USA: Bürgerrechtler hoffen auf Ende der Web-Sperrverfügungen
Über eine Million Webseiten hat der Generalstaatsanwalt von Pennsylvania nach einschlägigen Gesetzesvorschriften sozusagen im Vorbeigehen gesperrt. Eine gerichtliche Anhörung soll nun die Verfassungsmäßigkeit klären.
Über eine Million Webseiten hat der Generalstaatsanwalt von Pennsylvania mit seinen Verfügungen auf der Grundlage der Gesetzesvorschriften 18 Pa. Sta. Ann. §§ 7621-7630 sozusagen im Vorbeigehen gesperrt. Strafbare Kinderpornographie, auf die die gesetzlichen Bestimmungen abzielten, enthielten aber nur die allerwenigsten gesperrten Webseiten. Da häufig per IP-Nummern gesperrt wurde, traf es Hunderttausende nicht zu beanstandender Seiten in der ganzen Welt. Seit Dienstag hört US-Bundesbezirksrichter Jan E. DuBois nun Zeugen der klagenden Bürgerrechtsorganisationen Center for Democracy and Technology und der American Civil Liberty Union sowie des Providers Plantagenet und des Generalstaatsanwalts von Pennsylvania. Die gerichtliche Anhörung geht noch bis Ende dieser Woche.
Alan Davidson, Vizepräsident des Klageführers CDT, sagte gegenüber heise online: "Wir sind immer vorsichtig bei der Beurteilung unserer Chancen. Angesichts der Tatsache, dass so viele Seiten völlig zu Unrecht gesperrt wurden, hoffen wir allerdings sehr, dass das Gesetz für verfassungswidrig erklärt wird." Dass die massiven Sperrungen nicht schon früher zu Klagen betroffener Provider, zu Unrecht gesperrter Webseiten oder um den Zugang zu vielen hunderttausend Seiten betrogener Kunden geführt hätten, erklärt sich laut Davidson aus einer ganzen Reihe von Gründen. Viele Seiten, die nicht mehr erreichbar waren, seien ausländische Seiten gewesen. User seien im Fall von Fehlermeldungen schlicht davon ausgegangen, dass etwas mit der Seite nicht in Ordnung sei. Zudem hätten verschiedene Provider verschiedene Verfügungen mit unterschiedlichen URLs erhalten. Was von einem Provider aus gesperrt war, sei vom anderen erreichbar gewesen. Keine der Verfügungen wurde öffentlich gemacht, sodass diejenigen, deren Seiten im Netz unsichtbar blieben, sich das "Problem" häufig nicht erklären konnten und, meint Davidson, "wie bei Kafka von einem Administrator zum nächsten geschickt wurden".
Der Generalstaatsanwaltschaft wiederum habe die Provider durch eine Pressekonferenz das Fürchten gelehrt, in der er MCI als Unterstützer von Kinderpornographie bezeichnet habe. MCI hatte unmittelbar nach der Einführung des Gesetzes die Staatsanwaltschaft aufgefordert, sich zumindest an die Vorschriften im Gesetz zu halten und einen richterlichen Beschluss vorzulegen. "Danach hat kein Provider mehr gewagt, sich zu wehren", betont Davidson.
Auch die Bürgerrechtler beteuern, dass sie den Kampf gegen Kinderpornographie unterstützen, allerdings die Herangehensweise für verfassungswidrig und "gefährlich" halten. Sie wollen der Klage-Erwiderung des Staatsanwaltes nicht folgen, der einfach nur behaupte: "Keine Sorge, hier geht es allein um Kinderpornographie; und sollte die Meinungsfreiheit doch betroffen sein, keine Sorge, wir sind schon vorsichtig." Davidson und seine Mitstreiter hoffen vor allem mit Blick auf ähnliche Gesetzesinitiativen in anderen Bundesstaaten (darunter Maryland und Oklahoma), dass die Sperrverfügungspraxis für verfassungswidrig erklärt wird. (Monika Ermert) / (jk)