Google führt Crawler für Nachrichten ein

Zeitungen können künftig über das Robots Exclusion Protocol bestimmen, ob und wie ihre Inhalte auf Google News erscheinen. Die Diskussion über den "Content-Klau" im Internet geht derweil weiter.

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Im Streit um seinen Nachrichtenaggregator kommt Google den Verlagen weiter entgegen. Über die gestern bekannt gewordenen Zugeständnisse hinaus hat der Internetdienstleister einen News-spezifischen Crawler vorgestellt. Dieser verarbeite Anweisungen, die die Medienanbieter in die auf Webservern gespeicherte Datei robot.txt schreiben können. Dabei sollen die Verlage künftig den gesamten Vorrat an Befehlen nutzen können, den das Robots Exclusion Protocol (REP) vorsieht. Demnächst sollen die Verlage also beispielsweise bestimmen können, dass Google News von ihren Angeboten ausgesperrt wird, die gewöhnliche Websuche aber nicht. Bisher mussten die Medienanbieter ein Webformular ausfüllen, wenn sie von der Nachrichtensuche ausgeschlossen werden wollten.

Der neue "Googlebot-News" wird seit dem gestrigen Mittwoch getestet. Nähere Erläuterungen dazu gibt Google in einem Weblog-Eintrag. Zusammen mit der Vorstellung dieser Technik betreibt der Internetdienstleister nun intensive Aufklärungsarbeit über das Prinzip des 1994 eingeführten Standards REP.

Möglicherweise nimmt Google durch den neuen Crawler Zündstoff aus der Diskussion um die Fremdverwertung von Nachrichteninhalten. Medienunternehmen werfen Google und anderen Suchmaschinenbetreibern vor, mit fremden Inhalten Geld zu verdienen. Rupert Murdoch, Chef der News Corporation, sprach gar auf einer Tagung der US-Behörde Federal Trade Commission zu dem Thema von "Diebstahl". In diese Kerbe schlug auch Les Hinton, CEO des zur News Corp. gehörenden Medienunternehmens Dow Jones, das das Wall Street Journal herausgibt, auf dem World Newspaper Congress im indischen Heiderabad.

Auf dem Kongress waren aber auch Stimmen zu hören, die Google nur als ein Teil des Problems der Zeitungen ansehen, im Internet zu bestehen, berichtet der britische Telegraph. So habe Matt Kelly vom Daily Mirror es als Fehler bezeichnet, lediglich auf eine möglichst große Reichweite zu zielen. Dadurch würden die Inhalte entwertet. Die Zeitungen müssten Plattformen schaffen, die für Menschen und nicht für Suchmaschinen optimiert seien.

In welchem Umfang Google und andere vom Verwerten fremder Inhalte profitieren, hat nun der Dienstleister Attributor durch eine Studie nachzuweisen versucht. Attributor durchforstet beispielsweise für die dpa das Internet nach Stellen, an denen Inhalte nicht lizenziert weiter verwendet werden. Laut der Studie hat er von Mitte Oktober bis Mitte November 75.000 Webseiten gefunden, in denen unerlaubt Inhalte von US-Zeitungen wiedergegeben wurden. Diese Artikel würden von Anzeigen begleitet, von denen zu 53 Prozent Google profitiert, zu 19 Prozent Yahoo. Allerdings, so wird auf Spiegel online analysiert, gibt die Studie keinen Auskunft über den Datenverkehr auf die Plagiatsseiten und auch nicht darüber, wieviel Geld Google und andere hier einnehmen. Auch sei die Definition von Plagiaten fragwürdig: So zeige sich, dass 56 Prozent der angeblich entdeckten "Kopien" bloß Überschriften kombiniert mit Links zur Originalquelle waren.

Google-CEO Eric Schmidt hat derweil in einem Gastbeitrag für das Wall Street Journal die Vorwürfe zu entkräften versucht und um einen anderen Ton in der Debatte gebeten. Der Vorwurf, Google erwirtschafte Profite auf dem Rücken der Zeitungen, gehe an der Realität vorbei. Sein Unternehmen verdiene hauptsächlich Geld durch Werbung für Produkte. Wenn aber jemand in die News-Suche das Stichwort "Afghanistan" eingebe, werde mit Werbung – wenn überhaupt – nur wenig Umsatz generiert. Murdoch selbst hat nach Schmidts Meinung richtigerweise darauf verwiesen, dass die Nachrichtenproduzenten nicht durch neue Techniken, sondern eher durch Selbstgefälligkeit gefährdet seien. Insgesamt ist Schmidt der Überzeugung, dass das Internet nicht die Zeitungen verdränge, sondern diese ergänze. Google wolle dabei mit den Verlagen kooperieren und teste beispielsweise das Angebot Fast Flip.

Microsoft hat unterdessen dementiert, Verlage und andere Medienunternehmen dafür bezahlen zu wollen, wenn sie ihre Inhalte Google News vorenthalten. Satya Nadella, als Senior Vice President in Microsofts Sparte Online Services für Forschung und Entwicklung zuständig, sagte laut einem Bericht von Dow Jones Newswire in San Francisco, sein Unternehmen konzentriere sich nicht auf diese Möglichkeit. Nadella widerspricht damit einem Bericht des Wall Street Journal, laut dem Microsoft mit Medienunternehmen wie der News Corporation nicht nur über die Bezahlung für das Auslesen von Nachrichten verhandle, sondern auch Geld für den Ausschluss von Googles Crawlern biete. (anw)