SCO wirft Linux-Fans DoS-Attacken vor

Die Auseinandersetzung um die angebliche Verletzung des geistigen Eigentums von SCO an Unix-Techniken scheint langsam etwas außer Kontrolle zu geraten.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Auseinandersetzung um die angebliche Verletzung des geistigen Eigentums von SCO an Unix-Techniken scheint langsam etwas außer Kontrolle zu geraten: Nachdem die Server des Unix-Traditionshauses am vergangenen Freitag unter einem Denial-of-Service-Angriff fast zusammenbrachen, beschuldigt SCO nunmehr Mitglieder der Linux-Community, für die Attacke verantwortlich zu sein.

SCO erklärte, ein Distributed-Denial-of-Service-Angriff (dDoS) habe bis zu 90 Prozent der Bandbreite im Backbone von SCOs Internet-Provider in Lindon (US-Bundesstaat Utah) aufgebraucht. Der Provider habe insgesamt 138 Maschinen identifiziert, die von den Angreifern für die Attacke mit dDoS-Tools infiziert wurden. Den eigentlichen Ursprung des Angriffs habe man aber noch nicht herausgefunden; der Provider bezeichnete den Angriff aber als zweitgrößten, den die Firma je erlebt habe.

SCO-Sprecher Blake Stowell glaubt aber bereits zu ahnen, wer hinter dem Angriff steckt. Der sei innerhalb von 48 Stunden gefahren worden, nachdem IBM seine Antwort auf die Anschuldigungen von SCO wegen Urheberrechtsverletzungen vorgelegt habe: "Aufgrund dieser zeitlichen Nähe untersuchen wir sehr sorgfältig, ob es eine Verbindung gibt zwischen SCOs juristischen Schritten und einigen aus der Linux-Community, die SCO wegen des Bestehens auf seine Rechte feindlich gegenüberstehen." Unglücklicherweise hätten einige Programmierer, die mit SCOs Firmenpolitik nicht übereinstimmen, die Gefährlichkeit von Cyber-Terrorismus ignoriert. "Dies ist ein Fehler auf Seiten der Leute, die daran beteiligt sind, denn wir werden dies strafrechtlich verfolgen, und zwar mit aller Härte des Gesetzes, und wir werden alles dafür tun, um sicherzustellen, dass es für das Begehen dieses Verbrechens eine gerechte Strafe gibt", betonte Stowell.

Die SCO Group -- vormals Caldera -- hatte IBM auf eine Milliarde US-Dollar Schadensersatz verklagt, weil IBM im Rahmen seiner Linux-Initiative geistiges Eigentum von SCO gestohlen haben soll. Einige Patente, Urheberrechte und Kerntechnologien im Besitz von SCO datiert das Unternehmen auf das Jahr 1969 zurück, als in den Bell Laboratories der erste Unix-Quellcode programmiert wurde. Das berühmt-berüchtigte geistige Eigentum von AT&T an Unix -- und die damit verbundenen, seit 1983 von AT&T erhobenen teuren Unix-Lizenzen -- wurde später an Novell Networks verkauft. Die Netzwerk-Spezialisten wollten einst mit einem eigenen Unix reüssieren. Novell wiederum verscherbelte die Besitztümer später an SCO.

Mit der Übernahme von OpenServer und UnixWare durch Caldera ging das geistige Eigentum an den AT&T-Unix-Entwicklungen dann an Caldera über und landete durch deren Umbenennung wieder bei der SCO Group. Nach Interpretation von SCO gehören dem Unternehmen damit die Rechte an AT&Ts Ur-Unix und damit auch an allen modernen Unix-Versionen inklusive Linux, die laut SCO alle von Unix System V abgeleitet sein sollen. Einige der Vorwürfe, die SCO gegenüber IBM erhebt, resultieren zudem aus dem Monterey-Projekt, bei dem beide Firmen an einem 64-Bit-Unix für Intel-Prozessoren arbeiteten. IBM wies die Vorwürfe bereits in einer Eingabe bei Gericht als haltlos zurück.

Bei SCO glaubt man aber zudem belegen zu können, dass Teile des Source-Codes des eigenen Unix-Systems in das frei erhältliche Linux kopiert wurden und wirft daher auch SuSE und Red Hat Verletzung der eigenen Rechte vor. SuSE allerdings sieht sich, unabhängig davon, dass man die Anschuldigungen für unhaltbar ansieht, durch Cross-Licensing im Rahmen der Kooperation bei der United-Linux-Initiative auf der sicheren Seite. Von Linux-Protagonisten werden die Versuche von SCO, sich durch Lizenzen neue Einnahmequellen zu erschließen, zwar als "Anschlag auf das Herz der Community" bezeichnet, aber keineswegs als Anlass für dDoS-Attacken. Denn so richtig ernst zu nehmen erscheint SCOs Vorgehen vielen nicht: Bruce Perens etwa beschrieb das Vorgehen von SCO als Selbstmordversuch, Eric S. Raymond nannte es vollständig bescheuert. (jk)