Neues Urheberrecht sorgt für neue Diskussionen

Die Musikindustrie hofft, das Verbot der Privatkopien aus rechtswidrigen Quellen bremse den Umsatzrückgang. Software-Firmen zweifeln an der Notwendigkeit der Regelung. Gerätehersteller fordern die Abschaffung der Urheber-Pauschalabgaben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft soll, wenn es nach dem vom Bundestag angenommenen Kompromiss im Vermittlungsausschuss nun auch den Bundesrat erneut passiert hat, vor allem die Vervielfältigung von Raubkopien von Filmen und Musik zum privaten Gebrauch unterbinden. Die Musikindustrie jedenfalls begrüßt die neuen Regelungen. "Grundsätzlich ist das ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Thorsten Braun, Justiziar der deutschen Phonoverbände. Wichtig sei aber, dass in einem nächsten Schritt nicht nur die Kopien aus offensichtlich rechtswidrigen Quellen, sondern aus jeder nicht legalen Quelle verboten werde.

Der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände, Gerd Gebhardt, mahnt das schnelle Inkrafttreten des Gesetzes an. "Es bietet Urhebern und Verwertern bessere Möglichkeiten zum Schutz ihrer Werke als bisher." Hartmut Spiesecke, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft, ergänzt: "Das neue Gesetz wäre superwichtig für die Industrie. Wir erwarten, dass die Umsatzrückgänge zumindest gebremst werden."

Ganz anderer Ansicht ist Robert Knapp vom Softwareunternehmen S.A.D. (MovieJack, DVD Copy Suite): "Wir als Mittelständler verlieren durch das Gesetz den Umsatz in Deutschland, denn unsere gesamte Software wird auf einen Schlag illegal", klagt er gegenüber dpa. Übergangsfristen seien nicht geplant. "Dazu kommt, dass das neue Gesetz nicht mal die Frage der Raubkopien löst." Gegen die könne schon heute rechtlich erfolgreich vorgegangen werden. "Man fragt sich, warum das nicht geschieht", sagt Knapp. "Ein neues Gesetz ist dafür gar nicht nötig."

Der Hardwarehersteller Hewlett-Packard dagegen nimmt die Änderungen wie die Musikbranche positiv auf. Der Verbraucher werde damit auf die Rechte der Urheber hingewiesen, sagte Bernd Winnemöller, der bei HP für Urheberrechtsfragen verantwortlich ist, am heutigen Freitag in einem dpa-Gespräch. "Zudem hoffen wir, dass mit der Novellierung des Gesetzes das Unrechtsbewusstsein gegen das Verbreiten illegaler Inhalte gestärkt wird."

"Alle drei Monate veröffentlicht die Unterhaltungsindustrie Zahlen, die beweisen sollen, unter welchen enormen Umsatzeinbußen sie durch Internettauschbörsen und der globalen Zugänglichkeit und Verbreitung von Musik und Filmen leidet. Doch beim Verbraucher existiert kein Unrechtsbewusstsein, solange nicht der Gesetzgeber die Rechte der Urheber stärkt", sekundiert Regine Stachelhaus, Geschäftsführerin von Hewlett-Packard und Sprecherin der Initiative der Druckerhersteller gegen Pauschalabgaben die Änderung.

Die Druckerhersteller und die Produzenten von PCs und CD-Brennern haben sich in der Vergangenheit einen heftigen Streit mit den Verwertungsgesellschaften um Pauschalabgaben für solche Geräte geliefert. Die Gerätehersteller fordern jetzt in einem weiteren Schritt, dass das Vergütungssystem für Urheber erneuert wird. "Bislang werden Pauschalbeträge auf bestimmte Geräte wie Kopierer, Scanner und CD-Brenner bezahlt und an die Verwertungsgesellschaften abgeführt. Diese Abgaben dienen der Entschädigung der Urheber, wenn deren Werke legal vervielfältigt werden", erläutert Winnemöller. Die Verwertungsgesellschaften allerdings sehen auch Drucker, PCs und Scanner als potenzielle Kopiergeräte an und fordern Abgaben.

Die Initiative der Druckerhersteller etwa drängt darauf, dass bei der ab September beginnenden zweiten Stufe der Gesetzesnovellierung pauschale Abgaben auf PCs und Peripheriegeräte zur Diskussion gestellt werden und auf individuelle Abrechnungen per Digital Rights Management umgeschwenkt wird. "Wir hoffen, dass auch in der zweiten Stufe der nicht autorisierten Kopie von urheberrechtlich geschützten Inhalten vorgebeugt wird. Wenn die Rechteverwerter ihre reduzierten Zahlungseingänge auf Gerätehersteller und letztendlich den Verbraucher abwälzen, wäre das ungerecht und wettbewerbsfeindlich", meint Stachelhaus.

Der Vorstand der VG Wort, Ferdinand Melichar, meinte allerdings bereits bei der jüngsten Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes über Urheber-Pauschalabgaben für PCs: "Bürger müssen auch weiterhin die Möglichkeit haben, Texte und Bilder für private Zwecke zu kopieren, ohne mit dem geltenden Urheberrecht in Konflikt zu kommen." Die Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort halten pauschale Geräteabgaben für praktikabel und bewährt. Sie argumentieren, diese Abgaben stärkten "das Recht auf Privatkopie" -- was die Gerätehersteller wiederum als irreführende Argumentation bezeichnen.

Zum neuen Urheberrecht siehe auch: (jk)