Fluchtgefahr: Binance-Gründer muss bis zum Gerichtsurteil in USA bleiben

Binance-Gründer Changpeng Zhao darf nicht in die Vereinigten Arabischen Emirate zurückreisen. Er muss bis Februar 2024 sein Strafurteil in den USA abwarten.

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Binance-Logo und -Schriftzug

(Bild: Nadezda Murmakova/Shutterstock.com)

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Ein Bundesrichter in Seattle hat die Entscheidung getroffen, dass der Gründer und ehemalige CEO der Kryptobörse Binance, Changpeng Zhao (CZ), in den USA bleiben muss, um dort das strafrechtliche Urteil wegen Geldwäscherei abzuwarten. Das hat ein Bundesbezirksrichter im US-Staat Washington entschieden. Er hebt damit einen früheren Beschluss auf, nach der CZ noch vor dem für Februar erwarteten Urteil in die Vereinigten Arabischen Emirate zurückkehren dürfe. Der Kanadier hat sich schuldig bekannt, bei seinen Kryptobörsen keine wirksamen Vorkehrungen gegen Geldwäsche getroffen zu haben.

Bundesrichter Richard Jones gab zu, dass es ungewöhnlich sei, die Entscheidung eines anderen Richters vor einem Urteilsspruch aufzuheben. Die Bundesstaatsanwaltschaft habe jedoch glaubhaft gemacht, dass bei Zhao erhebliche Fluchtgefahr bestehe.

Zwar hat Zhao eine Kaution von 175 Millionen US-Dollar hinterlegen müssen, allerdings könnte der Binance-Gründer aufgrund seines hohen Vermögens die Kaution zugunsten seiner Freiheit sausen lassen, so die Befürchtung der Staatsanwaltschaft und Jones'.

Die Fluchtgefahr wird noch dadurch gestärkt, dass Zhao als kanadischer Staatsbürger, keine Kontakte mehr in das Land unterhält. Zhao ist im Alter von zwölf Jahren nach Kanada gezogen. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass die Vereinigten Arabischen Emirate Zhao die Staatsbürgerschaft angeboten hätten. Zhao könnte sich daher aufgrund des fehlenden Auslieferungsabkommens zwischen den USA und den Emiraten einem Strafurteil dauerhaft entziehen. CZ bleibt bis zum Urteilsspruch auf freiem Fuß. Bedingung dafür ist jedoch, dass er sich so lange auf dem Festland der USA aufhält.

Der Großteil des Vermögens von Zhao liege im Ausland, schreibt Jones in seiner Begründung. Zhao habe so Zugriff auf "Hunderte von Millionen Dollar in zugänglicher Kryptowährung". Das Strafverfahren heißt USA v. Binance, Changpeng Zhao et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für das westliche Washington anhängig (Az. 2:23-cr-00179). Es ist nicht zu verwechseln mit zivilrechtlichen Verfahren, die die Börsenaufsichten SEC sowie CFTC gegen Binance und CZ angestrengt haben. Zudem drohen Sanktionen von US-Behörden, die die Einhaltung von Wirtschaftsanktionen (OFAC) überwachen sowie Geldgeschäfte von Terroristen und anderen Verbrechern bekämpfen (FinCEN).

Dass CZ im Strafverfahren verurteilt wird, ist durch sein Geständnis gesichert. Er hat bereits auf Rechtsmittel verzichtet und darf auch in Zukunft seine Schuld nicht in Abrede stellen oder anzweifeln. Der maximale Strafrahmen für die gestandene Tat liegt bei zehn Jahren Haft und 500.100 US-Dollar Strafe, zuzüglich Abschöpfung der Bereicherung. Die Richtlinien für das Strafausmaß im konkreten Fall sehen aber nur zehn bis 18 Monate Haft vor.

Bezüglich des Geldbetrags schlagen Staatsanwaltschaft und CZ dem Gericht gemeinsam vor, dass er 50 Millionen Dollar Strafe und Abschöpfung zahlt. Diese Zahlung würde außerdem auf alle Beträge angerechnet, die CZ im von der CFTC angestrengten Verfahren womöglich zahlen muss. Das Bundesstrafgericht im Staat Washington muss dem Vorschlag nicht folgen und könnte eine andere Geldstrafe und/oder Haftstrafe verhängen. Das muss der Täter eben in den USA abwarten.

Sein Unternehmen Binance hat sich in dem Strafverfahren ebenfalls schuldig bekannt, und zwar zu drei Anklagepunkten: wissentlicher Betrieb eines unlizenzierten Geldtransferunternehmens samt Unterlassung von Vorkehrungen gegen Geldwäsche, vorsätzliche Verschwörung zum Betrieb eines unlizenzierten Geldtransferunternehmens, sowie vorsätzliche Verletzung jenes US-Gesetzes, das die Grundlage für Wirtschaftssanktionen gegen Terrororganisationen und verbrecherische Regime ist. Aufgrund des Geständnisses meint die Staatsanwaltschaft, dass ein Rabatt auf die Strafe von 20 Prozent angemessen ist, womit sie sich auf gut 1,8 Milliarden Dollar ermäßigen soll. Auch dieses Geld würde auf zukünftige Vergleichszahlungen an CFTC, OFAC und FinCEN angerechnet. Hinzukommen soll eine Abschöpfung der Bereicherung in Höhe von gut 2,5 Milliarden Dollar.

Auch diese Summen sind gemeinsame Vorschläge von Anklagebehörde und Täter Binance an das Bundesbezirksgericht in Washington. Dort wird ein Richter das letzte Wort haben. Der Gesamtbetrag von gut 4,3 Milliarden Dollar wäre eine der höchsten Zahlungen in der Geschichte der US-Strafgerichtsbarkeit.

Die CFTC (Commodity Futures Trading Commission) wirft in Binance, CZ sowie deren ehemaligen Chief Compliance Officer Samuel Lim vor, Terrorfinanzierung und Geldwäsche bewusst ermöglicht und Beweise automatisch vernichtet zu haben. FinCEN und OFAC ermitteln wegen Umgehung von US-Sanktionen. Aus Dokumenten im Strafverfahren geht hervor, dass diese Behörden mit Binance und CZ über Vergleiche verhandeln. Sie sollen spätestens 15 Monaten nach dem Strafurteil zu einem Abschluss gelangen. Die CFTC-Klage ist am US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Illinois anhängig (CFTC v Zhao, Binance, et Lim, Az. 1:23-cv-01887).

Keinen Hinweis auf eine bevorstehende Einigung gibt es hingegen in dem von der Securities Exchange Commission (SEC) angestrengten Prozess gegen Binance und CZ. Die Behörde erhebt die Vorwürfe, dass Binance gleichzeitig Broker, Börse und Clearingstelle gewesen zu sein, ohne sich, wie vorgeschrieben, zu registrieren. Grundsätzlich ist es unzulässig, diese Funktionen in sich zu vereinen, um Interessenkonflikte und Manipulationen zu vermeiden. Außerdem beschwert sich die Behörde darüber, dass Binance bestimmte Spekulationsprodukte ohne die erforderliche Registrierung vertrieben habe. Die Registrierung ist nicht bloß Formsache, sondern erfordert umfangreiche Offenlegungen, die Anlegerschutz und fairem Wettbewerb dienen.

Binance und CZ lehnen es seit jeher ab, diese Vorschriften auf Kryptowährungen und damit verbundene Geschäfte anzuwenden. Diese Verfahren heißt SEC v. Binance, Zhao, et al und ist unter dem Aktenzeichen 1:23-cv-01599 am US-Bundesbezirksgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia anhängig.

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(olb)