Widerstand gegen Vorregistrierung von neuen Top Level Domains

Auf dem 37. Treffen der ICANN in Nairobi haben sich auch Vertreter aus Deutschland gegen das vom hauptamtlichen Büro der ICANN vorgelegte Konzept verpflichtender Voranmeldungen für neue Top Level Domains ausgesprochen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Widerstand gegen ein Vorverfahren zur Registrierung neuer Top Level Domains wächst. Auf dem 37. Treffen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in Nairobi haben sich auch Vertreter aus Deutschland gegen das vom hauptamtlichen Büro der ICANN vorgelegte Konzept verpflichtender Voranmeldungen (Expression of Interest, EOI) für neue Top Level Domains ausgesprochen. Dirk Krischenowski von dotberlin warnte in Nairobi, eine solche Vorregistrierung binde Ressourcen, die für das ohnehin komplexe Verfahren zur Einführung der neuen TLDs gebraucht würden.

Nach jahrelangen Diskussionen hatte die ICANN Ende Juni 2008 grünes Licht für die Einführung neuer Adresszonen im Netz gegeben. Die ICANN-Direktoren akzeptierten ein Konzept, das das für generische TLDs zuständige Selbstverwaltungsgremium (GNSO) der ICANN erarbeitet hatte. Nach einer ersten Testrunde mit neuen TLDs im Jahr 2000 und einer kleineren zweiten Runde mit TLDs für spezielle Zwecke im Jahr 2004 soll damit ein reguläres Verfahren für die fortgesetzte Beantragung neuer Adresszonen im Stil von .com, .biz, oder .cat etabliert werden, mit dem sich nahezu beliebige Begriffe für Top Level Domains auswählen lassen sollen.

Krischenowski befürchtet wie viele andere Beobachter, dass eine EOI die eigentliche Einführung weiter verzögern könnte. Die ICANN hatte auf Drängen einiger Bewerber, zu denen dot.berlin anfangs auch gehörte, ein Konzept vorgelegt, nach dem sich alle Bewerber per EOI voranmelden müssen. Auch sollte eine Anzahlung auf die Bewerbungsgebühr von 55.000 Dollar hinterlegt werden. Das könne zwar für Unternehmen von Vorteil sein, die mit der EOI ungeduldige Investoren zu fortgesetzten Finanzspritzen veranlassen könnten, kritisierte die DNS-Expertin Avri Doria. Für kleinere Bewerber und Entwicklungsländer sei ein solches Vorverfahren aber kontraproduktiv. Es sei auch damit zu rechnen, dass das EOI-Verfahren von Spekulanten ausgenutzt werde.

Der bei der ICANN aktive deutsche Regierungsvertreter machte darauf aufmerksam, dass Regierungen nicht die fürs reguläre Verfahren notwendigen Einverständniserklärungen für geografische Top Level Domains wie etwa .berlin oder .bayern geben könnten. Solange das Regelwerk für die Bewerbungen bei der ICANN nicht vollständig vorliege, könne die deutsche Regierung solche Erklärungen nicht abgeben. Der Vertretet rechnet für Deutschland mit vielen Bewerbungen auf geografische TLD, darunter auch einige, die um attraktive Adresszonen wie .berlin konkurrieren.

Für .bayern und .berlin interessieren sich neben lokalen Initiativen auch von der anglo-amerikanischen Unternehmensgruppe TLD Holdings unterstützte Gruppen. Für die Geo-TLDs müsse noch einmal grundsätzlich überlegt werden, wie diese definiert werden sollten, empfahl Deutschlands Vertreter im Regierungsbeirat (GAC). Abkürzungen wie .nyc oder .nrw entsprächen streng betrachtet nicht den bei der ISO hinterlegten geografischen Namen. Dennoch wollen die Regierungsvertreter ihren Einfluss auf die Vergabe dieser Kürzel gerne geltend machen. Neben den Einverständniserklärungen vorab befürwortet der Regierungsbeirat in der ICANN auch spezielle Einspruchsmöglichkeiten nach der Vergabe.

In diesem Punkt kündigte der Vorsitzende des ICANN-Direktoriums Peter Dengate Thrush den Regierungen in Nairobi die Gefolgschaft auf. Er erwarte, dass Regierungen und ICANN bei den Geo-TLDs auf einen Konflikt zusteuern. In Sachen Vorregistrierung könnten sich die Direktoren von der geballten Kritik von Regierungen und vielen Vertretern der Branche noch bis zur entscheidenden Sitzung am Freitag überzeugen lassen. Mit einem Start des Bewerbungsverfahrens für neue TLDs wird nicht vor Ende diesen Jahres gerechnet.

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(anw)