Kanzler Schröder: AMD darf bei Ausschreibungen nicht benachteiligt werden

Ohne größeres öffentliches Echo ist beim gestrigen Richtfest der AMD Fab 36 in Dresden die Ankündigung des Bundeskanzlers geblieben, AMD dürfe künftig bei öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr benachteiligt werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 276 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Stiller

Eine Ankündigung beim Richtfest der AMD Fab36 in Dresden am gestrigen Montag blieb bislang weitgehend unbemerkt: Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte, dass AMD künftig bei öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr benachteiligt werden dürfe. "AMD soll keine Vorteile erhalten, aber auch keine Nachteile erleiden", meinte Schröder. Offenbar hatte sich AMD-Chef Hector Ruiz zuvor bei ihm über eine unfaire Ausschreibungspraxis beschwert.

In der Tat sahen Ausschreibungen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen bislang recht häufig explizit einen PC mit Intel-Prozessor vor. Mit dieser einseitigen Bevorzugung soll nach dem Kanzlermachtwort nun Schluss sein; AMD könnte sich somit ein größerer Teil des kommerziellen PC-Marktes in Deutschland eröffnen.

Wie nicht anders zu erwarten, hatten sich Bundeskanzler Schröder und der sächsische Ministerpräsident Milbradt in ihren Festreden teils offen, teils unterschwellig über die am Wochenende verkündete Kürzung der Investitionsförderung für Ostdeutschland ausgetauscht. Schröder wies darauf hin, dass es nicht darum gehe, "die GA-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe) in dem Maße, wie das diskutiert worden ist, zurückzuführen". 600 Millionen Euro bis zum Jahre 2005 seien ohnehin rechtlich gebunden; die Bundesregierung wolle zudem am Solidarpakt II festhalten.

Ohne die öffentliche Förderung in Höhe von 544 Millionen Dollar für die Fab36 hätte sich AMD allerdings kaum für den Standort Dresden entschieden -- wiewohl AMD-Chef Hector Ruiz betonte, dass weniger das Geld als vielmehr die Qualität der Mitarbeiter und die in Dresden geleistete Arbeit ausschlaggebend gewesen seien. Der Bau der 2,4 Milliarden Dollar teuren neuen Fabrik sei voll im Plan, für Oktober nächsten Jahres ist die offizielle Einweihung geplant. Das sei nicht zuletzt auch den zuständigen Behörden zu verdanken: Nicht ein einziger Tag sei durch Bürokratie verloren gegangen. Das widerlege, meinte Schröder, was man Deutschland immer wieder vorwerfe: "Von Bürokratie ist hier keine Rede."

Die Fab36 soll dann ab dem ersten Quartal 2006 13.000 "Waferstarts" pro Monat absolvieren. Das sind zwar 7000 weniger Wafer pro Monat als bei der bisherigen Fab30, aber dafür haben die Wafer 300 statt 200 mm Durchmesser, mithin 2,3 mal mehr Platz für Chips. Somit entsprechen 13.000 Wafer à 300 mm der Kapazität von 30.000 Wafern à 200 mm. Hinzu kommt, dass die Chips mit 65-nm-Strukturen bei gleicher Transistorzahl wesentlich kleiner sind als die bislang mit 130 nm gefertigten Chips aus der Fab30. De facto aber kann man davon ausgehen, dass die zukünftigen Chips nicht kleiner sein werden, sondern mehr Transistoren aufbieten.

Zunächst aber erwartet man die ersten real verkleinerten ("geshrinkten") Prozessoren in 90-nm-Technik; AMD gibt hierfür weiterhin das dritte Quartal dieses Jahres an. Für die Einhaltung dieses Zeitplans stehen die Chancen nicht schlecht, zumindest sind 90-nm-Masken mit "Superspecs" jetzt fertiggestellt. Das konnte c't einem Gespräch am Rande des Richtfestes entnehmen, in dem General Manager Dr. Markus Dilger vom Maskenwerk AMTC freudestrahlend dem AMD-Werkschef Dr. Hans Deppe "Vollzug" meldete. Das gemeinsam mit Infineon und Dupont ins Leben gerufene Maskenwerk liegt nur eine Straßenecke vom AMD-Werk entfernt; allein dieses kurze Gespräch belegt den von Deppe für den Standort Dresden ins Feld geführten Vorteil des "kleinen Dienstwegs".

Sowohl Opteron/Athlon64 als auch Athlon XP/MP sollen in 90-Nanometer-Technik hergestellt werden, im nächsten Jahr auch ein Opteron mit zwei Kernen. AMD könne -- so Hector Ruiz in der Pressekonferenz -- auch schnell einen Doppelkern für Desktops anbieten, sollte es als Antwort auf Intels geplanten Dual Core erforderlich werden. Die Hardware sei jedenfalls von vornherein darauf vorbereitet -- auch wenn es momentan noch zumindest zwischen Europa und den USA leichte Verständigungsschwierigkeiten zu geben scheint: "Multicar?" runzelte der mit spanisch-texanischem Akzent sprechende Ruiz die Stirn auf die Frage des schottischen Journalisten Mike Magee zum Thema "Multi Core".

Wie es allerdings mit der Fab30 weitergehen soll, wenn erst einmal die Fab36 den Betrieb aufgenommen hat, ist noch unklar. Der ehemalige Werkschef der Fab und jetzt für Flash-Speicher in der gemeinsam mit Fujitsu geführten Tochterfirma Spansion zuständige Jim Doran bezweifelt, dass sie für die Herstellung von Flash Memory in Frage kommt. Auch sein Nachfolger Hans Deppe geht nicht davon aus, denn die Fabrik sei eher für die Herstellung von Prozessoren denn von Flash optimiert. So schließt Deppe denn auch eine Auftragsfertigung für andere nicht aus. (as)