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Was war. Was wird.

Code warst du und Code wirst du wieder werden: An diesem Wochenende steigt Hal Faber noch einmal mit SCO in den Ring und wundert sich über die Zufriedenheit der Belauschten.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Da räkelt und hübscht sich SCO, schrieb ich in prophetischer Stimmung, und siehe da, pünktlich zur hauseigenen Messe für Politiker hatte Microsoft ein Einsehen. Dabei muss nicht einmal viel Geld geflossen sein, denn im Gegenzug bekam die nicht eben viel beschäftigte SCO den Auftrag, Active Directory für Unix für Microsoft zu entwickeln. Sollten doch Gelder von Microsoft in die Unix-Lizenz geflossen sein, so sicher nur, um bei SCO die enormen Kosten für den Traum vom papierlosen Büro etwas zu mildern. Wo doch Microsoft selbst die Kosten der Printouts für Meetings nur durch das hausinterne WLAN drücken konnte. Wo doch Steve Ballmer Aktien verkaufen muss, um eventuell SCO beizustehen.

*** Wie letztens erwähnt, hat Microsoft kaum Geld und spart deshalb an der Entwicklung neuer Toiletten mit Internet-Anschluss. Das ist bedrückend, nicht zuletzt für den immer unbekannter werdenden Bill Gates. Wie wäre es mit einer public-private Partnership in Seattle? Hannover macht es doch vor: In unserer schönen Stadt werden die stillgelegten öffentlichen Toiletten als Übungsräume an Musiker vermietet. Rock ist in der kleinsten Hütte. Angesichts der heutigen Gitarrentechnik folgt das Internet zwangsläufig. Und wenn Heavy Metal aus dem Abort dröhnt, so sind vielleicht patriotische Berserker am Werk. Damit keine Missverständnisse aufkommen: in Hannover dröhnen nur die Scorpions.

*** Nun hat der glückliche Familienpatriarch Linus Torvalds den von SCO ungeschickt angefachten Schwurbel mit dem Klonbaby der Raelianer verglichen. Eine interessante Perspektive ist das, weil sie SCO ewiges Leben verspricht, sollte der Code DOCH existieren, sollte die raelistische Revolution DOCH kommen. Denn ungeklärt ist noch, wie oft das Wort Elohim im Source Code steckt. Wird er kommen, der Tag, an dem sich der geheimnisvolle Copyright-Holder offenbart? Was sagt es uns dann, wenn die Prominenz ausgerechnet am 23. 5. 2--3 den Mysterien-Park eines Erich von Däniken einweiht?

*** Der Dieter Bohlen der Okkulten läuft damit fast dem Großmeister Edward Bulwer-Lytton den Rang ab, der heute seinen 200. Geburtstag feiert. In seinem von Rudolf Steiner übersetzten Roman von der kommenden Rasse der unterirdisch lebenden Übermenschen feierte Bulwer-Lytton die Urkraft Vril und inspirierte nicht nur die Matrix der Brüder Wachowski, sondern auch die Reicharbeitsgemeinschaft Das kommende Deutschland.

*** Unter der Erde warten nicht nur Übermenschen auf das vierte Reich. Dort unten, in der Neuromancer-Widerstandskolonie Zion, ist der Bär los. An dieser Stelle habe ich letztens über die Hacker im Film geschrieben, doch diese Stelle sollte geschnitten werden, weil sie einfach zu gefährlich ist. Weil Neo und Konsorten religiös, religiös, philosophisch und sogar psychologisch schwer überdeterminiert sind, sei an dieser Stelle an einen anderen Film erinnert, der ebenfalls am Donnerstag bei uns angelaufen ist. Power und Terror ist ein Dokumentarfilm über Noam Chomsky, der keine Rekordquoten bringt, dafür aber den Verstand behelligt.

*** "Es geht mir sehr gut, danke, bitte schön," murmelt es an allen Ecken in Alphaville, als Lemmy Caution eintritt und die Welt von der Herrschaft des Computers Alpha 60 befreit, den der böse Wissenschaftler Vonbraun programmiert hat. Lemmy Caution, der Gedichte liebende Journalist von Le Figaro-Pravda liest dem Computer aus der Hauptstadt des Schmerzes von Paul Éluard vor und bringt das Teil zum ultimativen Bluescreen. Was ist ein Jüngelchen wie Neo gegen Lemmy Caution? Alphaville ist übrigens überirdisch. "Es geht mir sehr gut, danke, bitte schön", murmeln Bundesbürger heute, wenn sie befragt werden: Obwohl das Mitlauschen am Arbeitsplatz gesetzlich verboten ist, haben 56 Prozent aller Befragten Verständnis für die Spitzelei. Denn nur der Bespitzelte kann zeigen, wie sehr er für die Firma lebt, wie sehr er IWAN verinnerlicht hat. IWAN steht ab sofort für "Innovation, Wachsamkeit, Arbeit und Nichtfragen". Wie im Falle der Berufsverbote ist IWAN eines der Worte, für das wir der 140 Jahre alten SPD noch einmal danken werden müssen. Zusammen mit ANGELA (Arbeit, Neuanfang, Grundsätze, Entscheidung, Leistung und Aufschwung) zeigt es uns doch, dass der Hang zu Akronymen endlich aus der Ecke der Computerei in die freie Wildbahn drängt.

*** Sinnlos wie TEOS sind sie allemal. Der unmittelbare Vorteil liegt allein darin, dass unter der Hand die Aussage passend zugeschnitten werden kann, wenn etwa aus der bedrohlichen Total Information Awareness eine staatstragende Terrorist Information Awareness wird. So geschehen in Amerika, wo ein weiteres Geburtstagskind im Zeichen der Zeit unbeachtet bleibt. Ralph Waldo Emerson, der Prediger des "Traue dir selbst!", der 50 Jahre lang in Harvard Hausverbot hatte, weil er Theologen das Verständnis anderer Religionen zur Pflicht machen wollte, ist im Amerika der Bin-Laden-Jäger eine Nicht-Option geworden. "Die erste Hilfe zur Verständnis des Anderen ist, dass jeder eine Kopie des Universums ist". Aber nicht doch. Erste Hilfe sieht anders aus: We have premier help.

Was wird

St. Petersburg feiert am Dienstag seine Gründung vor 300 Jahren und vergisst dabei seinen Beitrag zur Entwicklung der Rechentechnik. Die Abkömmlinge dieser Maschinchen wurden nach dem 2. Weltkrieg bei uns als Brunsviga-Rechengehirne verkauft. Made in Braunschweig natürlich.

Am Anfang war das Chaos. Doch dann stand da der Monolith, den die Affen berührten und es ertönte das Kyrie aus dem Requiem von György Ligeti. Die ersten menschlichen Stimmen, die in dem Film 2001 - Odyssee im Weltraum zu hören sind, rufen nach Gott. Später hören wir Ligetis Athmosphères, aber so verfremdet, dass sich der Regisseur Stanley Kubrick einen Plagiats-Prozess von Ligeti einfing, den der Komponist gewann. Am Mittwoch wird György Ligeti 80 Jahre alt. Es ist an der Zeit, den eigentlichen Filmkomponisten von "2001" zu ehren.

Nach all den Mächten drinnen wie drunten ist der Hinweis nicht unpassend, dass es das alles vereinende Christentum gibt und selbiges in Berlin den ökumenischen Kirchentag begeht. Die Funkausstellung Gottes glänzt mit einem vereinigten Download-Bereich, in dem ein Desktop-Icon für Windows angeboten wird. Mit 265 Farben! Und was ist mit den Apple-Fans? Für sie gibt es nur die heilige Brigitte von Irland und die auch nur, wenn alle Hühnchen gerupft sind. Über Linux und die Elohim ist weiter oben alles gesagt.

Code warst du und Code wirst du wieder werden. Dazwischen bist du aber Kunst und hast auf der read me in Helsinki deinen großen Auftritt. Bestechend hier vor allem Kraut, mit dem Texte für den nächsten deutschen Grand-Prix-Beitrag verfasst werden können. Text dat vas r-r-run drough Kraut, gefüttert mit den richtigen Vorlagen.

"Es geht mir sehr gut, danke, bitte schön." (Hal Faber) / (em)