EU Data Act: Deutsche Konzerne warnen vor Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen

Das geplante europäische Datengesetz gefährde Geschäftsgeheimnisse, bemängeln mehrere Unternehmen in einem Brief an die EU-Kommission. Die warnt vor Ausreden.

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(Bild: Tero Vesalainen/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Knobloch

Eine Reihe von Unternehmen, darunter der Softwarekonzern SAP und der deutsche Mischkonzern Siemens, haben sich der Kritik von US-Tech-Giganten am Entwurf eines EU-Datengesetzes angeschlossen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Die EU-Länder und die EU-Gesetzgeber arbeiten derzeit an den Details des im vergangenen Jahr von der EU-Kommission vorgeschlagenen Datengesetzes (EU Data Act), bevor es als Gesetz verabschiedet wird. Mit dem Gesetz soll der Datenaustausch zwischen Unternehmen untereinander und mit der öffentlichen Hand verbessert werden. Laut dem Entwurf werden öffentliche Stellen auf Daten des Privatsektors zugreifen und diese verwenden können, wenn dies unter "außergewöhnlichen Umständen" erforderlich ist, etwa bei Naturkatastrophen oder zum Erfüllen eines gesetzlichen Mandats.

Der Gesetzesentwurf ist Teil einer Reihe von Rechtsvorschriften, die darauf abzielen, die Macht der großen US-Tech-Konzerne einzuschränken und der EU zu helfen, ihre digitalen und ökologischen Ziele zu erreichen. Die USA kritisieren unter anderem, dass das vorgeschlagene Gesetz zu restriktiv sei. Europäische Unternehmen wie SAP oder Siemens hingegen bemängeln, dass eine Bestimmung, die Unternehmen dazu zwingt, Daten mit Dritten zu teilen, Geschäftsgeheimnisse gefährden könnte.

"Es besteht die Gefahr, dass die europäische Wettbewerbsfähigkeit untergraben wird, indem die gemeinsame Nutzung von Daten – einschließlich Kern-Know-how und Designdaten – nicht nur mit dem Nutzer, sondern auch mit Dritten vorgeschrieben wird", zitiert Reuters aus einem gemeinsamen Brief europäischer Unternehmen an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Kartellamtschefin Margrethe Vestager und EU-Industriechef Thierry Breton. "Dies könnte bedeuten, dass EU-Unternehmen Daten an Konkurrenten aus Drittländern weitergeben müssen, insbesondere an solche, die nicht in Europa tätig sind und gegen die die Schutzmaßnahmen des Datengesetzes unwirksam wären", heißt es weiter.

Zu den Unterzeichnern des Schreibens, das auf den 4. Mai datiert ist und von Reuters eingesehen werden konnte, gehörten die Vorstandsvorsitzenden von SAP, Siemens, Siemens Healthineers, des deutschen Medizintechnikunternehmens Brainlab, des deutschen Softwareunternehmens DATEV und der Lobbygruppe Digitaleurope.

In dem Brief werden Schutzmaßnahmen gefordert, die es den Unternehmen ermöglichen, Anfragen zur Weitergabe von Daten abzulehnen, wenn Geschäftsgeheimnisse, Cybersicherheit, Gesundheit und Sicherheit gefährdet sind. Auch solle der Anwendungsbereich der von den Rechtsvorschriften erfassten Geräte nicht ausgeweitet werden.

Die EU-Kommission bestätigte laut Reuters den Eingang des Schreibens und erklärte, sie verstehe die Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen, aber die Unternehmen sollten sie nicht als Vorwand benutzen. "Mit dem Datengesetz wird nicht versucht, das europäische oder nationale Recht zu Geschäftsgeheimnissen zu ändern. Es ist jedoch wichtig, dass Geschäftsgeheimnisse nicht als Ausrede für die Nichtweitergabe von Daten verwendet werden", sagte Johannes Bahrke, Koordinierender Sprecher für digitale Wirtschaft, Forschung und Innovation bei der Europäischen Kommission, auf einer Pressekonferenz. "Wir müssen hier ein Gleichgewicht finden. Und genau das versuchen wir mit dem Vorschlag zum Datengesetz zu erreichen. Es gibt Sicherheitsvorkehrungen, also vertragliche und technische Schutzmaßnahmen, die im Datengesetz festgelegt sind", sagte er.

Mit Blick auf eine in dem Gesetzentwurf enthaltene Bestimmung, die es Kunden erlaubt, zwischen verschiedenen Cloud-Anbietern zu wechseln, vertreten die Unternehmen die Auffassung, dass die Gesetzgebung die Vertragsfreiheit bewahren sollte, indem sie Kunden und Anbietern erlaubt, sich auf Verträge zu einigen, die für jeden Geschäftsfall am besten funktionieren.

Erst Ende März hat der EU-Ministerrat das geplante Datengesetz prinzipiell gebilligt, aber einen stärkeren Schutz von Geschäftsgeheimnissen und klarere Definitionen angemahnt. Zuvor hatte das Europäische Parlament mit breiter Mehrheit seine Position zu dem Gesetzentwurf der EU-Kommission beschlossen. Ob und inwieweit das Schreiben der Unternehmen die Verhandlungen über eine endgültige Fassung des Gesetzes beeinflusst, werden die kommenden Wochen zeigen.

(akn)