Polizei Bayern will Palantir den Weg ebnen

Bayerns Polizei arbeitet am Einsatz von Analysesoftware der umstrittenen Firma Palantir. Nach Kritik setzt das Land fĂĽr neue Tests auf pseudonymisierte Daten.

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(Bild: Who is Danny / Shutterstock.com)

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Nach scharfer Kritik des obersten bayerischen Datenschützers hat das Landeskriminalamt die Tests seiner neuen Analyse-Software des umstrittenen Data-Mining-Unternehmens Palantir mit Daten von echten Menschen beendet. "Diese Tests der Funktionalität sind jetzt abgeschlossen", sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) der Deutschen Presse-Agentur. In einer neuen Testphase würden seit 11. März die Analyse- und Recherchefähigkeiten des neuen Programms getestet – "aber nur mit pseudonymisierten Daten", wie der Sprecher betonte. "Die wurden eigens dafür in den Quelldatensystemen angelegt."

Bayerns Landesdatenschutzbeauftragter Thomas Petri hatte das Landeskriminalamt im Januar dazu aufgefordert, die neue Software nicht mehr mit Daten echter Menschen zu testen. Der Grund: Für den Einsatz des Analyseprogramms gibt es bisher noch keine eigene gesetzliche Grundlage in Bayern, was auch bekannt war. Das Innenministerium arbeitet zwar an einem Entwurf für eine entsprechende Gesetzesänderung, beschlossen ist diese bisher aber nicht. Die Software namens "Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform", kurz VeRA, soll den bayerischen Ermittlern helfen, bei schweren Verbrechen und Terrorlagen verschiedene Datentöpfe der Polizei gleichzeitig auszulesen und Verknüpfungen herzustellen.

Bisher müssen Ermittler dies wegen unterschiedlicher Datenformate teils mit ausgedruckten Dokumenten von Hand erledigen. In Hessen und Nordrhein-Westfalen sind ähnliche Programme der US-Firma Palantir schon im Einsatz. Das Bundesinnenministerium hatte eine Verwendung in Bundesbehörden im Sommer 2023 ebenso wie andere Länder abgelehnt – trotz entsprechender Kaufoption, die Bayern ausgehandelt hatte. Seit Jahren gibt es Kritik am Einsatz von Software von Palantir. Kritiker werfen Palantir etwa eine zu große Nähe zu US-Geheimdiensten vor und befürchten, dass sensible Daten abgezweigt werden könnten. Eine Überprüfung des Quellcodes der Software für das bayerische LKA blieb aber unauffällig.

Petri betonte im Januar, die Polizei dürfe "nicht im Vorgriff auf eine möglicherweise kommende (oder auch nicht kommende!) gesetzliche Verarbeitungsbefugnis beginnen, eine Anwendung mithilfe von personenbezogenen Daten zu testen". Auch aus der Landtags-Opposition kam scharfe Kritik an den Tests mit Daten echter Menschen. Innenministerium und Landeskriminalamt verteidigten das Vorgehen nach der Prüfung von Petris Schreiben. Das LKA teilte mit, die Tests seien "bislang rechtskonform" gewesen und würden "auch weiterhin" in Einklang mit geltendem Recht laufen. Als Gesetzesgrundlage habe das bayerische Datenschutzgesetz bisher ausgereicht.

Die Informationen zu echten Menschen seien nur dazu verwendet worden, zu testen, ob das neue Programm auf die großen Datenmengen in den verschiedenen Datenbanken der Polizei zugreifen kann. Es sei dabei ausschließlich um die "Überprüfung der technischen und fachlichen Funktionsfähigkeit" der Software und die "Gewährleistung der Informationssicherheit" gegangen, betonte ein LKA-Sprecher. Analysiert habe das Programm die Daten bei den Tests nicht.

Der Testbetrieb, bei dem seit dem 11. März Daten verknüpft und analysiert wurden, sei notwendig, um das Programm nach der geplanten Gesetzesänderung möglichst schnell einsatzbereit zu haben. Dazu soll auch das Polizeigesetz entsprechend angepasst werden. "Da es sich um wichtige Ergänzungen handelt, sollen diese im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch eine Sachverständigenanhörung vertieft behandelt werden. "Dies hat Bedeutung über Bayern hinaus, weil der Freistaat im Rahmen der Weiterentwicklung des Polizei- und Sicherheitsrechts der Länder eine Vorbildfunktion innehat", heißt es in einem Beschlussantrag des Bayerischen Landtags (PDF).

Zwar fühlt sich die Polizei grundsätzlich gut aufgestellt, allerdings forderte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) die Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf, ihre Entscheidung gegen Palantir zu überdenken – aufgrund der aktuellen islamistischen Bedrohung in Deutschland, die durch die Terrorgruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan" ausgeht. "Frau Faeser würde damit nicht nur der gesamten Fachlichkeit aller Bundesländer folgen, die sich für die Einführung von VeRA ausgesprochen haben, sie würde auch die Grundlage dafür schaffen, eine Implementierung dieses Systems in allen Bundesländern zu realisieren, dessen Nutzung derzeit nur in Hessen und Nordrhein-Westfalen erfolgt und in Bayern vor der Einführung steht", heißt es vom BDK-Vorsitzenden Dirk Peglow.

Eine eigene Alternative zu VeRA komme unter anderem aus Zeitgründen nicht infrage. "Die flächendeckende Implementierung von VeRA würde wesentlich dazu beitragen, bestehende Erkenntnisdefizite zu Bedrohungslagen zu minimieren und sehr zeitnah erforderliche Maßnahmen einzuleiten", so Peglow.

Palantir kommt in verschiedenen Branchen und gewinnt immer wieder Ausschreibungen für die Entwicklung von Software. So setzt beispielsweise auch das US-Militär auf Palantir, um die automatische Zielerfassung mithilfe Künstlicher Intelligenz und Maschinenlernen voranzutreiben. Dadurch lassen sich Präzisionsschüsse über große Entfernungen hinweg ausführen. Für eine bewegliche Bodenstation "Tactical Intelligence Targeting Access Node" hatte die US Army einen Auftrag in Höhe von 178,4 Millionen US-Dollar an Palantir vergeben.

Ende des Jahres hatte zudem das englische Gesundheitssystem Palantir mit der Entwicklung einer Gesundheitsplattform beauftragt. Bürgerrechtler sehen diese Entscheidung kritisch, da das Unternehmen sich in der Vergangenheit "an schweren Menschenrechtsverletzungen" beteiligt hatte. Donald Trump, der bei seiner Wahl auch von Palantir-Gründer und Tech-Milliardär Peter Thiel unterstützt wurde, hatte Software des Unternehmens für "Investigative Case Management" zur Organisation der Deportation Millionen illegaler Einwanderer eingesetzt.

(mack)