Microsoft punktet im Kampf gegen Open Source und Spam

Laut Jean-Philippe Courtois, Microsofts Europa-Chef, kann der Software-Gigant im öffentlichen Sektor Boden gegenüber Linux gut machen.

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Microsoft hat im öffentlichen Sektor Boden gut gemacht gegenüber der Open-Source-Herausforderung, die die Geschäftsmodelle des Software-Giganten seit Jahren bedroht. Dies erklärte Jean-Philippe Courtois, Microsoft-Chef der Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA), am heutigen Freitag bei einem Pressegespräch in Berlin. "Wir stellen in Ländern wie Großbritannien eine Bewegung weg von Linux fest", sagte der altgediente Microsoft-Manager, der seit einem knappen Jahr die Geschäfte in dem wichtigen Markt leitet. Der Londoner Bezirk Newham -- bekannt vor allem durch ihren großflächigen Einsatz der Videoüberwachung -- sei ein Beispiel. Die Verantwortlichen dort seien "nicht glücklich" mit der freien Software gewesen.

Ermutigt habe ihn zudem, berichtete Courtois, dass sich Nordrhein-Westfalen für 110.000 Arbeitsplätze entgegen dem von Städten wie München oder dem Bundestag gesetzten Trend für Windows-Lösungen auf Servern wie Clients entschieden habe.

Der EMEA-Chef begrüßte, dass sich europäische Nationen wie Dänemark, Italien oder Slowenien bewusst einer Politik verschrieben hätten, die neutral sei in Bezug auf den Einsatz von Betriebssystemen in der Verwaltung. Als weiteren Punktsieg im Kampf um die wichtigen Kunden im öffentlichen Sektor betrachtet Courtois eine Partnerschaft mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, die sein Haus bei Verhandlungen während des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft in Genf und beim Weltwirtschaftsforum in Davos erzielt habe. Ihr Fokus liege "auf allen Entwicklungsländern". In Namibia etwa werde Microsoft Gemeindetechnologiezentren unterstützen, mit PC und Software ausrüsten sowie Darlehen in Höhe einer Milliarde US-Dollar zur Verfügung stellen. "Wir sehen dort langfristig auch ein Geschäftsmodell", erklärte Courtois die Motivation des Konzerns.

Dass einzelne Länder wie Brasilien, die "weltweit nicht an der Spitze stehen", dezidiert auf freie Software bauen, sei deren freie Entscheidung. Insgesamt setze sich bei immer mehr Politikern aber die Ansicht durch, dass "kommerzielle Software zahlreiche Werte und einen positiven Einfluss auf die Volkswirtschaft hat." Entsprechende Hinweise versuchte Microsoft hierzulande beispielsweise mit zwei gekauften Gutachten der Universität Münster zu belegen. Verwaltungen in Städten wie Paris, die momentan mit Linux liebäugeln und Migrationsstudien erstellen lassen, sollten auf die Gesamtkosten einer Lösung schauen. Sie müssten sich fragen, "was Innovation für sie bedeutet", so Courtois. Wenn sie es ihren Bürger leichter machen wollten, sich in möglichst kurzer Zeit über das Internet oder das Mobiltelefon mit der Regierung zu vernetzen, seien .Net-Plattformen unter Windows die beste Wahl. Zudem erklärte der EMEA-Chef, dass man in Preisverhandlungen immer mit sich reden lasse: "Wir sind da flexibel, ganz klar".

Für Vertrauen in proprietäre, das geistige Eigentum nicht einfach verschenkende Lösungen hat dem EMEA-Verantwortlichen zufolge auch das Government Security Program Microsofts gesorgt. Damit bietet der Software-Gigant Regierungsbehörden spezielle Einblicke in den Source Code von Windows. 20 Länder haben sich inzwischen dafür entschieden. Die Bundesregierung zählt nicht dazu. Wolfgang Branoner, Cheflobbyist von Microsoft Deutschland, kündigte jedoch ein umfangreiches Kooperationsprogramm mit dem Bundesinnenministerium in allen Fragen der elektronischen Verwaltung und der Informationssicherheit an, das "hoffentlich" bis zur CeBIT spruchreif sei.

Ein weiteres Problem, das bei Courtois jenseits des nervenaufreibenden Kartellrechtsstreits mit der Europäischen Kommission ganz oben auf der Agenda steht, ist der Kampf gegen Spam. Über die Visionen von Firmengründer Bill Gates hinaus kündigte der Franzose an, dass Microsoft acht Klagen gegen Mitglieder der Hauptspammer in der EU auf den Weg gebracht habe und "schwere zivile Sanktionen" gegen diese anstrebe. Die Datenschutzrichtlinie der EU, die auch das Thema Spam beinhaltet, lasse ein entsprechend scharfes Vorgehen gegen die Massenmailer zu. Hotmail-User seien zudem inzwischen praktisch spamfrei, da "95 Prozent" der unerwünschten Werbemails in einem entsprechend gekennzeichneten Ordner landen würden. (Stefan Krempl) / (wst)