Mobilfunkkonzerne im Fusionsfieber
Der Kampf um Kunden und Marktanteile im Mobilfunk geht in eine neue Runde.
Der Kampf um Kunden und Marktanteile im Mobilfunk geht in eine neue Runde. Rund vier Jahre nach den milliardenschweren Zukäufen und dem anschließenden Einbruch der Telecomwerte an den Börsen ist unter den führenden Betreibern in Europa wieder das Fusionsfieber ausgebrochen. Während die Deutsche Telekom schon länger auf eine Mehrheit beim größten polnischen Marktführer PTC schielt, geraten die britische mmO2 und der französische Betreiber SFR ins Visier ihrer Konkurrenten.
Auf dem deutschen Mobilfunkmarkt wird schon länger über einen möglichen Zusammenschluss der beiden kleinen Anbieter E-Plus (Düsseldorf) und O2 (München) spekuliert. Die Unternehmen sind die deutschen Töchter der niederländischen KPN und der britischen mmO2. Am Wochenende wurde bekannt, dass die Niederländer und Briten ihre Übernahmegespräche erfolglos abgebrochen haben. KPN geht es vor allem um die Überlebensfähigkeit von E-Plus, der Perle im Mobilfunkportefeuille des Unternehmens. Finanzchef Maarten Henderson bleibt vage, gibt aber die Richtung vor: "Unser Unternehmen ist finanziell gesund", sagt er über einen Konzern, der vor wenigen Jahren noch völlig überschuldet war und kurz vor der Pleite stand. KPN habe nicht nur die Wende geschafft, sondern versuche jetzt auch, durch Akquisitionen die Geschäftsbasis zu erweitern.
Eine Fusion von O2 und E-Plus hält Marcus Schmit, Telekom-Analyst der Privatbank Hauck & Auffhäuser, für eine logische Konsequenz. "KPN bleibt über kurz oder lang gar nichts anderes übrig." Gemeinsam würden E-Plus und O2 auf rund 15 Millionen Kunden oder einen Marktanteil von 20 Prozent kommen. In den vergangenen Jahren seien die kleinen Anbieter nicht ernsthaft vorangekommen, meint Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin. "Operativ verdienen sie zwar Geld, aber das große Wachstum fehlt". Gerade für das künftige Geschäft mit UMTS-Diensten gilt aber ein großes Stück am Mobilfunkkuchen in Deutschland als das A und O für das Überleben in der Branche. Nach Ansicht von Experten wäre mit einem Zusammenschluss die kritische Größe erreicht, um dauerhaft gegen die Marktführer T-Mobile und Vodafone D2 bestehen zu können. Schmitz: "Alleine haben sie einfach keine Chance." Die Börse hat reagiert: Während die KPN-Aktie am Montag deutlich an Wert verlor, schoss die Aktie von mmO2 am Montag steil nach oben.
Doch eine Übernahme von mmO2 und die damit verbundene Integration von E-Plus und O2 hat Haken. Unter anderem müsste eine der beiden UMTS-Lizenzen entschädigungslos zurückgegeben werden. Eine Summe von rund 7,5 Milliarden Euro wäre unwiederbringlich verloren, auch wenn sie inzwischen abgeschrieben wurde. Damit wäre die dritte Lizenz aus dem Markt und insgesamt mehr als 25 Milliarden Euro komplett verbrannt.
Auch auf dem französischen Mobilfunkmarkt wird eine Übernahme immer wahrscheinlicher: Nach dem Scheitern von Vodafone beim Bietergefecht um AT&T Wireless in den USA dürfte der Medienriese Vivendi beziehungsweise seine Mobilfunktochter SFR voll ins Visier des britschen Marktführers geraten sein. Frankreich ist nämlich der einzige große westeuropäische Markt, auf dem Briten noch keine Mehrheitsposition haben. "Vodafone muss jetzt seine europäische Strategie in den Vordergrund stellen", meint der Telekom-Experte Schmitz. An dem zweitgrößten Mobilfunker Frankreichs ist Vodafone direkt mit 20 Prozent, indirekt mit insgesamt 32 Prozent beteiligt. Vivendi will sich aber nicht von SFR trennen. Damit sind die Fronten klar. Und so könnte eine SFR-Übernahme, folgert Schmitz, zum Spiegelbild der Übernahme zwischen Mannesmann und Vodafone vor vier Jahren werden.
An der spektakulären Übernahmeschlacht war damals auch Vivendi beteiligt: Die Franzosen sollten als so genannter weißer Ritter Mannesmann aus der Bredouille helfen. Doch Vivendi wechselte die Seite und könnte jetzt von seinem damaligen Partner selbst geschluckt werden. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)