Bundesrat: Freie Bahn fĂĽr Staatstrojaner gegen Einbrecher und Apps auf Rezept

Die Länder haben auch ein Förderpaket für E-Mobilität befürwortet. Sie fordern einen besseren Schutz von Politikern vor Hass im Netz sowie von Gesundheitsdaten.

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Bundesrat: Freie Bahn fĂĽr Staatstrojaner gegen Einbrecher und Apps auf Rezept

(Bild: PopTika/Shutterstock.com)

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Der Bundesrat hat am Freitag eine Reihe von Gesetzentwürfen aus dem Bundestag abschließend gebilligt, sodass diese im Bundesgesetzblatt verkündet und zeitnah in Kraft treten können. Ohne weitere Aussprache haben so eine Initiative zur "Modernisierung des Strafverfahrens" mit deutlich erweiterten Befugnissen für Ermittler, das "Digitale-Versorgung-Gesetz" (DVG) für Gesundheits-Apps auf Rezept und eine zentrale Datenauswertung sowie das Jahressteuergesetz mit einem Förderpaket für die Elektromobilität das Plazet der Länder erhalten.

Die Polizei bekommt so im Kampf gegen Wohnungseinbruchdiebstahl insbesondere bei einem "serienmäßigen" Vorgehen erweiterte Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung. Sie darf künftig auch per Staatstrojaner verschlüsselte Nachrichten mitlesen, die etwa über WhatsApp, Signal oder Threema ausgetauscht werden. Eine entsprechende "Quellen-TKÜ" ist bereits bei einem breiten Straftatenkatalog möglich. Die DNA-Analyse im Strafverfahren können Fahnder zudem fortan auf äußerlich erkennbare Merkmale wie die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter erweitern.

Mit dem Steuergesetz gilt das steuerliche Privileg für E-Dienstwagen auch weiterhin. Besonders begünstigt werden Kfz ohne CO2-Emissionen, die neu weniger als 40.000 Euro kosten. Dazu kommen Sonderabschreibungen für E-Lieferfahrzeuge, die bei vollelektrischen Modellen besonders hoch ausfallen. Eingeschlossen sind Lastenfahrräder mit einem Mindest-Transportvolumen von einem Meter und einer Nutzlast von mindestens 150 Kilogramm. Mit der Initiative wird zudem der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf digitale Zeitungen, Periodika und E-Books eingeführt.

Laut dem DGV-Entwurf muss die gesetzliche Krankenversicherung künftig die Kosten für Apps tragen, die Patienten etwa dabei unterstützen, ihre Arzneimittel regelmäßig einzunehmen oder ihre Blutzuckerwerte zu dokumentieren. Voraussetzung dafür ist, dass ein Hersteller seine Anwendung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf IT-Sicherheit, Datenschutz und Funktionalität prüfen lässt. Innerhalb eines Jahres muss der Produzent dann für eine weitere Gebührenerstattung noch nachweisen, dass die Anwendung die Versorgung der Patienten tatsächlich verbessert.

Sensible Gesundheitsdaten werden laut dem Entwurf zudem fortan pseudonymisiert zu Forschungszwecken an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übermittelt, ohne dass die Betroffenen widersprechen können. Das entsprechende Forschungsdatenzentrum soll damit 30 Jahre und länger arbeiten können, wenn es um den Kampf gegen Demenz oder Erkrankungen mit jahrzehntelanger Latenzzeit wie etwa Krebs geht. Kritikern gelang es nicht mehr, den von ihnen damit befürchteten "Frontalangriff" auf die informationelle Selbstbestimmung zu stoppen.

Parallel hat die Länderkammer die Bundesregierung in einer von Hessen, Bremen und Hamburg beantragten Entschließung aber auch aufgefordert, den automatischen Transfer von Gesundheitsdaten aus Apps wie Fitness-Tracker an die Krankenversicherungen zu stoppen. Sonst drohten sich "Self-Tracking-Tarife" für Versicherungsnehmer mit "guten" Risiken zu etablieren. Wer solche Geräte und Apps nicht nutze, müsste dagegen mehr zahlen. Dies widerspreche dem Grundprinzip von Krankenversicherungen, wonach diese Lebensrisiken durch einen Ausgleich im Kollektiv langfristig übernähmen.

Außerdem fürchtet der Bundesrat, dass Plattformbetreiber die sensiblen Daten kommerzialisieren. Die Regierung soll daher dafür sorgen, dass Big-Data-Anwendungen im Gesundheitswesen mit den notwendigen rechtlichen und technischen Maßnahmen flankiert werden und so den individuellen Schutz der Versicherten gewährleisten.

In einem von Rheinland-Pfalz initiierten Gesetzesantrag fordern die Länder ferner einen besseren Schutz von Politikern vor Hass und Verleumdung im Internet und in sozialen Medien. Wer Personen öffentlich mit Verbrechen droht, muss laut dem Entwurf mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Geht es um eine "im politischen Leben des Volkes stehende Person", bringt der Bundesrat eine erhöhte Strafe von bis zu fünf Jahren ins Spiel. Ein gesonderter Strafantrag soll nicht mehr erforderlich sein, sodass entsprechende Taten als Offizialdelikt von Amts wegen verfolgt würden.

Mit dem Vorhaben nehmen die Länder nach dem Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor allem kommunalpolitisch und ehrenamtlich engagierte Personen in den Blick, die ihrer Ansicht nach bisher nicht ausreichend geschützt sind. Sie verweisen generell auf den Anstieg politisch motivierter Gewalt sowie beleidigender und verleumderischer Hasskommentare etwa auf Facebook und Twitter, wie auch die jüngste Debatte über hetzerische Postings gegen die Grüne Renate Künast zeige. Die Bundesregierung brachte im Oktober bereits ein eigenes einschlägiges Maßnahmenpaket auf den Weg. (bme)