SCO vs. Linux: Eingebettet ruht sich's sanft

Der Embedded-Linux-Spezialist Montavista lehnt jede Lizenz-Zahlungen an SCO wegen angeblich geklautem Code in Linux ab; die Firma glaubt, dass sich die Auseinandersetzung mit SCO in spätestens 6 Monaten erledigt hat.

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Von
  • Detlef Borchers

Im Zuge der Besitzansprüche der SCO Group wegen angeblich geklautem Source-Code in Linux wurde Anfang August von SCO die Forderung erhoben, dass Firmen, die Embedded Linux verwenden, 32 Dollar Lizenzgebühren pro Gerät zahlen müssten. Zu dieser Forderung, die den Massenmarkt der auf Linux basierenden Kleingeräte wie Mobiltelefone und PDA nachhaltig treffen würde, gab es bislang keine Stellungnahme der betroffenen Firmen. In einem Interview mit heise online hat nun einer der großen Hersteller Position bezogen: Montavista, der gerade als Systemlieferant für das neue Motorola-Smartphone öffentliche Aufmerksamkeit genießt, ferner Lieferant für das TV-Tuner-Linux von Matsushita und Samsung, lehnt das Ansinnen der SCO Group ab.

Im Interview betonten Vizepräsident Jason Wacha und Marketing-Leiter Bill Weinberg, dass die Ansprüche der SCO Group völlig überzogen und unrealistisch seien. "Zum einen ist der Preis von 32 Dollar pro Gerät völlig unrealistisch, ein absoluter Mondpreis. Wir reden hier über einen Massenmarkt, in dem das Betriebssystem allerhöchstens ein paar Dollar ausmacht, selbst wenn es proprietär entwickelt wurde. Hier rechnet man generell mit fallenden Preisen bei großen Stückzahlen, etwa bei 10.000 oder 100.000 Einheiten. Nicht so bei SCO, da rechnet man 32 US-Dollar pro CPU. Zum anderen sind die Bereiche, in denen SCO eine Verletzung ihrer Rechte ansiedelt, also SMP, NUMA und IA64-Code, bei großen Multiprozessorsystemen anzutreffen. Selbst wenn alle Ansprüche von SCO stimmen sollten -- was wir nicht glauben --, so ist weniger als 10% von dieser Technik in unserem Bereich anzutreffen. Auch daher ist die Summe aus der Luft gegriffen. Wir fordern daher unsere Kunden eindringlich auf, nicht auf die Forderungen der SCO Group einzugehen", erklärte Jason Wacha, der vor seiner Arbeit für Montavista als gelernter Jurist in einer Kanzlei auf Lizenzfragen spezialisiert war.

Kunden, die ihn fragen, verweist Wacha auf die umfangreiche Website zum Thema SCO. Im Unterschied zu anderen Juristen glaubt Wacha nicht an ein jahrelanges Tauziehen der beteiligten Anwälte. "Das ist eine nicht fundierte Sache, die die (Linux-)Community nicht im geringsten beeinflusst. Üblicherweise dauern Verfahren dieser Art sehr lang, wenn es um Fragen des geistigen Eigentums geht, aber ich denke, dass die Sache in spätestens 6 Monaten vorüber und SCO wieder zurück in der Ecke ist. Die Reaktion aller Beteiligten ist einheitlich, die Beweise fehlen, die Community kann fix alle Stellen reparieren. Vor allem hat SCO die Open-Source-Lizenz GPL selbst einmal akzeptiert. Deshalb dieser verzweifelte Versuch, die GPL komplett zu entwerten und mit dem amerikanischen Recht unvereinbar zu erklären."

Die in der Szene beliebte Theorie, dass Microsoft hinter den Anklagen von SCO steht, möchte Marketing-Leiter Bill Weinberg nicht gelten lassen, "jedenfalls nicht im großen Bereich der Steuerungs- und Unterhaltungstechnik, für den wir Linux anpassen. Hier haben wir große, harte Konkurrenten, die nicht auf Linux setzen, aber nicht Microsoft, nicht Windows CE. Schauen Sie sich den Bereich Smartphones an, hier ist Microsoft Außenseiter. Was natürlich nicht heißen soll, dass man Microsoft nicht ernst nehmen muss. Sie können immer eine Firma aufkaufen und sehr ungemütlich werden."

Wacha wie Weinberg hoffen, dass die SCO Group so schnell wie möglich ihre Beweise auf den Tisch legt, damit alle Beteiligten reagieren können. Doch gerade in diesem Punkt ist die SCO Group eher dabei, weitere Unklarheiten zu produzieren. So ist die Gruppe der Spezialisten, die den Linux-Quellcode nach geklauten Zeilen durchsuchte, mittlerweile nicht mehr eine Gruppe von MIT-Mathematikern, wie früher von SCO behauptet. Nun heißt es nach einer Mitteilung der MIT-Webzeitung "The Tech" nur noch, dass einer der Experten mit dem MIT verbandelt war. Genaueres könne SCO nicht sagen, weil die Arbeitsverträge zur Geheimhaltung verpflichten würden. Eine beim MIT durchgeführte Suche nach möglichen Mathematikern, die als Code-Hunter gearbeitet haben könnten, blieb gemäß "The Tech" ohne Erfolg.

Zu den jüngsten Entwicklungen im Streit zwischen SCO, der Open-Source-Gemeinde und den Linux-Firmen siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)