Unterwegs mit Cruise: Mit dem Robotaxi durch San Francisco

Cruise betreibt in San Francisco eine Flotte autonomer Robotaxis. Wir haben so eines ausprobiert und uns nachts fahrerlos kutschieren lassen.

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(Bild: Cruise)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Müssig

Vollautonome Fahrdienste, die Passagiere fahrerlos von A nach B bringen, klingen nach Science-Fiction, sind aber bereits Realität: Die US-Metropole San Francisco gestattet seit diesem Sommer, dass fahrerlose Taxis im normalen Straßenverkehr mitschwimmen – ohne Sicherheitsfahrer. Derzeit bieten mit der GM-Abspaltung Cruise und der Google-Schwester Waymo bereits zwei Unternehmen entsprechende Fahrdienste an.

In der internationalen Klassifikation sind sie als Level-4-Autonomie einzuordnen, weil die Dienste anders als beim als Königsdisziplin definierten Level 5 sowohl örtlich als auch zeitlich eingeschränkt sind: Die Robotaxis dürfen zwar im Stadtgebiet von San Francisco fahren, aber nicht in den umliegenden Gemeinden der Bay Area (also etwa nicht bis zum internationalen Flughafen SFO), und selbst das lediglich in den Nachtstunden. Tagsüber ist Downtown ausgeschlossen – und damit all die üblichen Touri-Gebiete wie Market Street, Union Square, Chinatown und Pier 39.

Im Rahmen einer Dienstreise hatte der Autor dieser Zeilen Ende August die Gelegenheit, eine Fahrt mit Cruise zu unternehmen. Das geht anders als bei Uber, Lyft oder normalen Taxis nicht spontan. Man kann zwar sowohl bei Waymo als auch bei Cruise die zugehörige App herunterladen und einen Account erstellen, aber nicht sofort starten: Beide Anbieter arbeiten mit einem Einladungssystem, um das System zu skalieren.

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Das ist auch bitter nötig: Ein im Silicon Valley arbeitender Studienfreund hatte zwar einen freigeschalteten Cruise-Account, doch freie Autos – Cruise fährt mit umgerüsteten Chevy Bolt EV – waren rar. Die meiste Zeit zeigte die App nicht viel mehr als ein "wir melden uns, wenn ein Auto frei ist" an. Ist es so weit, muss man schnell sein: Das Auto wird allen angeboten; wer zuerst eine Zieladresse eingibt und weiter tippt, gewinnt.

Etliche Male war bei uns nach der Adresseingabe wieder Warten angesagt. Zweimal meldete die in der App hinterlegte Kreditkarte bereits eine Blockierung des Fahrpreises, doch weil andere Nutzer wohl minimal schneller waren, bekamen dann diese und nicht wir das Auto zugeteilt. Eine mögliche Erklärung: Seit einem Unfall Mitte August, bei dem ein Cruise-Taxi an einer Kreuzung zwar Grün hatte, aber einen von der Seite kommenden Rettungswagen übersehen hat und mit diesem kollidierte, darf das Unternehmen nur noch mit halber Flottenstärke agieren.

Wer Cruise fahren will, muss Geduld mitbringen.

Als wir kurz nach langem Warten doch noch ein Auto zugeteilt bekamen, ging es trotzdem nicht sofort los: Wir standen in der Nähe von Pier 39, doch das freie Auto musste erst die rund 20 Minuten vom Golden Gate Park zu uns kommen – für eine Fahrt zum Union Square, die dann nur 16 Minuten dauerte. Während der Fahrt gab es zwar keine kritischen, aber einige ungewöhnliche Situationen wie einen unsinnigen Spurwechsel (siehe Video).

Cruise bevorzugte bei der Fahrt größere Straßen und fuhr deshalb nicht auf direktem Weg gen Süden, sondern östlich über die 101. Diese Präferenz macht sich auch am Ziel bemerkbar: Eigentlich wollten wir auch noch eine Fahrt zurück zum Pier 39 unternehmen und hatten dafür sogar dasselbe Auto wieder in der App ergattert. Dieses wollte jedoch nicht einfach um den Block fahren, um uns wieder einzusammeln, sondern eine größere 20-Minuten-Runde bis zur 101 und von dort aus zurück zum Union Square drehen. Angesichts der fortgeschrittenen Stunde – mittlerweile war es schon fast Mitternacht – haben wir die Rückfahrt bei Cruise gecancelt und stattdessen einen Uber mit menschlichem Fahrer bestellt. (mue)