Deutsche Glasfaser tauscht defektes Modem nicht

Wenn ein vom Internetprovider gemietetes Gerät defekt ist, wird es getauscht. Sitzt die Firma das Problem lange genug aus, dann hilft sich der Kunde selbst.

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Daumen hoch, Daumen runter ...

(Bild: c't)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Tim Gerber
Inhaltsverzeichnis
Hinweis

Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 5.4.2024 in c't 8/2024 erschienen ist.

Von Juni bis August 2023 war Marc S. zufriedener Kunde der Deutschen Glasfaser. Der Anschluss funktionierte klaglos. Bis zur Nacht vom 25. auf den 26. August. Da, erinnert er sich, schlug in der Nähe seines Hauses der Blitz ein. Verschiedene Haushaltsgeräte trugen Schäden davon, und auch der Internetzugang funktionierte erst wieder nach einem Reset des Glasfasermodems, dem ONT.

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Mitte September fiel im Hause S. erneut kurz der Strom aus, weil der Fehlerstrom-Schutzschalter bei einer Wartung ausgelöst hatte. Das Licht ging wieder an, der Internetanschluss jedoch blieb offline. Der ONT lief zwar, aber sein LAN-Port, der die Verbindung zum Router herstellt, trotzte allen Bemühungen von Marc S. und verweigerte den Dienst. Möglicherweise hatte das Gerät beim Blitzschlag doch Schaden genommen.

Er konsultierte daraufhin den technischen Support, der ihm riet, den ONT neu zu starten, das LAN-Kabel zum Router auszutauschen und auch den Router neu zu starten. Das tat er, aber die Verbindung war nicht wieder herzustellen. Er bat, den Port des ONT zum Anschluss des Routers per Konfiguration freizuschalten, denn das hatte beim ersten Ausfall im August das Problem behoben.

Darauf ging der Service nicht ein, sondern forderte ihn auf, die Störungshotline zu kontaktieren. Die wiederum bat ihn, sein Notebook mit dem ONT zu verbinden, um die Ursache der Störung zu ermitteln. Der Verbindungsaufbau könne bis zu einer Stunde dauern, meinte der Servicemitarbeiter noch. S. wartete drei Stunden, erfolglos. Dann meldete er sich erneut beim Service.

Nun sollte er den ONT neu starten. Der Service schickte eine genaue Anleitung, wie er den verdeckten Reset-Button mit einer „Nadel oder einem ähnlichen Gegenstand“ bedienen solle: 10 Sekunden drücken, dann 20 Minuten warten, bis das Gerät den dadurch ausgelösten Werksreset ausgeführt hat. Das tat S., aber ein weiteres Mal erfolglos. Nun sollte S. erneut Kabel und Router tauschen, so der Service. "Ihr Modem zeigt an, dass die Verbindung zum Router nicht besteht." Das Problem kannte Marc S. ja bereits und ließ den Service wissen, er habe das Prozedere schon vier Mal durchlaufen und auch länger als 20 Minuten gewartet, allerdings ohne Erfolg.

S. bestand darauf, dass ein Techniker vor Ort kommen und das Problem beheben müsse. Das könne Kosten nach sich ziehen, wenn das Problem auf der Seite des Kunden läge, mahnte der Service. S. war sich sicher, dass der ONT das Problem war, und bat um einen Technikerbesuch. Aber es kam kein Techniker.

Service im Visier
Vorsicht Kunde!

Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.

Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.

Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.

Aus dem Mailverkehr, den Marc S. c’t zur Verfügung stellte, geht hervor, dass er schon am 25. September ausdrücklich verlangte, dass ein "Techniker zum Modemtausch" beauftragt werde. Aber sein Kundendienstfall, das sogenannte Ticket, wurde kurz darauf wieder geschlossen. "Wir drehen uns seit fünf Tagen im Kreis", klagte Marc S. in einer weiteren Mail fünf Tage später. Nun bekam er ein Schreiben, offenbar aus Textbausteinen: "Wir befinden uns noch in der technischen Analyse", hieß es darin und "Wir melden uns in den nächsten 48 Stunden wieder bei Ihnen." Danach herrschte Funkstille. Eine Woche später fragte Marc S. vorsichtig nach, von wann bis wann denn die 48 Stunden liefen, bekam aber keine Antwort mehr.

Nach zwei Wochen ohne Internetverbindung verlor S. nun endgültig die Geduld. Er bestellte eine Fritzbox 5590 mit Glasfasermodem und setzte darauf, das Gerät binnen der vierwöchigen Widerrufsfrist zurückgeben zu können, sobald die Deutsche Glasfaser endlich den ONT tauschen würde. Er schloss das Gerät an, sobald es angekommen war – und war sofort wieder online.

Aber nun nutzte er ja nicht mehr den offensichtlich defekten ONT, was für die Technik auch problemlos ersichtlich ist. Und deshalb wollte der Provider den ONT auch nicht mehr tauschen. Das käme nur infrage, "falls Sie die Technik umstellen möchten", teilte ihm ein Servicemitarbeiter mit. Und damit war der Fall für die Deutsche Glasfaser erledigt. Der Anschluss funktionierte ja, also konnte Marc S. keine Störung mehr melden. Und Marc S. hatte nun die Wahl, entweder mit seiner gekauften Fritzbox online zu bleiben oder wieder zum defekten ONT zu wechseln und erneut in der Endlosschleife zu landen.

Er blieb lieber online, und so lief die Rückgabefrist für die neue Fritzbox ab. 250 Euro hatte ihn die Hardware gekostet, was ihn wiederum erboste, schließlich gehörte der ONT zum Anschluss und hätte vom Provider repariert werden müssen. Hilfesuchend wandte er sich an c’t.

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Aus unserer Sicht hat der Service hier tatsächlich gepatzt. Wenn der Kunde so lange offline ist, muss ein Techniker nach dem Rechten sehen. Das gilt insbesondere, wenn der Kunde sich bereit erklärt, die Kosten dafür zu übernehmen, falls er den Ausfall selbst verschuldet hat. Offenbar erkannte der Service zwar richtig, dass das Problem darin bestand, dass ONT und Router nicht miteinander kommunizieren konnten, zog aber stets den falschen Schluss daraus. Über das Fernwartungssystem erschien das ONT als online und betriebsbereit, und der Anschluss des Routers fällt in die Zuständigkeit des Kunden. Nur ist eben die LAN-Schnittstelle am ONT, die das Problem verursachte, nicht Teil des Kundensystems.

Wir konfrontierten die Deutsche Glasfaser mit diesem Fall. Pressesprecher Herbert Spies räumte ein, dass die Kommunikation mit dem Kunden "nicht optimal" gewesen sei. "Diese genügt nicht den Ansprüchen, die wir als Unternehmen an unsere eigene Arbeit haben. Wir haben Herrn S. insoweit um Entschuldigung gebeten."

Und auch die Routerfrage klärte die Deutsche Glasfaser abschließend: Der Kundendienst habe sich nach der Intervention durch c’t unverzüglich mit Herrn S. in Verbindung gesetzt und "gemeinsam mit ihm den Fall gelöst", erklärte der Pressesprecher. Der Kunde bekommt eine Kulanzgutschrift von 250 Euro für die Beschaffung des Routers. Damit ist auch Marc S. zufrieden. Und vielleicht lernt der Kundenservice daraus ja, dass nicht immer der Kunde schuld ist, wenn sein Router keine Verbindung bekommt. Mit einem Technikerbesuch und dem Tausch des ONT wäre das Problem von Marc S. innerhalb weniger Minuten und vor allem zeitnah zu lösen gewesen.

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