Wie Hurrikane und Klimawandel zusammenhängen könnten

Mehr Niederschläge und stärkere Stürme stehen mit steigenden Temperaturen in Verbindung. Doch ist die Erderwärmung auch für Extremereignisse verantwortlich?

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(Bild: eskystudio / Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Casey Crownhart
Inhaltsverzeichnis

Die Frage beschäftigt die Forschung schon lange: Lassen sich Wetterextreme mit dem Klimawandel in Verbindung bringen? Mittlerweile belegt die Attributionsforschung, dass es aufgrund des Klimawandels zu mehr Dürren kommt. Auch mehr Überschwemmungen und Waldbrände sind dadurch wahrscheinlich.

Hurrikane bilden hier offenbar keine Ausnahme. Wissenschaftler haben festgestellt, dass gestiegene Temperaturen zu stärkeren und weniger vorhersehbaren Stürmen führt. Das ist besorgniserregend, denn die tropischen Wirbelstürme gehören schon jetzt zu den tödlichsten und zerstörerischsten extremen Wetterereignissen auf der Welt. Allein in den USA verursachten drei Hurrikane im Jahr 2022 Schäden in Höhe von jeweils über 1 Milliarde Dollar. In einer sich erwärmenden Welt ist damit zu rechnen, dass diese Schadenssummen noch steigen werden.

Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Wirbelstürmen ist jedoch komplizierter, als vielen Menschen bewusst ist. In der folgenden FAQ haben wir daher zusammengefasst, was bislang in der Wissenschaft bekannt ist – und was von den kommenden Stürmen zu erwartet ist, während Hurrikan Idalia die Küste Floridas heimsucht.

Es mag sich so anfühlen, dass es heute viel mehr Stürme gibt als in der Vergangenheit, aber so genau wissen wir das bislang nicht.

Das liegt unter anderem daran, dass die historischen Aufzeichnungen begrenzt sind und kaum verlässliche Daten vorliegen, die älter als einige Jahrzehnte sind, meint Kerry Emanuel, emeritierter Professor für Atmosphärenwissenschaften am MIT. Daher sei es schwierig, Schlüsse daraus zu ziehen, wie sich die Häufigkeit tropischer Wirbelstürme (der Oberbegriff für Stürme, die man als Hurrikane, Zyklone oder Taifune bezeichnet) im Laufe der Zeit verändert.

Die besten vorhandenen Daten stammen aus der nordatlantischen Region, sagt Emanuel. Demnach scheint es tatsächlich mehr Wirbelstürme zu geben als früher. Global gesehen deuten einige Untersuchungen allerdings darauf hin, dass die Gesamtzahl der tropischen Wirbelstürme in den letzten Jahrzehnten sogar zurückgegangen ist.

Die Wissenschaftler sind sich daher nicht einig, ob sich die sogenannte Zyklogenese, also die Entstehung von Stürmen in der Atmosphäre, im Laufe der Zeit verändert hat und ob sie in Zukunft durch den Klimawandel beeinflusst werden könnte. Einige Klimamodelle deuten jedoch darauf hin, dass der Klimawandel die Gesamtzahl der entstehenden Stürme erhöhen wird, während andere das Gegenteil vermuten, sagt Karthik Balaguru, ein Klima- und Datenwissenschaftler am Pacific Northwest National Laboratory.

Das lässt sich bejahen. Weltweit sind die Hurrikane in den letzten vier Jahrzehnten im Durchschnitt stärker geworden – und nach dem, was wir über den Klimawandel wissen, wird sich dieser Trend wahrscheinlich fortsetzen, meint Emanuel. In einer Studie untersuchten Forscher Satellitenbilder aus den Jahren 1979 bis 2017 und stellten fest, dass immer mehr Stürme den Status eines schweren Hurrikans erreichten, d.h. Windgeschwindigkeiten von über 177 Kilometer pro Stunde erreichen.

Dieser Trend zu stärkeren Stürmen deckt sich mit der theoretischen Forschung von Emanuel und anderen Klimawissenschaftlern aus den 1980er Jahren, die voraussagten, dass die Erwärmung der Ozeane stärkere Hurrikane verursachen werde. Wärmeres Wasser gibt den Stürmen mehr Energie, was zu höheren Windgeschwindigkeiten führt. Wenn die Temperaturen steigen, "wird sich die Wahrscheinlichkeit in Richtung dieser stärkeren Ereignisse verschieben", sagt Phil Klotzbach, Atmosphärenwissenschaftler und Experte für Hurrikanvorhersagen an der Colorado State University. Dies deckt sich mit anderen neueren Forschungsergebnissen, wonach sich die Hurrikane im Nordatlantik schneller verstärken, d.h. sie gewinnen auf ihrem Weg durch den sich erwärmenden Ozean an Windgeschwindigkeit.

Der Trend ist am deutlichsten im Nordatlantik zu beobachten, könnte aber auch weltweit eintreffen. Eine andere aktuelle Studie ergab, dass die Zahl der Stürme, die sich sehr schnell verstärken, weltweit zunimmt, wobei die Windgeschwindigkeit innerhalb von 24 Stunden um über 100 Kilometer pro Stunde oder mehr steigt. Stürme, die sich schnell verstärken – insbesondere in Küstennähe – können besonders gefährlich sein, da den Menschen nicht viel Zeit bleibt, sich vorzubereiten oder sich in Sicherheit zu bringen.

Laut dem Forscher Karthik Balaguru gibt es weitere Auswirkungen des Klimawandels, die Hurrikane in Zukunft beeinflussen könnten. Der Klimawandel führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels, wodurch Sturmfluten und Überschwemmungen an den Küsten wahrscheinlicher sind und dann mehr Schaden anrichten. Außerdem kann die wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen, was bedeutet, dass es bei Stürmen mehr regnet, während der Klimawandel die globalen Temperaturen in die Höhe treibt. All dies könnte zu mehr Überschwemmungen während der Hurrikane führen.

Es gibt noch andere, weniger bekannte Varianten, wie sich der Klimawandel in Zukunft auf Stürme auswirken könnte. Es gilt als wahrscheinlicher, dass Stürme an einem Ort abflauen und mehr Regen auf ein konzentriertes Gebiet niederprasselt, wie es bei Hurrikan Harvey 2017 in Houston passiert ist. Einige Studien bringen auch diesen Effekt mit dem Klimawandel in Verbindung, obwohl die Verbindung nicht so sicher ist wie andere, sagt Balaguru. Regionale Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation könnten sich auch darauf auswirken, welche Gebiete mit größerer Wahrscheinlichkeit von Stürmen heimgesucht werden.

Obwohl Hurrikane also immer stärker und unbeständiger werden, haben sich unsere Möglichkeiten zur Vorhersage ihres Verlaufs und ihrer Stärke in den letzten Jahren glücklicherweise verbessert. Fortschritte bei Supercomputern und der KI-Vorhersage könnten den Behörden daher helfen, Stürme besser vorherzusagen und den Menschen mehr Zeit für eine Reaktion geben. Aber diese Fortschritte helfen uns nur bis zu einem gewissen Punkt. Die Warnungen würden zwar immer besser, doch das habe eben Grenzen, sagt MIT-Forscher Emanuel.

(jle)