Kommentar: Die Debatte zum Verbrenner-Aus ist bizarr

Hartnäckig kämpfen FDP und VDA darum, Neuwagen mit Verbrenner auch nach 2035 noch zulassen zu dürfen. Warum nur, fragt sich Martin Franz

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BMW Motor

Viele Jahre hat der Verbrennungsmotor im Pkw dominiert. Mit dem batterieelektrischen Antriebsstrang steht eine effizientere Alternative bereit, die in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat - und weiterhin machen wird.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

E-Fuels stehen nicht massenhaft zur Verfügung, und nach allem, was absehbar ist, wird sich das auch so schnell nicht ändern. Dennoch dienen sie als Argument dafür, auch nach dem 31. Dezember 2034 Autos mit Verbrennungsmotor erstmals zulassen zu dürfen. FDP und der Verband der deutschen Autoindustrie (VDA) kämpfen vehement dafür. Warum und vor allem für wen erschließt sich allerdings nicht.

Zunächst aber muss nochmals mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufgeräumt werden. Der Verbrennungsmotor wird 2035 nicht etwa verboten. Noch viele Jahre danach wird er betrieben werden können, er wird aller Voraussicht nach noch lange Zeit global im Bestand die Pkw-Antriebsquelle Nummer 1 bleiben. Beim diskutierten Aus ab 2035 geht es um ein Zulassungsverbot für Neuwagen. Anders formuliert: Es geht darum, in zwölf Jahren so weit zu sein, dass der Bestand an Autos mit Verbrennungsmotor nicht weiter anwächst. Niemand, der momentan auf der politischen Bühne mitzureden hat, plädiert also dafür, die Nutzung von Verbrennern ab 2035 zu verbieten.

Mit synthetischen Kraftstoffen lässt sich ein Verbrenner weniger umweltschädlich betreiben als mit Sprit aus Erdöl. Er wird mithilfe von regenerativen Energien erzeugt. Bei der Produktion soll der Umwelt so viel CO₂ entzogen werden, wie nachher bei der Verbrennung wieder dorthin entlassen wird. An den Verhältnissen vor Ort ändert sich mit E-Fuels erst einmal nichts. Lärm, Schadstoffe und, nicht etwa zu vergessen, ein insgesamt unterirdischer Wirkungsgrad bei Betrieb und Produktion, bleiben bestehen – ob nun synthetischer oder erdölbasierter Sprit verbrannt wird.

Doch das verfängt bei den Befürwortern nicht. Ihnen reicht die verbesserte CO₂-Bilanz aus, um für Verbrennungsmotoren in Neuwagen auch ab 2035 zu plädieren. Eine aktuelle Umfrage des ARD-DeutschlandTrends zeigt, dass diese Argumentation bei einem relevanten Teil der Bevölkerung haften bleibt. Die märchenhafte Erzählung, mit E-Fuels gehe es einfach weiter wie bisher, ist etwas, das nicht nur einige Kreise von oben immer wieder vortragen. Sie ist auch das, was viele glauben möchten.

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Bei näherer Betrachtung allerdings wird rasch klar, dass diese Hoffnung vergeblich sein wird. Weder stehen E-Fuels auf absehbare Zeit massenhaft zur Verfügung, noch wird das perspektivisch so billig, dass ernsthaft anzunehmen wäre, der Bestand ließe sich mit ihnen unverändert nutzen – von zusätzlichen neuen Fahrzeugen ganz zu schweigen. Zumal sich um die raren E-Fuels zahlreiche Abnehmer rangeln werden, bei denen es weit schwieriger wird, Kraftstoffe aus Erdöl zu ersetzen.

Unklar bleibt vor allem aber, wofür genau VDA und FDP eigentlich derart resolut kämpfen. Sie wollen, dass auch nach 2034 Neuwagen zugelassen werden können, wenn sie ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. Allerdings hat die Autoindustrie nahezu flächendeckend bereits beschlossen, schon vor diesem Datum keine Neuwagen mit Verbrenner mehr anzubieten. Ausnahmen davon wird es eventuell geben, doch dieser Antrieb ist im Spätherbst seines Lebens. In welche Neuwagen VDA und FDP also E-Fuels, die es auch bis dahin vermutlich nicht in relevantem Umfang auf dem Weltmarkt geben wird, kippen wollen, ist unklar.

Die Gegenseite könnte sich nun eigentlich entspannt zurücklehnen und das alte FDP-Motto einfach wirken lassen: Der Markt wird es regeln. Dafür spricht auch, dass Politik ein Basar ist. Geben die Gegner von E-Fuels nach, können sie an anderer Stelle eine ihrer Forderungen durchsetzen. Sorgen müssen sie sich in diesem Fall kaum. Sie könnten den Befürwortern die Erklärungen dafür überlassen, wo die neuen Verbrenner herkommen sollen, wie der Sprit bezahlbar und in ausreichender Menge produziert werden soll und wie sichergestellt wird, dass nur E-Fuels in die Tanks gefüllt werden.

Antworten darauf gibt es, doch zusammengenommen ist nicht zu erwarten, dass jemand hier ein groß angelegtes, aussichtsreiches Geschäftsmodell entwickeln wird. Aus der heutigen Perspektive werden Neuwagen, die ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, ab 2035 kaum eine Relevanz auf Markt und Umwelt haben. Jedenfalls keine, die aktuell so dringend hochgradig erhitzt diskutiert werden müsste.

(mfz)