Razzia bei "Radio Dreyeckland": Beschwerde gegen Ablehnung der Anklage

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat Beschwerde dagegen eingereicht, dass die Anklage wegen eines Links bei Radio Dreyeckland abgelehnt wurde und geht vors OLG.

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Zwei deutsche Polizeiautos

(Bild: C. Nass/Shutterstock.com)

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Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe lässt nicht locker und hat Beschwerde dagegen eingelegt, dass das Landgericht Karlsruhe die Anklage gegen den Verfasser eines Onlineartikels wegen der Verlinkung auf das Archiv der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" nicht angenommen hat. Das hat der Radiosender bekannt gegeben, auf dessen Internetseite der beanstandete Artikel erschienen ist.

In dem Beitrag spart der Radiosender nicht an Kritik an der "anti-linken Agenda". Laut Radio Dreyeckland (RDL) gibt es bislang noch keine Begründung für die Beschwerde. Sollte das jetzt zuständige Oberlandesgericht der Beschwerde stattgeben, würde es vor dem Landgericht zur Hauptverhandlung kommen.

Eingereicht wurde die Beschwerde demnach vergangenen Freitag, wenige Tage nach der ausführlich begründeten Weigerung des Landgerichts, sich mit dem Fall zu befassen. Dazu hatte es geheißen, dass das Setzen von Links zum geschützten Bereich der freien Berichterstattung gehört und Medien für verlinkte Inhalte "nicht ohne Weiteres strafrechtlich belangt werden können". Außerdem hat das Landgericht auch die Durchsuchungen der Geschäftsräume von Radio Dreyeckland sowie die Razzien in Privaträumen von Angestellten für rechtswidrig erklärt. Dem kann die Staatsanwaltschaft wohl nicht folgen und wendet sich deshalb an die nächste Instanz.

In der Auseinandersetzung geht es um einen Link, der zu jenem Artikelarchiv führt und laut Staatsanwaltschaft als unzulässige Weiterverbreitung zu werten ist. Dabei fördert bereits eine kurze Recherche eine Vielzahl solcher Verlinkungen bei anderen Medien zutage. RDL-Geschäftsführer Kurt-Michael Menzel meint nun, obwohl die Staatsanwaltschaft "eine glatte Note 6 erhalten" habe, verschwende sie weiter Steuergelder. Die Staatsschutzabteilung der Karlsruher Staatsanwaltschaft wolle "offenbar um jeden Preis die Presse- und Rundfunkfreiheit einschränken" und sei eine "eine Gefahr für die Grundrechte".

Die Internetplattform "linksunten.indymedia" galt Sicherheitsbehörden als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland – und als Forum für gewaltbereite Autonome. Bei dem Verbotsverfahren wandten die Sicherheitsbehörden einen Kniff an: Formal handelte es sich um ein Vereinsverbot – die Betreiber wurden von den Behörden als Verein eingestuft. Dagegen reichten mehrere Personen Klage ein, die Existenz des Vereins bestritten sie aber. Deswegen scheiterten sie 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen, denn zur Anfechtung eines solchen Verbots sei "regelmäßig nur die Vereinigung" befugt. Radio Dreyeckland ist der älteste freie Radiosender Deutschlands; er entstand in den 1980er-Jahren aus der Anti-Atomkraft-Bewegung.

(mho)