Justizministerin: "Wir wollen keine Zensurbehörde für das Netz"

Brigitte Zypries wehrt sich gegen Forderungen aus der Union nach verstärkter Internet-Kontrolle. Die FDP meint derweil, Piratenparteiwähler behinderten den Politikwechsel; Internetfreiheit stehe auch bei der FDP ganz oben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat sich gegen Forderungen aus der Union gewandt, die Kontrolle des Internets zu verschärfen. "Wir wollen keine Zensurbehörde für das Netz etablieren", sagte die Ministerin der Berliner Zeitung. Auch bei Kinderpornografie dürfe es nur ein Hilfsmittel sein, den Zugang zu sperren, wenn das Löschen nicht gelinge.

Ganz von der Hand weisen wollte Zypries die Ansichten von Wolfgang Bosbach, die Ermittlungsbehörden im Kampf gegen Internet-Kriminalität auszubauen, aber nicht. Es müsse eine Debatte darüber geführt werden, "wie wir den Strafanspruch des Staates im Netz effektiv durchsetzen können, aber genauso sicherstellen, dass die Privatsphäre und das Recht auf freie Meinungsäußerung gesichert sind". Schwierig sei die Strafverfolgung etwa dann, wenn strafbare Inhalte auf ausländischen Servern liegen. "Dafür brauchen wir bessere internationale Regeln und eine verbesserte Zusammenarbeit", so Zypries. Die Forderung von Bosbach nach einer Internet-Polizei wies sie allerdings als Wahlkampfgetöse zurück.

Derweil sehen sich nicht nur SPD und Grüne, sondern auch die FDP von der Piratenpartei und Debatte um Internet-Zensur und -Freiheit unter Druck gesetzt. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warnte davor, die Piratenpartei zu wählen. "Sie sollten uns unterstützen, damit am Ende nicht Schwarz-Rot beim Internet so weitermacht wie bisher. Piratenwähler müssen bedenken, dass sie den Politikwechsel behindern", sagte Niebel der Leipziger Volkszeitung. Internetfreiheit stehe auch bei den Freidemokraten ganz oben. "Missbrauch jeder Art ist damit nicht gemeint. Doch die Stoppschild-Sperren, wie sie die Bundesregierung will, sind alles andere als zielführend", sagte Niebel mit Blick auf Pläne zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet. "Was wir allerdings nicht wollen, das ist die völlige Freigabe geistigen Eigentums. Es wäre fatal, wenn jeglicher Urheberschutz über geistiges Eigentum verloren ginge. Dann würde die Kultur verkümmern."

"Der Ruf nach staatlicher Kontrolle über das weltweite Informationsnetz ist ein weiterer Schritt hin zu einer Inhaltszensur", sagte die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz zudem der Berliner Zeitung. Die Überregulierung sei "der Weg in den Überwachungsstaat": "Es ist unerträglich, wenn Frau von der Leyen den Eindruck erweckt, im Internet würden keine Regeln gelten." Die Bundesfamilienministerin hatte vor einem rechtsfreien Chaosraum Internet gewarnt und Diskussionen über das richtige Maß an Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet gefordert. Dem hielt auch Aaron Koenig, Mitglied im Bundesvorstand der Piratenpartei, gegenüber der Zeitung entgegen: "Natürlich ist das Internet kein rechtsfreier Raum." Wenn aber unter dem Vorwand Kinderpornografie das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ausgehöhlt werde, spiele Deutschland in einer Liga mit dem Iran und China.

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(jk)