Elektrosensibilität: Stadt Wangen schaltet nachts öffentliches WLAN ab

Aus Rücksicht auf manche Menschen wird in der Stadt Wangen nachts das öffentliche WLAN abgeschaltet. Solche Pläne soll es auch in Ravensburg geben.

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Blick auf die Altstadt von Wangen.

(Bild: Christoph Morlok / wangen.de)

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In der oberschwäbischen Stadt Wangen wird seit diesem Monat das dortige öffentliche WLAN täglich von 23 Uhr bis 5 Uhr abgeschaltet. Die Stadt wolle den Menschen, die sich vom WLAN negativ beeinflusst fühlen, eine störungsfreie Nachtruhe ermöglichen, teilte ein Sprecher der Stadt heise online mit. Das "Bündnis Verantwortungsvoller Mobilfunk" habe sich dafür eingesetzt, es habe darüber mit der Stadtverwaltung schnell eine Einigung erzielt werden können.

Die temporäre Abschaltung sei auf die Hotspots in der Altstadt begrenzt, heißt es weiter aus Wangen. Dort seien die Zugriffszahlen in der betreffenden Zeit ohnehin gering gewesen. An anderen Orten wie zum Beispiel in Flüchtlingsheimen werde das WLAN nicht abgeschaltet, damit die Bewohner dort Kontakte zu ihren Herkunftsländern halten können.

In der Stadt Ravensburg, etwa 30 km entfernt von Wangen, gibt es ähnliche Pläne. So sollen Menschen, die sich als elektrosensibel empfinden, entlastet werden, also solche Menschen, die meinen, elektrische oder magnetische Felder wahrnehmen zu können.

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"Wir stehen in stetigem Austausch mit der Agendagruppe Mobilfunk. Das ist eine Bürgergruppe in Ravensburg, die sich mit der Thematik Mobilfunkstrahlung beschäftigt", teilte die Stadt Ravensburg heise online mit. Die Gruppe stehe in Kontakt mit dem BUND und der Selbsthilfegruppe für Umweltkranke in Ravensburg.

Die Agendagruppe habe darum gebeten, das öffentliche WLAN in der Nachtzeit auszuschalten, um in der nächtlichen Ruhephase die Strahlenbelastung zu reduzieren. Dieser Bitte wolle die Stadt Ravensburg demnächst nachkommen und die Hotspots von 22 bis 6 Uhr abschalten. Sie wolle damit einen Beitrag leisten, die Strahlenbelastung insgesamt im Rahmen zu minimieren.

In der Vergangenheit sei immer wieder thematisiert worden, dass durch das Streamen von Musik über Smartphones und Lautsprecherboxen in der Nacht und in den frühen Morgenstunden Lärm verursacht wird, heißt es weiter aus Ravensburg. Das WLAN abzuschalten könne hier eine Verbesserung für die Altstadtbewohner bringen und Einsätze für Polizei und Ordnungsdienst reduzieren. "Da wir in der Nachtzeit kaum Logins im öffentlichen WLAN haben, ist daher diese Einschränkung aus unserer Sicht gut vertretbar", teilte der Sprecher mit. Ein weiterer Aspekt sei, dass mit der nächtlichen Abschaltung Strom gespart werden könne.

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Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rät nicht dazu, WLAN im öffentlichen Raum nachts abzuschalten, heißt es in einer Stellungnahme des BfS gegenüber heise online. "Die Feldstärken elektromagnetischer Felder von WLAN-Routern bleiben in der Regel deutlich unterhalb der empfohlenen Grenzwerte. Diese schützen vor sämtlichen nachgewiesenen gesundheitlichen Wirkungen." Soweit von den Herstellern Mindestabstände für den körpernahen Betrieb angegeben werden, sollten diese beachtet werden, teilte das BfS mit.

"Die Technik, die bei öffentlichen WLAN-Netzen eingesetzt wird, unterscheidet sich nicht von der in Privathaushalten. Die Sendeleistung der WLAN-Router beträgt auch hier 100 mW (bei 2,4 GHz). Wer die eigene Exposition reduzieren möchte – unabhängig davon, ob das aus Sicht wissenschaftlicher Risikobewertung notwendig ist – sollte dafür immer zuerst das eigene Endgerät in den Blick nehmen, da es auf die eigene Exposition einen deutlich höheren Einfluss hat als die Sender von WLAN oder Mobilfunk", rät das BfS. "Tipps, wie man die eigene Exposition minimieren kann, finden sich auf der Webseite des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Das "Bündnis Verantwortungsvoller Mobilfunk Deutschland" gründete sich im Dezember 2020 als nach eigenen Angaben informeller Zusammenschluss von 197 kritischen Bürgerinitiativen, Vereinen und Organisationen zu 5G, Mobilfunk und Elektrosensibilität. Es will unter anderem Informationen über die verantwortungsvolle und gesundheitsverträgliche Nutzung von Mobilfunk zu den Bürgern, in Schulen und Institutionen tragen. Politik, Behörden und Industrie würden dies nur unzureichend tun. Das Bündnis sieht sich auch als "Unterstützer für EHS-Erkrankte im Sinne von Aufklärung über die Problematik an Bürger und Ärzte, der Anerkennung von EHS als Krankheit, der Vernetzung von EHS-Betroffenen zur Erleichterung ihrer Belastungen". EHS steht für Electromagnetic Hypersensitivity, also Elektrosensibilität.

(anw)