RZ-Betreiber: Fast alle finden Nachhaltigkeit wichtig, nur Hälfte nutzt Ökostrom

Die Leistung hiesiger RZs wächst, ihr CO₂-Ausstoß stieg zuletzt deutlich an – nicht die Schuld der Branche, meint der Bitkom.

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(Bild: iX)

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Der Branchenverband Bitkom hat die Studie "Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Marktentwicklungen – Update 2023" veröffentlicht. Der vom Borderstep Institut erstellte Report gibt einen Überblick über das Wachstum des deutschen RZ-Markts, dessen Energieverbrauch und Umweltverträglichkeit.

Demnach ist der RZ-Markt in Deutschland, gemessen an dessen Leistung, in den letzten Jahren stark gewachsen. In Relation zur IT-Anschlussleistung gab es einen deutlichen Anstieg von 1362 MW 2012 auf 2341 MW im vergangenen Jahr. Nach wie vor den größten Anteil daran haben traditionelle Rechenzentren mit zuletzt 1360 MW. Ihr Anteil an der Gesamt-Anschlussleistung hat zuletzt jedoch leicht abgenommen, während Cloud-Rechenzentren an Wichtigkeit gewinnen und inzwischen 38 Prozent des hiesigen Marktes ausmachen. Auch Edge-Systeme gewinnen an Bedeutung, liegen mit zuletzt 101 MW Anschlussleistung aber noch weit hinter den anderen beiden Rechenzentren-Arten. Insgesamt, so rechnet die Studie vor, gebe es in Deutschland etwa 3.000 große Rechenzentren mit mehr als 40 kW IT-Anschlussleistung und mehr als 10 Server-Racks. Demgegenüber stehen 47.000 "kleinere IT-Installationen".

Der Stromverbrauch deutscher Rechenzentren ist ebenfalls deutlich gestiegen: von 11 Milliarden kWh vor zehn Jahren auf inzwischen 18 Milliarden kWh. Dennoch sei die Effizienz hiesiger Systeme um das Sechsfache angestiegen, weil die Leistung durch modernere Hard- und Software deutlich stärker angewachsen sei.

Nachhaltigkeit, so betont der Bitkom in seiner Pressemitteilung zur Veröffentlichung immer wieder, sei der Branche aber durchaus wichtig. So hätten bereits "mindestens die Hälfte der größeren kommerziellen Rechenzentren in Deutschland Ökostrom-Verträge", 90 Prozent der Befragten weisen der Nachhaltigkeit von Rechenzentren zudem "künftig eine enorme Bedeutung" zu. Dabei muss jedoch die überaus dünne Datengrundlage dieser Meinungswerte erwähnt werden: Von Ende März bis Mitte April 2023 befragten die Studienautoren Fachleute online. Teilgenommen haben daran nur 54 Personen, 35 davon bezeichnet der Report als "Rechenzentrumsbetreiber"; aus welchen Bereichen die restlichen 19 Teilnehmenden stammen, verschweigt das Dokument.

Die Werte zum Energieverbrauch und den Treibhausgasemissionen stammen hingegen aus Berechnungen des Borderstep Instituts und fußen auf Daten des Umweltbundesamts: Die Emmissionen betrugen 2020 noch 6,4 Millionen Tonnen CO₂ und seien damit seit 2012 trotz des gewachsenen RZ-Markts nicht gestiegen. Wegen des zuletzt höheren Kohleanteils am deutschen Strommix sei der Ausstoß zuletzt aber auf 7,8 Millionen Tonnen gewachsen.

Abermals nutzt der Bitkom die Veröffentlichung, um Kritik am Entwurf der Bundesregierung „Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes“ (EnEfG) zu üben. Mit dessen Zielen, dass ab 2024 alle deutschen Rechenzentren zu 50 Prozent und ab 2027 zu 100 Prozent mit Ökostrom betrieben werden sollen, vertreibe man die Branche aus Deutschland. Gleichzeitig habe die "Ökostrom-Pflicht für Rechenzentren nicht die geringste Auswirkung auf Deutschlands Klimabilanz" – laut Studie macht der Anteil des Energiebedarfs deutscher Rechenzentren etwa 0,55 Prozent des hiesigen Gesamtenergieverbrauchs aus. Außerdem liege das Energiesparen im "ureigensten Interesse der Rechenzentren", weil es auch wirtschaftliche Vorteile verspreche. Die befragten Fachleute sehen das EnEfG hingegen nicht ganz so fatalistisch wie der Branchenverband: Von ihnen vermutet nur gut die Hälfte, dass durch den Gesetzesentwurf "sehr viel weniger Rechenzentren" in Deutschland gebaut werden könnten.

Die gesamte Studie samt weiterer Informationen zu den Möglichkeiten der Abwärmenutzung von RZ-Kühlungen stellt der Bitkom zum kostenlosen Download zur Verfügung.

(jvo)