Deutschlandticket wird vor allem gekauft, weil es deutschlandweit gilt

Knapp zwei Monate nach Einführung des Deutschlandtickets ziehen die Verkehrsunternehmen Zwischenbilanz. 9,6 Millionen Nutzer zählten sie in diesem Monat.

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Blick in den Hamburger Hauptbahnhof im Sommer 2023

(Bild: heise online / anw)

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11 Millionen Deutschlandticket-Abos wurden bis Mitte Juni verkauft. Im Mai, dem ersten Geltungsmonat des für 49 Euro erhältlichen Dauerfahrscheins, nutzten es 9 Millionen Menschen, im Juni bisher 9,6 Millionen. Das geht aus Zahlen hervor, die der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) vorgelegt hat.

46 Prozent der 11 Millionen Abos waren früher andere Dauerkarten für den ÖPNV, die umgestellt wurden. Menschen, die früher gelegentlich oder regelmäßig den öffentlichen Personennahverkehr nutzten und aus teureren Ticketangeboten zum Deutschlandticket wechselten, machen 44 Prozent aus. 8 Prozent nutzten bisher so gut wie nie Bus und Bahn, ergab sich aus Erhebungen. Für diese werden monatlich 6.000 mobile Menschen ab 14 Jahren befragt.

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VDV-Präsident Ingo Wortmann schließt daraus zwei Effekte: Menschen sparten Geld, weil sie als Pendler nun ein günstigeres Angebot nutzen könnten, andere Menschen seien in den ÖPNV umgestiegen und verhielten sich dadurch nun klimafreundlicher.

Umweltschutz als Kaufgrund nannten mit 22 Prozent aber nicht die meisten befragten Abonnenten als Kaufgrund, 18 Prozent verzichten bewusst aufs Autofahren. Vielmehr steht für 36 Prozent der Ticketpreis im Vordergrund und für 41 Prozent die bundesweite Gültigkeit.

Allerdings sei die Angebotsdichte und Qualität des ÖPNV bundesweit sehr unterschiedlich, räumt Wortmann ein. "In den Ballungsräumen brauchen wir bei gutem Angebot dringend zusätzliche Kapazitäten und in vielen ländlichen Räumen brauchen wir ebenso dringend insgesamt ein besseres Angebot." Deshalb sei es von immens bedeutend, "dass nach dem Deutschlandticket jetzt das Deutschland-Angebot im ÖPNV folgt". Dazu werde sich der VDV intensiv mit Bund und Ländern fachlich intensiv austauschen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte mit dem Deutschlandticket verbunden, dass es digital angeboten werden soll. Das habe laut VDV zwar für eine "Beschleunigung der Digitalisierung vieler Prozesse in den Verkehrsunternehmen" gesorgt, allerdings seien die nötigen technischen Anpassungen noch nicht überall abgeschlossen. So liegt 11 Prozent der Käufer das Deutschlandticket als Papier in der Tasche. 49 Prozent haben das Ticket auf dem Smartphone, 37 Prozent als Chipkarte. VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff meint wegen dieser Zahlen, es sei richtig, das Deutschlandticket in einer Übergangszeit als Papiertiger anzubieten.

Das Ticket nur online, über Reisezentren oder mithilfe des Abo-Services kaufen zu können, sei für viele Menschen aber zu kompliziert, sagte Andreas Schröder vom Verband Pro Bahn laut einem Bericht des Merkur. Vor allem ältere Menschen wünschten sich eine weniger bürokratische Alternative. Zudem verstünden einige Nutzer die genauen Einsatzmöglichkeiten des Tickets nicht, auch sei in einigen Zügen nicht klar, ob es anerkannt wird. Für ausländische Gäste sei das Angebot als Abo nicht geeignet, meinte Schröder.

Einen fehlenden Bedarf für ein ÖPNV-Abo gaben 38 Prozent der vom VDV befragten Menschen als Grund dafür an, sich kein Deutschlandticket zugelegt zu haben. 41 Prozent sagten demnach, es lohne sich für sie nicht oder sie würden es zu selten nutzen und 26 Prozent meinten, sie bräuchten kein Ticket, das bundesweit gilt. 11 Prozent fanden 49 Euro zu teuer, 6 Prozent gaben an, dass sie sich den Preis nicht leisten könnten.

18 Prozent der 11 Millionen Deutschlanddauerfahrscheine sind ein Jobticket. Hier sieht der VDV Luft nach oben. Das Deutschlandticket könne für die Unternehmen und Betriebe ein "Imagefaktor in Sachen moderner, umweltfreundlicher Mobilitätsangebote für ihre Beschäftigten sein", sagte Wolff. Sein Verband werde deshalb gerade kleine und mittlere Unternehmen noch einmal über das Angebot informieren.

(anw)