Probe aufs Exempel
Heutzutage kann jeder halbwegs gebildete Physikstudent eine kleine Atombombe bauen. Stimmt das wirklich? Finden wir’s heraus!
„Ich finde jeder, aber auch wirklich jeder sollte seine eigene Atombombe haben.“ Ich glaube, es war der Liedermacher Konstantin Wecker, der mit Zeilen wie diesen in den 1980er Jahren die Logik der atomaren Abschreckung auf die Schippe genommen hat. Die Zeilen sind mir just wieder eingefallen, als ich mit dem Physiker Götz Neuneck über die Gefahren des nuklearen Terrorismus gesprochen habe.
Soweit ich das beurteilen kann, ist Neuneck weder Rüstungslobbyist noch politischer Scharfmacher. Genau deswegen hat mich seine Einschätzung, dass es technisch eigentlich gar nicht mehr schwierig sei, eine kleine Atombombe zu bauen - immer vorausgesetzt, man hat das notwendige Material - zutiefst irritiert. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass die Mär von der Atombomben-Bauanleitung im Internet eine reine Gruselgeschichte ist. Natürlich ist die Physik der Bombe bekannt, habe ich gedacht, aber die technischen Einzelheiten sind tricky, hochkompliziert und rasend geheim.
Habe ich bisher gedacht. Und nun? Was stimmt denn jetzt? Die Frage hat, so finde ich, nicht nur rein theoretische Bedeutung, sondern auch politisch und philosophisch erhebliche Brisanz. Politisch bedeutet das: Die Frage der Nichtverbreitung von waffenfähigem Material hat damit einen ganz neue Sprengkraft - im wahrsten Sinne des Wortes (BTW, die NZZ hat erst kürzlich berichtet, dass in Europa noch rund 160 taktische Atomwaffen lagern).
Philosophisch stellt sich mir die Frage: Wie soll man mit diesem Wissen umgehen? Jahrelang habe ich gepredigt, dass Sicherheit durch Geheimniskrämerei nix nützt, weil die bösen Jungs im Zweifel das verbotene Wissen sowieso schon besitzen. Ist diese Maxime auch hier anzuwenden? Sprich: Wenn ich Pläne für den Bau DER BOMBE recherchieren könnte, sollte ich die dann veröffentlichen?
Fragen ĂĽber Fragen. Aber es gibt ja das Internet - die groĂźe, kollektive Intelligenz. Also, machen wir die Probe aufs Exempel: Suchen wir die technischen Einzelheiten ĂĽber den Bau einer Atombombe. Bin gespannt, was passiert. Ich werde anfangen zu graben und zu suchen - und freue mich auf jede Hilfe, die ich kriegen kann. Und natĂĽrlich auf Reaktion und Diskussion.
(nbo)