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EU-Kommissar Breton verteidigt Kostenbeteiligung von Big Tech

Auf dem MWC Barcelona hat EU-Kommissar Thierry Breton seinen Plan verteidigt, die amerikanischen Internetriesen für die Netzinfrastruktur zur Kasse zu bitten.

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EU-Kommissar Thierry Breton spricht zur Eröffnung des MWC Barcelona am Montag.

EU-Kommissar Thierry Breton spricht zur Eröffnung des MWC Barcelona.

(Bild: Screenshot)

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EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat zum Auftakt der Branchenmesse MWC Barcelona seinen Plan verteidigt, die großen Internetkonzerne an den Kosten für die Netzinfrastruktur zu beteiligen. “Der Konflikt wird als Kampf zwischen den Telcos und Big Tech beschrieben”, sagte Breton am Montagmorgen im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung auf dem Messegelände in Barcelona, “So sehe ich das nicht. Es geht um sehr viel mehr.”

Für den EU-Kommissar steht nicht weniger als die Zukunft Europas auf dem Spiel. “Wir sind nicht hier, um ‘business as usual’ zu besprechen”, sagte Breton und verwies auf die “Konnektivitäts-Revolution”, “Die wahre Disruption wird das Web 4.0 sein. Die Branche muss sich darauf einstellen, um zu überleben.” Netzbetreiber müssten den Wandel zum Anbieter von Netzwerkdiensten vollziehen – “Networks as a Service”.

“Wir stehen am Beginn einer Revolution”, meint Breton – und formuliert erneut den Führungsanspruch der EU: “Wir müssen sicherstellen, dass die EU-Bürger künftig Zugang zu Konnektivität haben. Es geht darum, diesen großen Sprung zur Konnektivität der Zukunft zu schaffen.” Die EU hebe bisher das Potenzial des Binnenmarktes nicht vollständig. “Dieses Mal möchte ich, dass Europa bereit ist – und führt.”

Breton ist mit einem großen Geschenk für die Branche nach Barcelona gekommen. Seit Jahren fordern die Telcos auf dem MWC, die großen Internetkonzerne an den Infrastrukturkosten der Netze zu beteiligen. Bisher sind sie damit bei der EU-Kommission regelmäßig abgeblitzt – doch nicht bei Breton, der früher mal CEO von France Telecom (heute Orange) war. Seit sich die EU in den Kopf gesetzt hat, den Einfluss der US-Riesen im IT-Sektor zurückzudrängen, fallen diese Wünsche in Brüssel auf fruchtbaren Boden. Ende vergangener Woche hat Breton dazu eine Konsultation angekündigt.

Auf dem MWC 2023 erneuerten die Netzbetreiber ihre Forderung. Täglich würden 55 Prozent des Datenverkehrs von nur fünf Unternehmen verursacht, sagte Orange-Chefin Christel Heydemann am Montag in Barcelona. Das koste europäische Telekommunikationsfirmen rund 15 Milliarden Euro im Jahr. In den vergangenen Jahren seien allein in Europa 600 Milliarden Euro in Netze investiert worden. Aber vielen Netzbetreibern falle es schwer, damit Geld zu verdienen. Die politische Regulierung habe die Verantwortung, diese "nicht nachhaltige" Situation auszubalancieren.

Das Projekt ist vor allem eines der großen europäischen Telcos Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone. Kleinere Carrier haben sich in der Debatte lange bedeckt gehalten, doch weil es Geld zu verteilen gibt, pochen sie auf Teilhabe. Doch Regulierungsbehörden, Verbraucherschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen, EU-Parlamentarier und auch eine Handvoll EU-Mitgliedsstaaten – darunter auch Deutschland – kritisieren das Vorhaben. Sie fürchten, dass die Netzneutralität beschädigt wird – und die Zeche am Ende der Verbraucher zahlt.

(vbr)