Kritische 5G-Infrastruktur: Deutschland plant Einschränkung Huawei und ZTEs

5G-Netzbetreibern soll der Einsatz bestimmter kritischer Hardware von Huawei und ZTE verboten werden. Die Deutsche Telekom hat sich verplant.​

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Huawei-Logo und Schriftzug stehen in 3D auf einem Trottoir

(Bild: Rad K/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Bestimmte Steuerelemente der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE sollen aus deutschen 5G-Netzen verbannt werden, um die kritische Infrastruktur zu schützen. Das plane die Bundesregierung aufgrund von Erkenntnissen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), berichtet Zeit Online unter Berufung auf Regierungskreise. Welche Bauteile genau betroffen sind und welche Rechtsgrundlage herangezogen werden soll, wird dabei nicht überliefert.

Das Verbot soll auch bereits verbaute Teile betreffen und würde einer langjährigen Grünen-Forderungen nachkommen. Hintergrund sind nicht nur wiederholte Vorfälle von Wirtschaftsspionage durch Huawei selbst, sondern auch der Umstand, dass westliche Anbieter in der Volksrepublik nicht den selben Marktzugang genießen, wie chinesische Anbieter im Westen.

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Vor allem aber fürchten Geheimdienste und Politiker Spionage und, im Krisenfall, Sabotage durch chinesische Dienste. "Die strikte Einhaltung aller Gesetze und Bestimmungen (…) ist integraler Bestandteil unserer strengen Governance-Standards", hat Huawei in der Vergangenheit betont. Doch seit 2017 dürfen chinesische Geheimdienste jeden Bürger und jede Firma zu Auskunft und Mitarbeit verpflichten, alle Räumlichkeiten betreten, Akten einsehen, Gegenstände beschlagnahmen und Informationen sammeln. Daher sind Beteuerungen chinesischer Firmen, sich an alle Gesetze zu halten, aus ausländischer Sicht keine Beruhigungspille. Beweise für tatsächliche chinesische Spionage mithilfe chinesischer 5G-Netztechnik gibt es zumindest in der Öffentlichkeit keine.

Als Rechtsgrundlagen drängt sich einerseits das 2021 reformierte IT-Sicherheitsgesetz auf. Es erlaubt dem Bundesinnenministerium, den Einsatz "kritischer Komponenten" bei "voraussichtlichen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" zu untersagen. Andererseits enthält das Telekommunikationsgesetz ebenfalls seit 2021 eine Zertifizierungspflicht für kritische Teile von Netzen – das beruht nicht zuletzt auf einem Vorschlag der Deutschen Telekom.

Zum 1. Juli 2022 hat das staatliche BSI ein Zertifizierungsprogramm für 5G-Komponenten aufgelegt. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, aber die bisherigen Erkenntnisse haben die Bundesregierung laut Zeit Online von der Notwendigkeit des Verbots überzeugt. In mehreren anderen wirtschaftlich starken Ländern gelten ähnliche oder noch schärfere Einschränkungen schon seit Jahren. Dazu zählen die engen Verbündeten Australien, Neuseeland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika, aber auch Indien.

Nicht ohne rassistische Untertöne hat die US-Regierung unter Donald Trump 2020 angekündigt, Netzwerke und Apps von Chinesen "säubern" zu wollen. Die Maßnahmen gehen weit über ausgesuchte Steuerelemente in 5G-Netzen hinaus. Für kleine Internet Service Provider (ISP) gibt es finanziellen Ausgleich aus dem US-Bundeshaushalt; allerdings kostet der Ausbau von Huawei und ZTE die USA viel mehr als budgetiert.

Die Kosten dürften auch in Deutschland deutlich ausfallen, da es mit dem Austausch einzelner Steuerelemente nicht getan sein dürfte. Mobilfunknetze bestehen aus zahlreichen Komponenten, die gut zusammenarbeiten müssen, und bewusst so entwickelt werden, dass sie nicht gut mit Hard- und Software anderer Anbieter kooperieren. Wer Teil B austauschen will, muss meist auch A und C ersetzen.

Damit könnten auf die Deutsche Telekom Milliardenkosten zukommen. Sie hat die Zeichen der Zeit ignoriert und pflegt seit Jahren eine enge, strategische Partnerschaft mit Huawei – obwohl die US-Tochter T-Mobile durch Huawei-Mitarbeiter ausspioniert wurde und ein deutsches Verbot niemanden überraschen kann. 2020 hat das Handelsblatt aus einem internen Dokument der Telekom zitiert, wonach das nun vor der Tür stehende Verbot ein "Armageddon" für die Deutsche Telekom wäre. Der Umbau würde fünf Jahre dauern und drei Milliarden Euro kosten.

Huawei

Huawei wurde 1987 von einem ehemaligen Telekommunikationsoffizier der chinesischen Armee gegründet und ist heute ein Vorzeigekonzern Chinas. Der Firmenname kann salopp mit "China hat es drauf" übersetzt werden. Der Erfolg wurde nicht zuletzt mit Beihilfen des chinesischen Staates ermöglicht, durch die Huawei Produkte oft günstiger als die Konkurrenz anbieten kann. ZTE ist Chinas zweitgrößter Netzwerk-Anbieter.

Der einstige Vorschlag der Telekom in der Huawei-Debatte, 5G-Netze durch ein Prüflabor unter staatlicher Aufsicht wie das BSI überprüfen zu lassen, hat das deutsche Verbot zwar aufschieben, aber offenbar nicht verhindern können. Feldversuche der Telekom mit offenen Funknetzen (Open RAN), bei denen Geräte und Software unterschiedlicher Hersteller gut zusammenspielen, haben noch keinen Ausweg aufgezeigt. Open RAN kann diese Erwartungen bislang nicht erfüllen.

Ob das BSI tatsächlich Hintertüren und deren aktive Nutzung gefunden hat, ist gar nicht entscheidend. Am Ende des Tages ist es eine Frage des Vertrauens, ob Huawei und ZTE die richtigen Partner für kritische deutsche Infrastruktur sind. "Telekommunikationsnetze sind anfällig für böswilliges (…) Eindringen oder störende Aktivitäten", hat es der Geheimdienstausschuss des US-Unterhauses schon 2012 formuliert, "Daher muss zu jeder Zeit ein ausreichendes Niveau an Vertrauen gegenüber dem Lieferanten der Ausrüstung als auch (dem Betreiber) gegeben sein."

Der Parlamentsausschuss hob die besondere Bedeutung der Telekommunikation hervor: Vom Stromnetz über das Finanzsystem, die Energie- und Wasserversorgung bis zum Transportwesen sind alle wichtigen Infrastrukturen von Datenverbindungen abhängig. Ein Problem in einem Telekommunikationsnetz kann eine Kettenreaktion auslösen.

(ds)