wird in Etappen passieren, die Microsoft-Manager Brandon LeBlanc zuvor bereits in einem Blog-Eintrag bekannt gegeben hat. In den freien Handel wird Windows 7 in genau drei Monaten kommen, also am 22. Oktober.

Windows 7 ist fertig (14 Bilder)

Seit dem heutigen Mittwoch ist es offiziell: Windows 7 ist fertig

Bei Windows 7 handelt es sich nicht um eine Neuentwicklung, sondern um eine Weiterentwicklung von Windows Vista (so wie Vista eine Weiterentwicklung von Windows XP ist). Mit Vista eingeführte Neuerungen bleiben also erhalten. Dazu gehören etwa das Aero-Design mit den transparenten Fensterrahmen, die Netzwerkübersicht, die alle im lokalen Netz zu findenden kompatiblen Rechner zeigt, oder die Benutzerkontensteuerung (User Account Control, UAC), die es erstmals auch Laien erlaubt, unter Windows ohne allzu große Verrenkungen sicher ohne Administratorrechte zu arbeiten (allerdings lässt sich nun einstellen, wie oft Windows "Sind Sie sicher?" fragt). Doch es gibt auch reichlich Neues.

Gleich auf den ersten Blick fällt die neue Taskleiste auf: Jedes Programm taucht nur noch genau einmal darin auf, selbst wenn mehrere Fenster davon geöffnet sind. Die Programme können auf Wunsch auch dann in der Taskleiste verbleiben, wenn sie nicht laufen, die Einträge sind endlich verschiebbar. Deren Kontextmenü bietet direkten Zugriff auf zuletzt mit der Anwendung geöffnete Dokumente ("jump lists"). Praktisch sind die Homegroups, mit denen sich Windows-7-Rechner ganz einfach vernetzen lassen: Einfach auf einem PC das vom anderen PC genannte Passwort eintippen, fertig. Kenntnisse über Netzwerkprotokolle oder IP-Adressen sind dafür nicht mehr notwendig. Ähnlich einfach gelingt der Aufbau einer Remote-Unterstützungsverbindung. "Bitlocker to go" verschlüsselt USB-Sticks, das "Windows Biometric Framework" bindet die sich immer weiter verbreitenden Fingerabdruckscanner ohne zusätzliche Treiber ein. Der Explorer bietet Bibliotheken, mit denen sich individuelle Ordnerstrukturen erstellen lassen: Es wird damit egal, auf welcher lokalen Festplatte oder auf welchem Rechner im Netz beispielsweise ein Bild liegt, denn alle Bilder sind stets in der "Bilder"-Bibliothek zu finden. Beim "XP-Modus" handelt es sich um eine virtuelle Maschine, in der Windows XP SP3 läuft. Das Besondere: Verknüpfungen zu den Anwendungen, die in dieser virtuellen Maschine laufen, tauchen auch im Startmenü von Windows 7 auf. Der XP-Modus wird nur separat zum Download bereitstehen.

Viele neue Stärken kann das neue Windows nur im Zusammenspiel mit dem Server 2008 R2 ausspielen: Das neue VPN-Framework "Direct Access" etwa soll mobilen Mitarbeitern einen transparenten und sicheren Zugang von außen ins Firmennetz erlauben. Es basiert auf bekannten Techniken wie IPSec, bringt aber neue Managementfunktionen zur Verwaltung der Anwenderkonten, der Clients und der Zugriffsberechtigungen mit. Dank "Branch Cache" lädt Windows 7 Dokumente nicht mehr zwingend vom langsam angebundenen Server in der weit entfernten Hauptstelle, sondern schaut erstmal, ob eine identische Kopie auf einem viel schneller angebundenen PC in der eigenen Filiale zu finden ist.

Viele der neuen Funktionen sind es trotz ihrer Nützlichkeit im Grunde kaum wert, einzeln darüber zu berichten: So lassen sich die Fenster viel leichter per Maus oder Tastenkürzel sinnvoll auf dem Monitor anordnen ("Aero Snap"), Windows-7-kompatible Programme bieten bei Bedarf eine zusätzliche Fortschrittsanzeige in der Taskleiste, und der Explorer blendet Laufwerke, in denen sich kein Medium befindet, kurzerhand aus. Bei der Arbeit mit dem neuen Windows stößt man allerdings auf so viele solcher nützlicher Kleinigkeiten, dass schnell der Eindruck aufkommt: Die Masse machts.

Das neue Windows wird wie schon Vista in sechs verschiedenen Versionen erscheinen. Für den heimischen Einsatz sieht Microsoft Windows 7 Home Premium vor (hier fehlen Funktionen wie Direct Access oder Branch Cache, aber auch Bitlocker), während Windows 7 Professional für den Einsatz in kleineren Unternehmen gedacht ist (und damit Nachfolger von Windows Vista Business wird). Allerdings soll Windows 7 Professional alle Funktionen von Home Premium enthalten, das Media Center etwa wird also nicht mehr wie bei Vista Business fehlen. Die eigentliche Vollversion erscheint unter zwei Namen: Im Einzelhandel heißt sie Windows 7 Ultimate, als Volumenlizenz erwirbt man sie als Windows 7 Enterprise. Außer bei der Lizenz gibt es keine Unterschiede, Ultimate und Enterprise sollen funktional identisch sein.

Der Vista-Nachfolger wird auch in stark abgespeckter Form erscheinen: Windows 7 Home Basic soll jedoch nicht mehr in den USA oder Westeuropa zu kaufen sein, sondern nur noch in Entwicklungsländern. Dafür soll das noch weiter abgespeckte Windows 7 Starter erstmals weltweit erhältlich sein, allerdings nur vorinstalliert von OEM-Herstellern auf stark limitierter Hardware. Was genau damit gemeint ist, ist immer noch nicht so ganz klar, Microsoft wird jedoch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es sich bei Starter keinesfalls um eine verkappte Netbook-Version handele. Und in der Tat läuft selbst die Ultimate-Version auf handelsüblichen Netbooks ausreichend schnell, sofern eine echte Festplatte drinsteckt (oder gar eine SSD).

Microsoft hat mittlerweile detaillierte Informationen veröffentlicht, welche älteren Windows-Versionen sich ohne Neuinstallation auf Windows 7 aktualisieren lassen. Die Kurzzusammenfassung des Word-Dokuments lautet für Europa: Gar keine. In Europa werden ausschließlich Windows-7-Versinen ohne Internet Explorer erhältlich sein ("Windows 7 E", wahlweise zudem ohne Media Player als "Windows 7 EN"), mit denen eine Upgrade-Installation technisch nicht möglich sein soll. Wer jetzt auf die Idee kommt, stattdessen Windows 7 etwa in den USA zu erwerben: Eine Upgrade-Installation von einem deutschsprachigen Vista auf ein ein englischsprachiges Windows 7 ist ebenfalls nicht möglich.

Dass es Microsoft im Unterschied zu Vista gelungen ist, Windows 7 sogar vor dem eigentliche Ziel-Termin fertigzustellen, dürfte unter anderem mit einer umgebauten Chef-Etage zu tun haben. Die Vista-Entwicklung wurde noch von Jim Allchin geleitet, der anschließend in den Ruhestand verabschiedet wurde. Seinen Posten übernahm Steven Sinofsky, der zuvor bereits bei mehreren Office-Paketen bewiesen hatte, dass Pünktlichkeit für ihn kein ernsthaftes Problem darstellt. Sein Erfolgsrezept: Zuerst wurde abgeklopft, welche neuen Funktionen es ins finale Produkt schaffen können, ohne den Termin zu gefährden. Alle anderen wurden kurzerhand rausgekippt.

Die Entwicklung verlief dementsprechend anfangs recht geheimnisvoll, und erst als feststand, welche Funktionen es ins finale Produkt schaffen, wurden erste Infobröckchen an die Öffentlichkeit verteilt. Auf diese Weise stellte Microsoft sicher, dass sich Image-schädigende Pannen wie bei der Vista-Entwicklung nicht wiederholten. Bei Vista wurde anfangs immer wieder mal großmundig etwas angekündigt, was es dann letztlich doch nicht ins finale Produkt schaffte -- eines der prominentesten Beispiele dürfte WinFS sein. Seine Verdienste um die Windows-Entwicklung haben Sinofsky mittlerweile eine Beförderung eingebracht: Er ist nun der alleinige Chefentwickler.

Wer Windows 7 jetzt schon ausprobieren möchte, kann sich noch bis zum 20. August den Release Candidate (RC) herunterladen, eine Vorabversion. Aktiviert läuft sie bis Anfang März 2010. Danach fährt der PC alle zwei Stunden herunter. Anfang Juni 2010 verweigert der RC den Start dann endgültig. Laut Microsoft unterscheidet sich der RC vor allem durch Bugfixes von der finalen Version, größere Änderungen habe es nicht mehr gegeben.

Siehe dazu auch:

(axv)