Mikroplastik durch Autoreifen: Start-up entwickelt Absaugeinrichtung

Autos erzeugen Emissionen durch Reifenabrieb – auch wenn sie elektrisch unterwegs sind. Eine junge britische Firma will nun eine technische Lösung durchsetzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 103 Kommentare lesen
Ansaugeinrichtung für Feinstaub

Ansaugeinrichtung für Feinstaub.

(Bild: Tyre Collective)

Lesezeit: 3 Min.

Mikroplastik, das sich in der Natur ansammelt, in die Nahrung gerät und von Mensch und Tier aufgenommen wird, ist ein stetig wachsendes Umweltproblem. Es kommt zu einem nicht geringen Teil aus dem Verkehrswesen – genauer: vom Reifenabrieb. Beim Bremsen und beim Abrollen der aus Kunststoff bestehenden Pneus auf dem Untergrund entstehen die Partikel.

Ein Start-up aus Großbritannien will mit neuer Technik nun zur Reduktion des Problems beitragen. Das von drei ehemaligen Studenten gestartete Unternehmen The Tyre Collective hat dazu eine neue Absaugeinrichtung entwickelt, die sich am Unterboden eines Autos anbringen lässt, direkt hinter den Reifen. Ein Prototyp im Labor schafft aktuell immerhin 60 Prozent der Partikel pro Reifen, die zwischen 0,3 und 136 Mikrometer groß sind. Schätzungen zufolge generiert jeder Mensch zwischen 0,23 und 4,7 kg an Mikroplastik nur durch Reifen im Jahr.

Das System nutzt dabei sowohl den Luftstrom als auch elektrostatische Effekte, um den Reifenabrieb abzusaugen. Neben dem Abrieb der eigenen Reifen selbst werden auch Partikel auf der Straße, etwa Abrieb und ultrafeine Metallstückchen, aufgenommen. Das so gesammelte Material, synthetischer Kautschuk, soll dann wiederverwertet werden. Die zum Patent angemeldete Technik wurde zusammen mit einer jungen grünen Logistikfirma aus London getestet. Die würde ihre emissionsfreien Fahrzeuge gerne noch sauberer machen.

Laut The Tyre Collective stört die Absaugeinrichtung das normale Fahren nicht, auch gibt es nur "minimale" Verringerungen bei der Reichweite. Die Energieversorgung erfolgt bei den Prototypen über den Zigarettenanzünder-Bus. Filter in der Absaugeinrichtung sorgen dafür, dass kein Straßendreck im Reservoir landet. Zielgruppe sind anfangs vor allem Geschäftskunden, darunter Liefer- und Handwerksfirmen. Geplant ist, dass diese das Reservoir einmal im Monat leeren müssen, Privatfahrzeuge hingegen nur einmal im Jahr. Zum Fassungsvermögen macht The Tyre Collective keine Angaben. Das Unternehmen will mit Logistikbetrieben Wartungsverträge schließen, um das gesammelte Material einzusammeln. Dieses wird dann zum Up- und Recycling weiterverkauft, "um einen weiteren Einnahmestrom zu haben", wie CEO Hanson Cheng sagt. Zudem will die Firma Lizenzen für ihre Technik verkaufen.

Das Start-up hat sich dabei viel vorgenommen: "Langfristig wollen wir unsere Geräte in allen Fahrzeugsegmenten einsetzen und sie weltweit in neue Elektrofahrzeuge integrieren", so die junge Firma. Momentan ist sie dabei, ihre Seed-Runde von Risikokapitalgebern einzuwerben, einen kommerziellen Soft Launch plant man in den kommenden zwei Jahren.

Bevor es so weit ist, müssen jedoch weitere Piloten erfolgreich abgeschlossen werden. Aktuell sucht The Tyre Collective nach weiteren Partnern, die die Technik testen wollen. Angaben zu Preisen macht die Firma öffentlich noch nicht. Das Upcycling-fähige, angesaugte Material soll eine hohe Qualität haben, behaupten die Macher: "Die von uns erfassten Partikel sind kleiner als die industriell hergestellten. Sie haben eine größere Oberfläche, was für die Verarbeitung besser sein kann." Allerdings ist die Industrie darauf aktuell noch nicht eingestellt.

(bsc)