Apple wagt sich mit deutschem Flagship Store auf heißes Pflaster

Mit dem ersten offiziellen Apple Store in München wagt sich der US-Computerkonzern auf einen schwierigen Einzelhandelsmarkt für Computer, der von "Geiz-ist-Geil"-Mentalität und Discounterangeboten geprägt ist.

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Die Rosenstraße in der Nähe des Münchner Marienplatzes gehört zu den 1A-Geschäftslagen in der bayerischen Landeshauptstadt. Wenn Apple dort am kommenden Nikolaus-Samstag (6. Dezember) den ersten Apple Store in Deutschland eröffnet, wird dies nicht nur die Aufmerksamkeit der Liebhaber der Computer und Unterhaltungselektronikgeräte mit dem Apfel-Symbol erregen. Die gesamte Branche wird aufmerksam verfolgen, ob Apple seine Einzelhandelserfolgsgeschichte auch auf dem komplexen deutschen Markt fortschreiben kann.

Der kalifornische Konzern betreibt bislang über 250 Apple Retail Stores in den USA, in Großbritannien, Japan, Italien, in der Schweiz, in China, Kanada und Australien. Den Einstieg in den deutschen Einzelhandel hatte Apple immer wieder verschoben, denn der Führungsspitze war klar, dass der Erfolg auf dem schwierigen deutschen Einzelhandelspflaster nicht programmiert werden kann. Im deutschen Markt für Personal Computer beispielsweise werden noch immer erhebliche Anteile über Lebensmittelketten wie Aldi und Lidl abgesetzt. Und einer der größten Händler für Elektronikartikel warb jahrelang mit dem Slogan "Geiz ist geil". Dieses Motto steht im direkten Widerspruch zur Apple-Philosophie, wonach hochwertige Dinge auch ihren Preis haben.

Der Apple Store in München (6 Bilder)

Die Fassade

Heute wurde der Apple Store enthüllt und der Presse vorab gezeigt.

Apples erstes Ladengeschäft in Deutschland ist der 251. Store weltweit. Er geht über zwei Stockwerke, die mit der store-typischen Glastreppe verbunden sind. Im Erdgeschoss werden Hardware und Software von Apple und einigen Drittanbietern präsentiert, im ersten Stockwerk werden Schulungen und Beratungen angeboten, unter anderem befindet sich hier die Genius-Bar mit Mac-Experten. Apple weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass in München "weltweit zum ersten Mal" Kunden die Möglichkeit haben, das "Personal Setup" in Anspruch zu nehmen. Dabei bekommt jeder neue Mac-Kunde kostenlos eine einstündige Beratung zu den Themen Datentransfer, Software-Download und allen Fragen zu einem reibungslosen und schnellen Umstieg (von Windows).

In dem Apple Store nahe des Marienplatzes können Interessierte die wichtigsten Produkte von Apple ausprobieren: Mehr als 40 Macs, 40 iPods und 10 iPhones stehen bereit. Laut Apple gibt es "ein hochqualifiziertes Team von 90 Mitarbeitern", an der Genius-Bar erhalten Kunden kostenlos Hilfestellungen, Tipps und Tricks sowie fundierten, technischen Support durch Experten. In dem Apple-Laden soll es auch Live-Konzerte einiger Münchner Musiker geben. Der Eintritt ist frei, die Konzerte werden aufgenommen und stehen anschließend in iTunes zum Download bereit.

Im Gegensatz zu manchen internationalen "Flagship Stores" großer Verbraucher-Marken will Apple mit seinen Stores nicht nur die Marke pflegen, sondern vor allem Umsatz machen und Geld verdienen. Im Geschäftsjahr 2008 (30. September) setzte Apple in seinem Retail-Segment 6,3 Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) um und erwirtschaftete dabei 1,3 Milliarden Dollar (920 Millionen Euro) Gewinn. Die Aussichten für das neue Geschäftsjahr sind allerdings nicht so rosig, denn die Hauptmärkte von Apple stecken in einer Rezession.

Trotz allgemeiner wirtschaftlicher Abschwungtendenzen in den USA und Europa kann Apple weiterhin deutliche Absatzerfolge seiner Produkte verzeichnen. Rechner mit dem Apfel-Symbol erzielen in manchen Segmenten wieder zweistellige Marktanteile, nachdem Ende der 90er-Jahre manche Beobachter schon Apple vor dem "Aus" gesehen hatten. Außerdem sind die Musikplayer von Apple extrem erfolgreich. Und mit dem iPhone gelang Apple ein geradezu sensationeller Einstieg in den Mobilfunktmarkt.

Unter den Vertriebspartnern von Apple, die mit dem US-Konzern durch schwierige Zeiten gegangen sind, herrscht nun teilweise Unruhe, wie es nach dem direkten Einstieg von Apple in den deutschen Einzelhandel weitergehen wird. Reinhard Weidinger mit seinem Münchner Apple-Fachgeschäft "In Time Computer" muss nun damit leben, dass keine zwei Kilometer Luftlinie von seinem Laden der Apple Store in einer 1A-Lage um Kunden wirbt. "Der Store wird uns schaden", sagte Weidinger der dpa. Er wirft Apple vor, schon in der Vergangenheit bei knappen Waren den eigenen Online-Store im Web bevorzugt zu haben. "Wir konnten wochenlang keine MacBooks liefern, während online im Apple Store die Geräte vorrätig waren." Immerhin hofft Weidinger, dass über einen hohen Absatz des Münchner Apple-Ladens indirekt auch Geschäft bei ihm landen wird. Mit seiner autorisierten Apple- Werkstatt kann er Dienstleistungen anbieten, die es im Apple Store nicht gibt.

Künftig werden sich aber auch Apple-Händler außerhalb Münchens auf den Wettbewerb durch ihren Hauslieferanten einstellen müssen. Apple-Vertriebsvorstand Ron Johnson hatte zuletzt indirekt Apple Stores in Berlin, Frankfurt, Köln und Düsseldorf angekündigt. Archibald Horlitz, Geschäftsführer von Gravis, reagiert im Gegensatz zum kleineren Fachhändler Weidinger gelassen auf die neue Konkurrenz. Der Apple-Store werde den deutschen Markt beleben und noch mehr Kunden auf Apple-Produkte aufmerksam machen. Aber auch Horlitz fordert von Apple "Fairness in den Punkten Warenverfügbarkeit und Preisgestaltung für die Endkunden" ein. "Ein Verdrängen der bisherigen Partner ist nicht im Interesse von Apple. Langfristig glauben wir, dass die Präsenz des Apple-Stores unsere Umsatzzahlen ankurbeln wird." (Christoph Dernbach, dpa, Johannes Schuster) / (vbr)