Wo bleibt der europäische Hybrid?
Die Entwicklung von Hybrid-Fahrzeugen stellt in vielen Details völlig neue Anforderungen an die Automobilentwickler. Doch nur eine kompromisslose technische Umsetzung wird die Kunden auch auf Dauer überzeugen
- Gernot Goppelt
Wusste noch vor wenigen Jahren kaum jemand, was man unter einem Hybridantrieb zu verstehen hat, kennt ihn heute fast jedes Kind. Der Begriff Hybrid steht für innovativ, ökologisch, verbrauchs- und emissionsarm. Die Werbung, vor allem des so erfolgreichen Herstellers Toyota, hat diesen Zusammenhang in den Köpfen der Menschen verankert. Schauspieler und andere „öffentliche Personen“ transportieren diese Werte und können dabei noch etwas für ihr eigenes Image tun.
Die Wirkung ist nicht ausgeblieben: Selbst unsere Politiker setzen auf Hybridfahrzeuge, wenn es darum geht, mit Hilfe sauberer Fahrzeuge einen Beitrag für Klima- und Umweltschutz zu leisten. Das wusste beispielsweise auch Frau Künast, die für ihren Vorschlag, die Dienstfahrzeuge der Ministerien durch den Toyota Prius zu ersetzen, allerdings nicht den einhelligen Beifall ihrer Kollegen bekam.
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Der jüngste Vorstoß der Europäer: Porsche hat den Cayenne Hybrid für 2009 angekündigt. (Bild: Porsche)
Emotion und Image allein reichen nicht
Doch Emotion und Image alleine reichen nicht, den Hybrid auf Dauer zu etablieren. Vielmehr muss die Technik beweisen, dass sie dem konventionellen Verbrennungsmotor allein überlegen ist. Dieser Nachweis muss unter Abwägung aller ökologischen und ökonomischen Auswirkungen geführt werden.
Im weiteren Sinne werden unter der Bezeichnung Hybridantrieb Fahrzeugantriebe mit mehr als einer Antriebsquelle verstanden. Das, was wir heute als Hybridantriebe auf der Straße sehen, sind Kombinationen aus Verbrennungsmotor und Elektroantrieb. Die konkrete Auslegung im Fahrzeug kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Übergeordnetes Ziel jedes Hybridantriebs ist in jedem Fall, die verschiedenartigen Antriebskomponenten so zu kombinieren, dass die Vorteile größer sind als die Nachteile durch den erhöhten technischen Aufwand des Hybridantriebs.
Micro-, Mild- und Full-Hybrid
Für den Pkw-Einsatz kommen ausschließlich parallele oder leistungsverzweigte Hybridstrukturen in Frage, die sich dadurch auszeichnen, dass es neben dem elektrischen auch immer einen mechanischen Pfad der Kraftübertragung gibt. Eine serielle Struktur, bei der der Verbrennungsmotor nur zur Stromerzeugung herangezogen wird, die Kraftübertragung jedoch rein elektrisch erfolgt, kommt sowohl aus energetischen als auch aus preislichen und Platzgründen nicht in Frage.
Nach der Dimensionierung der elektromotorischen Leistungsfähigkeit (Elektromotor und Batterie) unterscheidet man zwischen Micro-, Mild- und Full-Hybrid. Der Aufwand wächst mit dem Grad der Elektrifizierung, die Verbrauchsvorteile steigen jedoch nicht im gleichen Maße. Also müssen Full-Hybrid-Fahrzeuge im Sinne des „besseren“ Systems noch weitere Vorteile aufweisen als die Micro- und Mildhybride.
Bremsenergie nutzen
An erster Stelle der Vorteile steht die Möglichkeit der Bremsenergierückgewinnung. Die Bewegungsenergie des Fahrzeugs, die beim Verzögern an den Bremsen normalerweise in nicht mehr nutzbare Wärmeenergie umgewandelt wird, kann im Hybridfahrzeug mit Hilfe der als Generator betriebenen elektrischen Maschine in Strom gewandelt und in den mitgeführten Batterien gespeichert werden. Anschließend wird diese elektrische Energie zum Beschleunigen des Fahrzeugs genutzt. Da Energieumsetzungen immer auch mit Verlusten einhergehen, kann jedoch nur ein kleiner Teil wiedergewonnen werden. Bezogen auf den Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ ergibt sich durch die Bremsenergierückgewinnung ein Verbrauchsvorteil von etwa 5 Prozent.
Verbrennungsmotor ausschalten
Der zweite große Vorteil eines Hybridantriebs besteht in der Vermeidung des verbrennungsmotorischen Leerlaufbetriebs. Auch hier sind im NEFZ Verbrauchsvorteile von etwa 5 Prozent möglich. Allerdings ist eine Motorabschaltung in Stillstandszeiten auch im konventionell angetriebenen Fahrzeug machbar, eine entsprechende Auslegung von Starter und Starterbatterie vorausgesetzt. Es bleibt jedoch der Vorteil des schnellen und komfortablen Hochlaufs des Verbrennungsmotors – möglich durch die leistungsfähige Elektromaschine.