An der kurzen Leine

Trotz Nachhaltigkeitsverordnung ist noch immer nicht ĂĽberzeugen belegt, dass Biosprit der richtige Weg ist.

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Biokraftstoffe haben eine wechselvolle Karriere vom ökologischen Hoffnungsträger zum Schmuddelkind hinter sich. Die neue Bundesregierung will den Agro-Sprit nun gleichzeitig an die kurze Leine nehmen und fördern. Nach der nun in Kraft tretenden Nachhaltigkeitsverordnung muss Biosprit mindestens 35 Prozent Treibhausgas gegenüber fossilem Kraftstoff einsparen. 2017 wird die Schwelle auf 50, ein Jahr später auf 60 Prozent erhöht. Im Gegenzug werden die Steuern für reinen Biosprit nicht – wie ursprünglich geplant – erhöht, sondern bleiben bei 18 Cent pro Liter.

Zunächst einmal ist die Nachhaltigkeitsverordnung ein Schritt in die richtige Richtung, denn Agro-Treibstoffe sind nicht per se umweltfreundlicher als fossiler Sprit. Raps-Diesel beispielsweise schafft die 35-Prozent-Schwelle nur knapp. Weizen-Ethanol sowie Diesel aus Palmöl oder Soja sind weit von dieser Marke entfernt und dürften vom deutschen Biosprit-Markt verschwinden – es sei denn, die Produzenten setzen auf effizientere Herstellungsverfahren. Profitieren dürfte hingegen Ethanol aus Zuckerrohr, das locker auch die 60-Prozent-Schwelle unterbietet, selbst wenn der Transport von Südamerika nach Europa mit einberechnet wird. Für die einheimische Landwirtschaft wird das Leben also nicht einfacher.

Richtig desaströs wird die Ökobilanz von Biotreibstoff, wenn Wälder oder sonstige ökologisch wertvolle Flächen für den Anbau von Energiepflanzen zerstört werden. Das will die Nachhaltigkeitsverordnung durch ein aufwendiges Zertifizierungsverfahren unterbinden. Doch dieses erfasst nicht, wenn Energiepflanzen die Nahrungsmittel von den Äckern verdrängen und für die Nahrungspflanzen dann woanders ein Stück Wald gerodet wird (die sogenannte "indirekte Landnutzungsänderung"). Kritiker fordern deshalb, auch den Anbau von Nahrungsmitteln nach denselben Nachhaltigkeitskriterien zu zertifizieren wie die Herstellung von Biosprit.

Das jedoch wäre ohne einen monströsen bürokratischen Aufwand kaum machbar. Solange aber das Schlupfloch der indirekten Landnutzungs-änderungen bestehen bleibt, sollte man Agro-Treibstoffen nicht vorschnell die ökologische Absolution erteilen. (bsc)